Seien wir ehrlich: viele – eigentlich notwendige – Veränderungen passieren nicht, weil wir faul sind und die Dinge gerne so lassen, wie sie sind. So lange sie für uns passen. Wahrscheinlich hätte ich diesen Beitrag nie geschrieben, würde ich in Deutschland leben. Dann könnte ich nämlich last.fm weiterhin kostenlos nutzen. So wie ich last.fm bis jetzt auch hier in Österreich genutzt habe, zum Anhören von Musik.
Um es ganz deutlich zu sagen: ich kaufe seit etlichen Jahren keine Musik mehr. Ich habe über viele Jahre hinweg Schallplatten gesammelt (ca. 3 Meter habe ich noch) und auch um CDs habe ich lange Zeit keinen Bogen gemacht. Doch der Wunsch, Musik zu besitzen, ist nicht mehr wirklich vorhanden, mir reicht ein Stream. Das heißt nun nicht, dass ich es kategorisch ausschließe, eine CD, eine Schallplatte oder was auch immer zu kaufen. Aber grundsätzlich reicht es mir, Musik zu hören, ich muss sie nicht mehr besitzen. Manchmal freue ich mich über Musik, die ich früher gerne gehört habe, manchmal interessiert mich das, was ich noch nicht kenne.
Für beide Varianten gibt es im Internet unzählige Plattformen, auf denen Altbekanntes und/oder Neues zu hören ist. Eine davon ist last.fm, die Martin Weigert auf Netzwertig.com als “Urgestein und Vorzeige-Social-Network für Musikfreunde” bezeichnet. Ich habe last.fm gerne genutzt, allerdings nicht ausschließlich. Nun soll ich monatlich drei Euro dafür zahlen, wenn ich last.fm weiter nutzen möchte. Das werde ich nicht tun und zwar aus zwei Gründen:
- Grundsätzlich kann ich es akzeptieren, wenn ein Unternehmen im Internet den UserInnen ein Angebot macht und nach einiger Zeit darauf kommt, dass sich diese Angebot nicht rechnet, weil die Kunden es kostenlos nutzen können und die Werbeeinnahmen nicht den Erwartungen entsprechen. Nicht akzeptieren kann und will ich es aber, wenn ich für ein Angebot etwas zahlen soll, während andere dieses Angebot weiterhin kostenlos nutzen können. Das Argument, nur in den USA, UK und Deutschland entsprächen die Werbeeinnahmen den Erwartungen ist vorsichtig formuliert, kurios.
Auf der eigenen Website bezeichnen die Macher last.fm als “globale(n) Musikdienst, der in zwölf Sprachen zur Verfügung steht”. Entweder bin ich global oder ich bin es nicht. Und wenn es morgen gelingt, in Italien einen lukrativen Vertrag an Land zu ziehen, dann fällt dort die Abogebühr oder wie darf ich das verstehen?
Die Argumentation erscheint mir unglücklich und wenn ich mir die Reaktionen auf diese Aktion im last.fm-Blog (aktuell immerhin knapp 660) anschaue, dann behaupte ich mal, dass diese Aktion PR-technisch gesehen eher in die Hose gegangen ist.
Also entweder zahlen alle oder es zahlt keiner. Aber so verscherzt man es sich einerseits mit seinen UserInnen, andererseits ermöglicht man es der Konkurrenz, sich ein Stück vom (Kunden)-Kuchen abzuschneiden. Was die Entwicklung neuer innovativer Musikangebote im WWW angeht, ist das sicher keine schlechte Sache. Was für die UserInnen gut ist, muss aber für last.fm noch lange nicht gut sein, ganz im Gegenteil. - last.fm muss diese Abogebühr einführen, weil es von der Musikindustrie dazu gezwungen wird, hohe Lizenzgebühren zu zahlen. Hohe Lizenzgebühren waren auch der Grund, dass Pandora seine Dienste bei uns nicht mehr anbieten konnte. Gut, dann verschwindet halt auch last.fm von der virtuellen Landkarte.
Martin Weigert hat Recht, wenn er für kostenlose Musikstreams schwarz sieht. Und das, weil die Verwertungsgesellschaften und die Musikindustrie glauben, dass sie ihre Umsätze retten können, wenn sie sich hier unnachgiebig geben. Womit ich bei Grund Nummer zwei bin, warum ich diese drei Euro Abogebühr nicht zahlen werde. Indirekt wird dadurch die Musikindustrie unterstützt und dazu bin ich nicht mehr bereit.
Aber eigentlich muss man last.fm, muss man den Verwertungsgesellschaften und der Musikindustrie dankbar sein, wenn sie hier weiter an der Daumenschraube drehen. Nur so können sich alternative Strukturen bzw. Angebote entwickeln. Bei mir läuft z.B. seit gestern Abend Musik von der Plattform Jamendo, auf der Musik unter Creative Commons Lizenzen veröffentlicht wird. D.h. KünstlerInnen und Gruppen, die dort veröffentlichen, haben, auf Deutschland bezogen, keinen Vertrag mit der GEMA abgeschlossen. Die Musik, die dort zu hören ist, kann ich privat hören und downloaden soviel und sooft ich will. Erst für die kommerzielle Nutzung zahle ich.
Nun kann man natürlich einwenden, damit sei kein Geld zu verdienen. Unter den derzeit herrschenden Rahmenbedingungen scheint das wirklich schwer zu sein. Aber wie gesagt: wenn die Verwertungsgesellschaften und die Musikindustrie diejenigen, denen sie ihre Existenz zu verdanken haben, die Kunden, weiter so zuvorkommend behandeln, dann kann sich das Blatt leicht wenden. Insofern ist es vielleicht gar nicht so schlecht, dass sich last.fm für diesen Weg entschieden hat.
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