Social Media: das Verhalten der UserInnen ändert sich

Als wir im letzten Jahr die stART.09 ankündigten, tauchte in den Texten immer wieder mal der Begriff “Mitmachweb” auf. Wie wir wissen, machen da allerdings gar nicht so viele Menschen mit. Jakob Nielsen behauptete 2006: 90 Prozent der Mitglieder einer Community sind passiv und konsumieren nur, 9 Prozent bringen sich gelegentlich ein und nur ein Prozent der Mitglieder beteiligt sich aktiv. Im April 2007 stellte Charlene Li auf dem Groundswell-Blog einen von der Firma Forrester Research veröffentlichten Report vor, der den Titel “Social Technographics” trug. Die Grundidee war, das weite Social Media Feld nicht auf der Basis der verschiedenen Tools zu analysieren, sondern von den UserInnen auszugehen und deren Verhalten zu beschreiben.

“Forrester categorizes social computing behaviors into a ladder with six levels of participation; we use the term “Social Technographics” to describe analyzing a population according to its participation in these levels. Brands, Web sites, and any other company pursuing social technologies should analyze their customers’ Social Technographics first, and then create a social strategy based on that profile”,

hieß es damals im Blogpost von Charlene Li. So sah die Leiter aus:

Die Zahl derer, die völlig abstinent waren bzw. gelegentlich Videos oder Podcasts konsumierten oder Blogposts lasen, war recht hoch, der Anteil derer, die Content produzierten, entsprechend gering. Eigentlich erstaunlich, dass sich vor diesem Hintergrund so viele Kultureinrichtungen entschlossen, auf Social Media zu setzen.

Falsch  ist der Schritt wohl grundsätzlich nicht gewesen, denn vor ein paar Tagen hat Josh Bernoff im Groundswell-Blog eine  aktualisierte Version der Leiter vorgestellt.

“Social Technographics was carefully constructed, not as a segmentation, but as a profile (that is, the groups overlap)”,

schreibt Bernoff darin und ergänzt:

“That’s because the actual data told me that people participate in multiple behaviors, and not everyone at a higher level on the ladder actually does everything in the lower rungs.”

Während die Zahl derer, die für die Contentproduktion verantwortlich sind, nur in Maßen zugenommen hat, stieg die Zahl der Social Network-NutzerInnen von 19 auf 59 Prozent. Vor allem Netzwerke wie Facebook oder Twitter haben die AutorInnen des Reports dazu bewogen, der Leiter eine neue Sprosse zu bescheren und die Gruppe der “Conversationalists” einzuführen.

Die Leiter zeigt vor allem eines: der Anteil derer, die sich dem Social Web verweigern, ist von 52 auf 17 Prozent gesunken, eine erfreuliche Entwicklung, die aber auch klar macht: Kulturbetriebe können sich dem Social Web nicht mehr verweigern.

Das neu hinzugekommene Segment der “Conversationalists” zeichnet sich dadurch aus, dass dessen “Mitglieder” sowohl auf Twitter als auch in Netzwerken wie Facebook mindestens einmal wöchentlich Tweets verschicken bzw. ihren Status aktualisieren (was man übrigens mittlerweile auch auf Xing recht gut kann). Interessant ist die Struktur dieses Segments:

“They’re 56% female, more than any other group in the ladder. While they’re among the youngest of the groups, 70% are still 30 and up”,

so Bernoff weiter. Seine Empfehlungen im Hinblick auf die Ergebnisse des Reports:

  • “Convince your boss this stuff is for real, and that if you haven’t jumped on it, you’re late.
  • Profile your customer base, and see what they’re ready for, before planning a project to reach out to them. (…)
  • Segment your audience; build different strategies for different segments.”

Vor allem der letzte Punkt scheint mir äußerst wichtig zu sein, bedeutet das doch, nicht einfach nur dabei zu sein, sondern sich sehr genau zu überlegen, wen man über welche Kanäle anspricht. Die Leiter zeigt, es gibt nicht einfach nur eine Zielgruppe, die man mit einer Facebook-Seite oder einem Twitter-Account erreicht.

Jim Richardson vom Museummarketing Blog sieht gerade die “Conversationalists” als eine große Chance für Kulturbetriebe. Sie lassen sich via Twitter oder Facebook nicht nur ansprechen, sondern sind auch bereit zu kommunizieren. Sie bewerten Ihre Beiträge, Ihre Fotos oder Videos und teilen sie mit ihren Kontakten, wenn sie ihnen gefallen.

Bleibt die Frage, wie Ihre Leiter aussieht? Niemand wird Ihnen die Aufgabe abnehmen, Ihre Zielgruppen sorgfältig zu analysieren. Aber Forrester Research unterstützt Sie zumindest beim Einstieg in die Analyse. Die oben abgebildete Leiter bezieht sich auf in den USA erhobene Daten. Wie sieht es aber z.B. in Deutschland aus? Zu Ihrer Unterstützung stellt Forrester Research ein Consumer Profile Tool zur Verfügung, das mit ganz aktuellen Zahlen gefüttert ist. Leider sind die Conversationalists darin noch nicht zu finden, aber sie können anhand der Kriterien Alter und Geschlecht für 13 verschiedene Länder und Europa eine erste Segmentierung vornehmen. Die folgende Grafik zeigt beispielsweise den Status Quo in Deutschland. Ganz so weit wie in den USA sind wir wohl noch nicht. Aber probieren Sie es doch selbst aus (Klick auf die Grafik).


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Kommentare

4 Antworten zu „Social Media: das Verhalten der UserInnen ändert sich“

  1. Eine interessante Entwicklung. Toller Beitrag! Dem Fazit, sich sehr genau zu überlegen, wo man seine Energien im social web Bereich einsetzt, stimme ich absolut zu.

  2. […] Christian Henner-Fehr vom Kulturmanagement Blog schließt aus den Zahlen, dass es für eine erfolgreiche Social-Media-Strategie nicht ausreicht, einfach nur präsent zu sein. Vielmehr müsse man sich überlegen, welche Zielgruppen man mit welchen Kanälen ansprechen kann. Für die eigene Zielgruppenanalyse hält Forrester Research ein interessantes Tool bereit. Mit dem Consumer Profile Tool lässt sich eine erste Segmentierung durch die Parameter Alter, Land und Geschlecht vornehmen. […]

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