© Betty; Pixelio
Letzte Woche auf dem E-Day 2010 der Wirtschaftskammer Wien konnte ich feststellen, dass das Thema Social Web nun auch die Wirtschaftskammer selbst bzw. die UnternehmerInnen erreicht. Das Interesse war riesengroß und wenn der Vortrag nicht den Erwartungen entsprach, dann wurde auf der Twitterwall gelesen. Die Moderatoren griffen teilweise Fragen von der Twitterwall auf und so wurde weit über den Veranstaltungssaal hinaus kommuniziert.
Wer der Veranstaltung aber “nur” auf Twitter folgte, war auf die Tweets derjenigen angewiesen, die aus dem Saal hinaus twitterten, was bedeutete, es kamen nur Bruchstücke an. Früher wäre daraufhin wahrscheinlich der Hinweis erfolgt, dass sich nur der einmischen sollte, der auch weiß, worum es geht. Heute scheint das möglich, was, so behaupte ich, damit zu tun hat, dass sich unser Kommunikationsverhalten verändert hat. Immer kürzer ist die Devise, was nicht nur dazu geführt hat, dass beispielsweise einseitige Zeitungsartikel die Ausnahme sind, sondern sich unsere Kommunikation untereinander immer häufiger auf 120 Zeichen (SMS) oder 140 (Twitter) beschränkt.
Diese Entwicklung geht einher mit dem Aufkommen des Social Web, das sich unter anderem durch das Grundprinzip des Teilens auszeichnet. Je kürzer und prägnanter, desto besser. Wer also über Content verfügt, der im Social Web kommuniziert und verbreitet werden soll, der muss dafür sorgen, dass er entsprechend aufbereitet wird.
“Nennen wir es Cloudwriting, was wir in der Google-Galaxis gerade erleben, mit Blogs, Wikis, Twitter, Etherpad, Wave und Buzz und all den unzähligen raffinierten Schreibumgebungen, die die kambrische Explosion des Web 2.0 beinahe täglich neu hervorbringt”,
schreibt Martin Lindner auf seinem Blog :microinformation. Oder “Schreiben in der Wolke“, wie er seinen Beitrag überschrieben hat. Die Grundeinheit ist der Mikrotext, den er als im hier und jetzt verankerte Idee versteht:
“Der Mikrotext steht für sich und ist zugleich Teil der großen Wolke, die selbst aus unausschöpfbar vielen, nebeneinander liegenden Mikrotexten besteht. Der Mikrotext ist nicht mehr Teil eines größeren Textes. Umgekehrt: Was früher ein geschlossener Makrotext waren, erscheint im Web tendenziell als Ansammlung von Mikrotexten. Eine kleine, etwas dichtere Textwolke innerhalb der großen Webwolke”,
beschreibt er das Prinzip, das nicht einfach nur darin besteht, einen größeren Text in viele Einzelteile zu zerlegen. Als Grundeinheit sind solche Mikrotexte (die für Lindner auch durchaus Ton-, Bild- oder Videoformat haben dürfen) dazu geeignet, in Kombination mit anderen Mikrotexten neue “Ideen” entstehen zu lassen, egal von wem die Mikrotexte stammen.
Ich bezeichne die Erstellung von Mikrotexten bzw. deren Austausch als Cloud Communication, wobei die Schnipsel sowohl von mir selbst als auch von anderen stammen können. Möglich ist das aber nur, wenn ich auch dazu bereit bin, dass meine Ideen aufgegriffen und weiterverwendet werden. Dabei geht es nicht nur um die richtige Haltung, sondern auch um die Frage, in welcher Form ich meine Inhalte zur Verfügung stelle?
Karin Janner hat das in ihrem letzten Blogpost sehr anschaulich dargestellt, in dem sie sich mit der Frage beschäftigt, ob man Fotos bzw. Grafiken direkt auf die eigenen Website (oder dem Blog) hochladen oder dafür Fotoplattformen wie Flickr verwenden solle? Ihrer Ansicht nach spricht eigentlich alles für die Fotoplattformen, nicht nur weil so jedes Foto eine eigene URL hat. Ein weiterer wichtiger Aspekt wird deutlich, wenn man sich die Grafik ansieht, die Karin Janner zur Unterstreichung ihrer Meinung verwendet hat.
