Chad M. Bauman geht auf Arts Marketing der Frage nach, wie wichtig die Printmedien für den Erfolg beim Publikum sind. In seinem Beitrag “The Power of Print Media (or lack thereof)” startet er mit der Annahme, je größer eine Zeitung sei, desto mehr könne sie den Erfolg oder Misserfolg des eigenen Vorhabens durch eine entsprechende Kritik beeinflussen.
In der Praxis sieht die Sache für Bauman aber ganz anders aus. Er bringt zwei Beispiele, in denen ein Publikumserfolg eine schlechte Kritik hatte, während das Stück, das – in seinem Fall – von der Washington Post gelobt wurde, beim Publikum nicht ankam.
Nun stellt sich die Frage, wer die Leute denn dazu bringt, etwa eine Ausstellung oder ein Theaterstück anzusehen? Bauman befragte sein Publikum und fand heraus, dass 30% der TicketkäuferInnen in ihrer Entscheidung von ihrem Freundeskreis beeinflusst wurden.
Wie Mundpropaganda im “realen” Leben funktioniert ist klar. Wie sieht es aber im Internet aus, wo es sehr viel leichter und auch schneller möglich ist, andere über das – positive oder negative – Erlebnis vom Vorabend zu informieren? Diejenigen, die im Internet ihre Erlebnisse bewerten und sie auch kommunizieren, haben einen gewaltigen Einfluss auf Erfolg oder Misserfolg der von ihnen besuchten Events. Daraus schlussfolgert Bauman:
“Empower your audiences to be your advocates and sales will increase.”
Zu finden sind solche “Kritiken” in den USA unter anderem auf Yelp, einer Plattform, die es mir ermöglicht, die Leistungen verschiedenster Anbieter zu bewerten. Für Bauman besitzen solche “MeinungsmacherInnen” den gleichen Stellenwert wie JournalistInnen, wie er schreibt:
“Recently I invited several “yelpers” to attend a performance of a show and asked them to honestly review the production. We treated them exactly like a member of the press. I would encourage you to do the same. The power now resides in the hands of “citizen reviewers” instead of the reviewers from the major dailies.”
Und wie sieht das bei uns aus? Welchen Einfluss haben die Medien (noch)? Ich denke, ganz so weit wie die USA sind wir noch nicht, aber der Zug fährt in dieselbe Richtung. Die Printmedien kämpfen gegen den Leserschwund und die klassischen Werbeformen verlieren an Bedeutung. So ist bei Daniel Gaßmair zu lesen, dass die Deutschen der Werbung misstrauen und sich immer häufiger auf die Meinung anderer Menschen verlassen. Auch die Unternehmen haben diesen Trend erkannt und setzen auf alternative Werbeformen, wie die aktuelle GfK-Studie zeigt.
Vielleicht haben Sie ja auch schon mal im Internet danach gesucht, was andere über ein Hotel denken, in dem Sie Ihren nächsten Urlaub zu verbringen beabsichtigen? Möglich machen das Plattformen wie Yelp oder zum Beispiel auch Qype.
Wer dort das Wiener Burgtheater sucht, wird zwar fündig, allerdings werden nicht die aktuellsten Inszenierungen besprochen, sondern nur das Gebäude. Durch diese Beschreibung werden wahrscheinlich keine neuen BesucherInnen angelockt werden können. Aber immerhin taucht das Burgtheater dort schon mal auf, als einziges Wiener Theater. Vor allem kleinere Häuser, die es schwer haben, in den Printmedien mit ihren Inszenierungen Erwähnung zu finden, könnten auf diese Weise auf sich aufmerksam machen.
Bevor Sie nun aber damit beginnen, Ihr Publikum darum zu bitten, Ihre Kunst- und Kultureinrichtung bzw. die aktuellen Veranstaltungen auf einer solchen Plattform zu besprechen, schauen Sie sich doch erst einmal selbst auf einer solchen Plattform um und versuchen Sie ein Gefühl dafür zu bekommen.
Und bedenken Sie bitte: Die Printmedien sind immer noch ein wichtiger Multiplikator und werden das noch eine Zeit lang bleiben. Auch wenn Sie sich mit dem Thema Word of mouth Marketing beschäftigen, vergessen Sie die Printmedien nicht. Noch gibt es sie.
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