Kulturmarketing: Muss das sein?

Hendrik Müller hat sich gestern in seinem Blog Act and Artist.de mit dem Thema Kulturmarketing beschäftigt. Er sieht sich immer wieder, so schreibt er, mit der Ansicht konfrontiert, Marketing habe im Kunst- und Kulturbereich nichts zu suchen. Stimmt, damit sehe ich mich auch immer wieder konfrontiert und kann seinen Antworten darauf nur beipflichten.

Meiner Meinung nach muss man sich als Kunst- und Kultureinrichtung, aber auch als KünstlerIn mit Themen wie Marketing oder auch Fundraising auf zwei Ebenen auseinandersetzen.

Auf der ersten, der grundsätzlichen Ebene geht es darum, den Rahmen für Aktivitäten in dieser Hinsicht abzustecken. Die Entscheidung, ob oder ob nicht fällt auf der Werteebene, das heißt, die beteiligten Personen müssen zu einem für sie befriedigenden Ergebnis kommen, wie sie in Zukunft vorgehen wollen. Das kann durchaus auch bedeuten, dass man weder Marketing noch Sponsoring betreibt. Die Frage, ob das nicht auch schon wieder eine Art von Marketing ist, kann man natürlich führen. Nur für mich ist klar, dass ich meiner Rolle als Berater niemanden davon überzeugen möchte, ob Marketing eingesetzt werden soll oder nicht. Werte kann man nicht einfach durch ein oder zwei Argumente in ihr Gegenteil umdrehen. Die Entscheidung, sich damit nicht zu beschäftigen, kann ich, wenn sie auf dieser Ebene gefällt wird, voll akzeptieren.

Entscheidet man sich grundsätzlich dafür, Marketing zu betreiben, dann wird man, und damit sind wir auf der zweiten Ebene, Ziele formulieren müssen, um nach einer gewissen Zeit feststellen zu können, ob man eigentlich erfolgreich war oder nicht. Diese Ziele sollten nicht unbedingt morgen erreicht werden, weil das in der Regel nicht klappt und außerdem nichts mit Marketing zu tun hat.

Anschließend geht es darum, sich Gedanken darüber zu machen, wie diese Ziele erreicht werden können, d.h. es muss so etwas wie eine Strategie her. Hat man die, wird man daran gehen, die einzelnen Schritte zu planen und dann auch umzusetzen. Dazu braucht man Ausdauer und die, so kann ich häufig feststellen, gibt es leider nicht immer.

Wer dann konstatiert, dass Marketing im Kunst- und Kulturbereich nichts zu suchen hat, belügt sich selbst. Marketing zu betreiben heißt, sich intensiv mit den Zielen, auf die man hinarbeitet, zu beschäftigen und dann die entsprechenden Schritte zu planen, um sie zu erreichen. Probleme gibt es häufig dann, wenn die Ziele nicht wirklich klar sind. In diesem Fall sind die Maßnahmen, für die man sich entschieden hat, “ziellos” und führen nach einer gewissen Zeit zu Frustration und zur Aufgabe.

Wie so ein Prozess aussehen kann, habe ich im Beitrag “Strategische und operative Ebene” beschrieben. Wichtig: Ein Ziel ist zwar unter Umständen schnell formuliert, allerdings ist nicht gesagt, ob es sich dabei auch um das richtige Ziel handelt.


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10 Antworten zu „Kulturmarketing: Muss das sein?“

  1. Ziele zu haben ist nicht schwierig. Die meisten Künstler haben welche, wenn auch vielleicht nicht immer bewußt. Sie quantifizierbar formulieren zu können ist hingegen ein Unterschied und an der Bereitschaft dies zu tun mangelt es häufig. Ich bin der Meinung, daß allein das Vorhandensein von Zielen die Notwendigkeit, sich mit dem Marketingprozess auseinanderzusetzen – von Zielsetzung bis Kontrolle -, impliziert.

  2. Das sehe ich auch so, vor allem was die Bereitschaft, sich mit ihnen zu beschäftigen, angeht. Ich erlebe es häufig, dass ich gefragt werde, wie lange man für ein Projekt braucht oder welche Kosten anfallen, um dann festzustellen, dass die Ziele noch gar nicht klar sind.

    Es kann natürlich auch vorkommen, dass mehrere Ziele angepeilt werden, die aber unvereinbar sind. Wie löst man dieses Problem? Entscheidet man sich für eines, sucht man einen Kompromiss oder löst man den Zwiespalt nicht auf und erreicht dann keines der beiden Ziele?

    Im Bereich Kulturmarketing kommt so etwas immer wieder vor, wenn künstlerisches Verständnis und Marketingideen aufeinandertreffen. In so einem Fall ist es hilfreich, sich darüber klar zu werden, was da gerade passiert, um dann die hoffentlich richtigen Entscheidungen zu treffen.

  3. Das würde mich aber mal interessieren, wie eine Kultureinrichtung ohne Marketing auskommen will!?! Im Marketing – Kulturmarketing oder nicht – geht es doch immer darum, einen Nerv zu treffen, Interesse zu wecken, Begeisterung zu erzeugen, Öffentlichkeit zu schaffen, Reaktionen zu provozieren usw.

