Die Dissertation “Kultur-Unternehmer: Kompetenzen – Leistungsbeiträge – Erfolgswirkungen” von Elmar D. Konrad habe ich ja schon mal als Ausgangspunkt für einen Beitrag hier im Weblog gewählt. Dabei ging es um die ideale KulturmanagerIn. Heute möchte ich Konrads Modell der KulturunternehmerIn vorstellen, dass er in seiner als Buch leider vergriffenen Arbeit aus dem Jahr 2000 entwickelt hat. Für mich ist dieses Modell für uns als KulturmanageInnen so wichtig, weil der Autor damit den Versuch unternimmt, die “Erfolgskriterien” für KulturunternehmerInnen herauszuarbeiten. Was zeichnet die erfolgreiche KulturmanagerIn aus? Welche Kompetenzen sind nötig und welche Faktoren beeinflussen den unternehmerischen Erfolg?
Konrad geht davon aus, dass die meisten Kultureinrichtungen heute unternehmerisch handeln müssen, unabhängig davon, ob sie gewinn- oder nicht-gewinnorientiert sind. Seiner Meinung nach trifft dies nur auf privatwirtschaftliche Kulturbetriebe zu. Ich denke aber, dass auch öffentliche Kultureinrichtungen nicht mehr ohne unternehmerisches Handeln auskommen, insofern sind seine Ergebnisse in meinen Augen für alle KulturmanagerInnen relevant.
Konrads Modell basiert auf den Überlegungen zum Thema Entrepreneurship, die W.D. Bygrave und C.D. Hofer in ihrem 1991 veröffentlichten Artikel “Theorizing about Entrepreneurship” angestellt haben. Denn Konrad geht davon aus, dass “der Erfolg von Kulturunternehmen beziehungsweise die für Kulturveranstalter wichtige Etablierung, sich mit Mitteln der Entrepreneur-Forschung erklären […] lassen”. Grafisch lässt sich das Entrepreneurship-Modell nach Bygrave und Hofer so darstellen:
Quelle: Elmar D. Konrad: Kultur-Unternehmer, S.61
In dieses Modell fügt Konrad nun die “Konstrukte” ein, die seiner Meinung nach für die “Etablierung von privatwirtschaftlichen Kulturbetrieben” relevant sind. Welche Konstrukte das sind, zeigt die folgende Grafik:
Quelle: Elmar D. Konrad: Kultur-Unternehmer, S.62
Schauen wir uns die Einflussgrößen des Bezugsrahmenfeldes Person mal genauer an. Konrad beschreibt die vier Konstrukte Sozialkompetenz, Kulturwissen, Betriebswirtschaftliche Kenntnisse und unternehmerische Motivation als “vorgelagerte Voraussetzungen” für die anderen beiden Bereiche des Modells (Prozesse & Strukturen, Ergebnis).
Konrad sieht die Sozialkompetenz als eine “Schlüsselgröße” an, beschränkt sich aber in seinem Modell auf drei Teilkonstrukte:
- “Empathie: Der Aspekt des Einfühlungsvermögens drückt sich dadurch aus, dass eine Person sich in andere Menschen hineinversetzen kann und somit deren Verhalten nachvollziehen, verstehen und antizipieren kann.
- Kontaktfreudigkeit: Dies bedeutet, dass die Person freiwillig und selbständig den Kontakt mit anderen Menschen sucht und der Kontaktaufnahme durch andere Personen nicht ausweicht. […]
- Koordinationsfähigkeit: Darunter versteht man die Qualifikation einer Person, ihre eigenen Anforderungen und Bedürfnisse anderen Personen mitteilen zu können und deren Anforderungen und Bedürfnisse zu verstehen (…). Auch der Aspekt der Konfliktlösungsfähigkeit zählt hierzu […].” (S. 66)
Quelle: Elmar D. Konrad: Kultur-Unternehmer, S.66
Um als Kultur-UnternehmerIn erfolgreich agieren zu können, bedarf es Konrad zufolge zum einen einer gewissen Branchenerfahrung, andererseits aber auch der entsprechenden Fachkompetenz. In seinem Modell fasst er beides in dem Konstrukt Kulturwissen zusammen.