Fotos bzw. Grafiken, die auf solchen Plattformen deponiert werden, lassen sich von mir und, so gewünscht, auch von anderen UserInnen verwenden und können auf diese Weise enorme Aufmerksamkeit erregen. Ähnliches funktioniert zum Beispiel auch mit Präsentationen, die dann etwa auf Slideshare online gestellt und von anderen angeschaut und in andere Webseiten eingebunden werden können. Das bedeutet: man findet Ihre Inhalte nicht nur auf Ihrem Blog oder Ihrer Website, sondern auf vielen zusätzlichen Anlaufstellen im Netz. Vor diesem Hintergrund finde ich Ulrike Schmids Studie interessant, die sich mit Orchestern und Museen im Social Web befasst. Dabei hat sie herausgefunden, schreibt sie in ihrem Blogpost, dass die meisten Organisationen nur ein bis zwei der zahlreichen Social Media-Kanäle nutzen. Auffällig ist die häufige Nutzung des Videoformats, während die Kulturbetriebe auf Flickr fast gar nicht vertreten sind. Aber: unter marketinggesichtspunkten wird hier Potenzial verschenkt.
Ähnlich kann man natürlich auch mit seinen Texten vorgehen. Spezielle Inhalte für spezielle Plattformen, das heißt, ich stelle zum Beispiel auf Xing andere Inhalte zur Verfügung als etwa auf Facebook. Weil sich erstens die Zielgruppen unterscheiden (teilweise) und zweitens die Möglichkeiten, Inhalte einzufügen, jeweils andere sind. Neben dem vordergründigen Ziel, auf sich aufmerksam zu machen, ist die Kommunikation in der Wolke aber auch prädestiniert dafür, eigene Ideen (=Mikrotext) mit anderen Ideen zu kombinieren und neue Ideen daraus zu entwickeln, alleine oder auch zusammen im Netzwerk.
Zusammengefasst bietet mir Cloud Communication somit drei große Vorteile:
- bessere Auffindbarkeit im Social Web, weil meine Inhalte auf verschiedenen Plattformen verteilt sind.
- Mikrotexte bzw. Ideen ergänzen sich, lassen sich neu zusammenstellen und generieren neue Ideen.
- Hinter den Mikrotexten stecken oftmals interessante Kooperationspartner.
Der Nachteil dabei: Cloud Communication benötigt viel Zeit, es gilt also die Frage zu beantworten, ob man sich die leisten möchte? In meinen Augen ist es nicht damit getan, eigene Inhalte zu aggregieren und dann gebündelt über alle Kanäle gleichzeitig zu verbreiten. Das mag bei bestimmten (wichtigen) Informationen Sinn machen. Auf Dauer ruft es aber eher Verärgerung hervor. Bleibt die Frage, auf welche Weise man die verschiedenen Kanäle nutzen soll? Ich persönlich bin der Überzeugung, dass die Herausforderung darin besteht, für jeden Kanal gezielte Angebote zu entwickeln. Wie man welchen Kanal bedient, hängt auch vom eigenen Kommunikationsverhalten ab. Lösungsansätze habe ich auf Google Buzz bei Thomas Pleil gefunden. In den Kommentaren gibt es einige sehr hilfreiche Vorschläge, auf welche Art sich die diversen Kanäle nutzen lassen. Gut gefällt mir die Einteilung von Thomas Pleil selbst:
- “Twitter, FF, FB, delicious für Realtime
- Buzz, Chat, Foren für Dialoge
- Blog, Posterous etc. für dialogorientiertes Publizieren. “
Mindestens ebenso wichtig ist aber sein letzter Satz:
“Aber ich bin nur in einem sicher: Da gibt’s kein Richtig und Falsch….”
Vielleicht kommt Ihnen das portionsweise Anrichten von Informationen irgendwie bekannt vor. Früher war das ein Spiel und nannte sich Schnitzeljagd. ;-)
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