    In Bezug auf Kultur schwingt bei Marketing schnell die Sorge mit, es gehe um rücksichtsloses Geldverdienen auf Kosten des “Produkts”. Das ist aber mittel- und langfristig gesehen immer eine schlechte Strategie, nicht nur im Kulturbereich. Ironischerweise haben gute Produkte bzw. Marken heute ja selber einen nicht zu unterschätzenden Kulturwert, man denke etwa an Apple oder Puma. Die Produkte dieser Firmen sind im engeren Sinne keine Kunstwerke, aber ihr ästhetischer, kultureller Wert macht den Wert der Produkte entscheidend aus.

  4. Ich glaube, wir haben keine Vorstellung, wie viele Unternehmen – und das beziehe ich jetzt nicht nur auf den Kunst- und Kulturbereich – Marketing nicht ernst nehmen bzw. es gar nicht betreiben.

    Ich war erst vor ein paar Tagen auf einer Veranstaltung, bei der es um Startups im Technologiebereich ging. Das Hauptproblem, so hieß es dort, seien fehlende Marketingaktivitäten.

    Deinen zweiten Absatz, Christian, kann ich nur unterschreiben. Marketing wird häufig mit Profitstreben und ähnlichen Dingen gleichgesetzt und deshalb abgelehnt.

    Im Kunst- und Kulturbereich glauben viele, dass Marketing nur mit großen Budgets möglich ist. Wenn man sich große Theater, Museen, etc. ansieht, dann mag das auch stimmen. Es gibt aber natürlich auch Marketingansätze, die keine großen Summen benötigen. Nur spielt dann vor allem bei kleinen Einrichtungen ein anderer Faktor mit hinein. Der ständige Kampf ums Geld und damit ums Überleben. Man ist schon froh, wieder eine kleine Förderung bekommen zu haben, mit der das nächste Projekt durchgeführt werden kann.

    Die Beschäftigung mit dem Thema Marketing oder sogar die Einbindung von externen ExpertInnen ist da nicht mehr drinnen. Auf diese Weise bewegt man sich nur in der Gegenwart und nimmt sich selbt den Blick auf die Zukunft.

    Und dann gibt es noch die Gruppe derer, die Kunst um ihrer selbst machen und denen es egal ist, ob sie wahrgenommen werden oder nicht. Dass hier Marketing keine Rolle spielt, ist klar.

  5. Aber wer macht Kunst um ihrer selbst Willen? Dem steht meistens allein schon die Eitelkeit des Künstlers im Wege, die in Öffentlichkeit eine Projektionsfläche findet, und wenn er von der Kunst leben will, sind es auch ganz banale finanzielle Erwägungen, die den Künstler in die Öffentlichkeit zwingen.

    Ich denke, sobald eine Öffentlichkeit in den Blick genommen wird, kann man auch von Marketing sprechen. So ist z.B. auch die Spielplangestaltung am Theater oder die Konzeption einer Ausstellungskonzeption in einer Galerie Marketing. Vielleicht ist Öffentlichkeitsarbeit aber der bessere Begriff, weil er nicht impliziert, dass für Kultur die Gesetze von Märkten in gleicher Weise gelten, wie für andere Produkte. Vielleicht liegt daran auch das Unbehagen am Marketingbegriff im Kulturbereich?

  6. Auf der anderen Seite gibt es KünstlerInnen, denen geht es um die Arbeitsprozesse. Ein “Endergebnis” gibt es für sie nicht und unter dieser Voraussetzung haben sie kein Interesse daran, vor Publikum zu spielen. Es gibt die inhaltliche Auseinandersetzung im Rahmen der Proben, unter Umständen auch mit Personen, die man dazu einlädt. Aber das ist dann schon alles.

    Aber ich will nicht übertreiben. Es gibt solche Beispiele, aber sie sind wohl nicht die Regel. Und für alle anderen gilt natürlich das, was Christian Holst hier sagt. Ich denke auch, dass die “Probleme” mit dem Marketingbegriff vor allem davon abhängen, was man überhaupt damit verbindet.

    Nicht sicher bin ich mir, Christian, ob es wirklich stimmt, dass die Gesetze von Märkten nicht auch für Kultur gelten. Gibt es wirklich eine Struktur, die man über alle Branchen legen kann oder sind die Märkte nicht mittlerweile so ausdifferenziert, dass auch die Kultur irgendwo ihren Platz hat?

  7. Marketing – Maslow marketing theory | directmails.info

    […] Kulturmarketing: Muss das sein? (Blogbeitrag) […]

  8. Die Frage ist ja nicht, ob der Künstler die Öffentlichkeit sucht – die frage ist vielmehr, ob er seine Kunst von vornherein dadurch beeinflussen lässt, wie sie wohl ankommen wird. Hier ist das Kulturmarketing gefragt, die Zielsetzung des Künstlers zu unterstützen und wenn die nicht auf den Profit ausgerichtet ist, dann darf das Marketing ihn nicht dorthin zwingen.

  9. Aber geht es uns allen, die wir soziale Wesen sind, nicht so, dass wir uns immer auch Gedanken darüber machen, wie wir bei den anderen wohl ankommen werden? Lässt sich das wirklich trennen? Meiner Meinung nach nicht. Das muss dann gar nicht unbedingt profitorientiert sein, sondern kann sich auch auf den inhaltlichen Bereich beziehen.

  10. […] Kulturmarketing – muss das sein? Von Christian Henner-Fehr, Das Kulturmanagement Blog, 6.6.2007 […]

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