Seit ein paar Stunden kann man auf der Website der Uhrenmanufaktur IWC das circa 15-minütige Theaterstück “The Interrogation of Leo and Lisa” betrachten, das Kevin Spacey exklusiv für das Schweizer Unternehmen inszeniert hat. Ein Inquisitor, gespielt von Oscarpreisträger Kevin Spacey selbst, möchte die Wahrheit herausfinden, die sich hinter dem Bildnis der Mona Lisa versteckt und verhört zu diesem Zweck den Künstler und sein Modell (Eine Inhaltsangabe in zehn verschiedenen Sprachen findet sich auf der Website)
Aufmerksam geworden auf dieses Projekt bin ich durch zwei Blogbeiträge (Butts in The Seats und Frogblog), die darauf hingewiesen haben, dass das Stück seit heute Nachmittag online zur Verfügung steht. Nun ist ein gefilmtes Theaterstück auf den ersten Blick nichts außergewöhnliches, schließlich bekommt man so etwas auf verschiedenen Fernsehsendern regelmäßig angeboten. Und im Gegensatz zum Fernsehformat nimmt sich das, was man nun hier auf dem Computerbildschirm sehen kann, eigentlich recht bescheiden aus.
Nein, interessant ist in diesem Fall vor allem die Entstehungsgeschichte und der Rahmen, in den diese Inszenierung eingebettet ist. “The Interrogation of Leo and Lisa” wurde im Auftrag von IWC inszeniert und anlässlich eines Galaevents am 17. April in Genf uraufgeführt. Dort präsentierte das fast 140 Jahre alte Unternehmen seine neuesten Da-Vinci-Uhren. Der Aufwand muss wohl recht groß und die Gästeschar eine illustre gewesen sein, kann man der IWC-Website entnehmen.
Nun, knapp einen Monat später lanciert man eine Online-Version und stellt die Theaterinszenierung auf einer eigens geschaffenen Website zur Verfügung. Eine in meinen Augen äußerst geschickte Kampagne, die ein Theaterstück dafür verwendet, über mehrere Kommunikationskanäle Aufmerksamkeit zu erregen, inklusive der Medienberichterstattung, die zumindest im Internet, mich eingeschlossen, bereits begonnen hat.
Das Rezept: Man finde ein interessantes, dem Zeitgeist entsprechendes Stück, engagiere einen bekannten Schauspieler (oder eine Schauspielerin), lade zur spektakulären Premiere (die zur Verfügung stehende Messehalle wurde in ein florentinisches Palazzo verwandelt) jede Menge Prominenz ein und verweise dann darauf, dass die Inszenierung einen Monat später online zu sehen sein wird. Verstärkt wurde der Effekt dadurch, dass man sich heute anlässlich des Web-Launch per Email an dieses Ereignis erinnern lassen und andere Menschen darauf aufmerksam machen konnte. Außerdem wurden anscheinend einige Blogger auf das kommende Ereignis (in dem Fall die “Online-Premiere”) aufmerksam gemacht und mit Informationen versorgt.
Meiner Meinung nach ist es IWC mit dieser Inszenierung perfekt gelungen, auf sich und das neueste Produkt aufmerksam zu machen und dafür ganz gezielt die (Theater)-Kunst einzusetzen. Das Beispiel zeigt, welche Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Kunst möglich sind, fernab von Logofriedhöfen, die häufig entstehen, wenn Kultureinrichtungen und Unternehmen eine Sponsoringpartnerschaft eingehen.
Wenn man sich die Inszenierung online anschaut, dann fällt auf, dass der Livecharakter fast vollständig in den Hintergrund tritt und das Publikum nur am Anfang und am Ende kurz zu sehen ist. Im Grunde genommen eine konsequente Entscheidung, denn der Livecharakter ist auf einem relativ kleinen Bild eh fast nicht zu transportieren. Für mich ist das auch das Hauptargument warum ich nur selten Theater am Fernsehbildschirm konsumiere, am PC war es überhaupt die Premiere.
Nun kann man konstatieren, dass aus einer künstlerischen Sicht heraus solche kleinformatigen Formate ein Unsinn sind. Mag sein, aber im Endeffekt fand das Theaterevent ja schon einen Monat früher in Genf statt. Und da hatte es den Live-Charakter und auch den entsprechenden Rahmen. Und es geht darum, wie geschickt man sogar das Theater einsetzen kann, um auf sich und seine Produkte aufmerksam zu machen.
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