Die Situation ist bekannt: Sie stellen einen Förderantrag und erhalten eine Absage oder zumindest nicht die Summe, die Sie eigentlich benötigen würden. Häufig werden dann fehlende finanzielle Mittel als Begründung angeführt. Das heißt, die öffentliche Hand sieht sich nicht in der Lage, Ihnen die gewünschte Fördersumme zu genehmigen.
Eine solche Absage trifft die meisten Kultureinrichtungen hart, weil sie in einem sehr hohen Maß von öffentlichen Geldern abhängig sind. Armin Klein hat in seinem Buch “Der exzellente Kulturbetrieb” festgestellt, dass bei den deutschen Theatern in der Spielzeit 2003/2004 die öffentlichen Zuwendungen 83,4% der gesamten Einnahmen ausmachten. Zwei Jahre später lag dieser Anteil laut der Statistik des deutschen Bühnenvereins immer noch bei knapp 82%.
In den USA hingegen sieht die Sache etwas anders aus. Dort zeigt die von der Theatre Communications Group jährlich herausgegebene Studie TheatreFacts, dass bei den “Not-for-profit”-Theatern der Anteil der öffentlichen Gelder (Federal, State, City/County) wesentlich geringer ist und bei knapp 3,4% liegt.
Das ist nun keine große Überraschung, dass die öffentlichen Gelder dort spärlicher fließen. Wie setzen sich die Einnahmen aber nun zusammen? Die 117 Theater, die ihre Zahlen zur Verfügung gestellt haben, konnten im Jahr 2007 Einnahmen in der Höhe von 7.153.875 USD erzielen. Diese setzen sich so zusammen:
- Ticketeinnahmen: 2.839.357 USD (39,7%)
- Sonstige Einnahmen: 1.516.345 USD (21,2%)
- Drittmitel (öffentlich): 241.798 USD (3,4%)
- Drittmittel (privat): 2.556.375 USD (35,7%)
Wir sehen also, dass hier die öffentlichen Mittel eine sehr geringe Rolle spielen, eine Absage wiegt in diesem Fall weit weniger schwer als bei uns. Liest man die Studie durch, fällt außerdem auf, dass bei den privaten Drittmitteln die Einzelspenden den größten Einnahmeposten darstellen (siehe Theatrefacts 2007; Seite 10f, Tabelle 7/8).
Welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus ziehen?
- Die amerikanischen Not-for-profit-Theater finanzieren sich großteils über die Ticketeinnahmen und private Drittmittel. Da bei den privaten Drittmitteln die Spenden von Einzelpersonen den größten Anteil haben, ist die Abhängigkeit von einer einzelnen Finanzierungsquelle wesentlich geringer als bei uns. Während hier bei einer Absage einer öffentlichen Stelle das Projekt schon so gut wie gestorben ist, trifft eine solche Absage ein amerikanisches Theater sehr viel weniger, stehen doch andere Einnahmequellen zur Verfügung.
- Während wir bei den privaten Drittmitteln hauptsächlich an die Unternehmen denken, sind es in den USA vor allem Einzelpersonen, die als UnterstützerInnen auftreten. Auch hier ist das Risiko, von einer einzelnen Geldquelle abhängig zu sein, wesentlich geringer als bei uns. Während wir uns lieber darauf konzentrieren, einen Sponsor bzw. Mäzen zu finden, der uns 5.000 Euro zur Verfügung stellt, erreichen die Theater in den USA diese Summe über kleine Spenden.
- In den USA stellen Ticketeinnahmen die wichtigste Einnahmequelle dar. In unseren Breitengraden achten viele Theater viel zu wenig auf diesen Einnahmeposten. Ich habe leider keine aussagekräftigen Zahlen gefunden, vermute aber, dass mit abnehmender Größe des Theaters auch der Anteil der Ticketeinnahmen an den Gesamteinnahmen sinkt.
Armin Klein vermisst zu Recht die “Mehrdimensionalität” in der Kulturfinanzierung und bezieht sich dabei nicht nur auf das Theater, sondern auf alle Kunsteinrichtungen, die von öffentlichen Geldern abhängig sind. Kultureinrichtungen, die das Ziel verfolgen, auf “eigenen Beinen” zu stehen, sollten sich überlegen, wie sie von öffentlichen Geldmitteln unabhängiger werden können. Dabei geht es gar nicht darum, unser System der Kulturfinanzierung über den Haufen zu werfen. Es geht um Abhängigkeiten und die Frage, ob sich durch den Aufbau verschiedener Finanzierungssäulen künstlerische Vorhaben nicht sehr viel leichter realisieren lassen.
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