Zwei Aspekte sind dabei für ihn von Interesse:
- “Kulturlebenskenntnisse: Darunter soll besonderes Wissen bezüglich des Kultursektors verstanden werden. Allgemein kann dies auf den gesamten Bereich der Kulturwirtschaft, der Kulturpolitik und des öffentlichen Kulturlebens gemünzt sein. Aber auch konkrete Kenntnisse von Strukturen, Verfahrensabläufen oder Personen in den für den Kulturbetrieb wichtigen Kulturverwaltungen und Medien seien hier zuzurechnen.”
- Praktische Kulturerfahrung: Konrad vertritt den Standpunkt, dass sich die praktische Erfahrung in diesem Bereich zwar auf Motivation und Zielbildung auswirkt, weniger aber “auf die Qualität des Leistungsbeitrags des Kultur-Unternehmers”.
Daher konzentriert er sich im Konstrukt Kulturlebenskenntnisse auf die Bereiche:
- Kunst und Kultur
- Kulturverwaltung und -politik
- Medien
Quelle: Elmar D. Konrad: Kultur-Unternehmer, S. 69
Im Konstrukt betriebswirtschaftliche Kenntnisse fasst Konrad die Bereiche Organisations- und Aufgabenerfahrung zusammen. Betriebswirtschaftliche Fähigkeiten und Kenntnisse sind seiner Meinung nach auch im Kunst- und Kulturbereich von Bedeutung, “um ein sinnvolles Verhältnis zwischen Input und Output zu gewährleisten”, wie er schreibt.
Konkret geht es um:
- “Kaufmännische Erfahrungen und Fähigkeiten, worunter Aspekte der Finanzierung, Buchhaltung und rechtliche Aspekte verstanden werden.
- Kenntnisse im Personalwesen, worunter Aspekte der Führungsaufgaben sowie weitere Koordinations- und Organisationsaufgaben bezüglich Mitarbeiter verstanden werden.
- Wissen im Marketingbereich, worunter Aspekte wie Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und organisatorische Aspekte verstanden werden. ” (S. 69f)
Quelle: Elmar D. Konrad: Kultur-Unternehmer, S.70
Womit wir beim letzten Punkt, der unternehmerischen Motivation sind. Hier hat laut Konrad die Entrepreneurforschung Erkenntnisse gesammelt, wie sich die Motivation zum unternehmerischen Tun erklären lässt. Für ihn fließen bezogen auf die Kultur-UnternehmerIn folgende Aspekte in das Konstrukt ein:
- “Leistungsmotivation und Machbarkeitsdenken, also die eigene Leistungsbereitschaft und Kreativität anerkennen, effizient und effektiv einsetzen und unter Beweis stellen.
- Herbeiführung einer wirtschaftlichen und persönlichen Verbesserung der eigenen Situation.
- Möglichkeit und Wunsch nach Selbstverwirklichung.
- Streben nach Autonomie, also der Wnsch nach Tätigkeit in einer unabhängigen Situation und befreiendem Umfeld.
- Sowie rein marketingpolitische Überlegungen, also der Entdeckung und Ausnutzung einer Marktlücke im Kulturbereich.” (S.71f)
Quelle: Elmar D. Konrad: Kultur-Unternehmer, S.72
Damit haben wir einen Überblick über die vom Autor gewählten Konstrukte hinsichtlich der Person der Kultur-UnternehmerIn. Für mich ergeben sich daraus bereits an dieser Stelle wertvolle Rückschlüsse, was die Kompetenzen und Qualifikationen angeht, die notwendig sind, um im Kunst- und Kulturbereich reüssieren zu können.
Im nächsten Teil werde ich mich dann mit den beiden anderen Konstrukten Prozesse & Strukturen sowie Leistungsbeurteilung des Kulturbetriebes beschäftigen.
Siehe auch:
Das Modell der KulturunternehmerIn (Teil II)
PS: Wem die Grafiken zu undeutlich sind, kann diese durch mehrmaliges Anklicken vergrößern.
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