Warum das „einzig wahre Museum“ bei mir Unbehagen auslöst

„Kultursponsoring ist tot –auf der Suche nach dem Dritten“, so betitelte Elisabeth von Helldorff ihren Vortrag, den sie letzte Woche im Rahmen des Symposiums „Kulturpolitur“ im Rendsburger Nordkolleg hielt und in dem sie sich Gedanken über die Zusammenarbeit von Kultubetrieben und Wirtschaftsunternehmen machte. Die Zusammenarbeit muss auf neue Beine gestellt werden, so eine Erkenntnis, die ich nicht nur aus dem Vortrag, sondern aus dem Symposium insgesamt mitnahm.

Die Veranstaltung fiel mir wieder ein, als ich heute bei Sebastian Hartmann den Beitrag über das „einzig wahre Museum“ las, einen von Warsteiner lancierten Wettbewerb auf Facebook, bei dem die Museen um die meisten Stimmen und ein Preisgeld kämpften. Von einem Museums-Krimi ist auf dem Blog der Brauerei zu lesen, den am Ende das Oldenburger Computer-Museum für sich entschied.

Ich möchte kein Spielverderber sein, aber für mich hat dieser Wettbewerb einen schalen Beigeschmack. Die Facebook-Seite von Warsteiner hat aktuell gut 12.300 Fans. Von denen wurden 1.768 Stimmen abgegeben und auf insgesamt 250 Museen verteilt, die sich am Wettbewerb beteiligten. Der Sieger erhielt am Ende 1.768 Euro, genau einen Euro pro abgegebener Stimme. Viele der Museen riefen ihre Fans dazu auf, sich an dem Wettbewerb zu beteiligen, was nur über eine Applikation auf der Warsteiner-Fanseite möglich war. Für die Aufmerksamkeit, die sie so auf diesen Wettbewerb lenkten, sind die 1.768 Euro, die Warsteiner am Ende als Preisgeld an das Oldenburger Computermuseum ausschüttete, ein Schnäppchen, zumal, wenn ich es richtig verstanden habe, alle anderen Museen leer ausgingen.

Für mich zeigt dieser Wettbewerb, dass zwischen den Kulturbetrieben und einem Wirtschaftsunternehmen kein Gleichgewicht herrscht, man begegnet sich nicht auf Augenhöhe. Für mich ist das keine Win-Win-Situation. Warsteiner hat sich mit Hilfe von insgesamt 250 Museen eine Aufmerksamkeit verschafft, die in meinen Augen mehr als die knapp 1.800 Euro wert ist. Aber vielleicht bin ich in meiner Sichtweise eingeschränkt und schätze das ganz falsch ein. Was meinen Sie?


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Kommentare

19 Antworten zu „Warum das „einzig wahre Museum“ bei mir Unbehagen auslöst“

  1. ich sehe das sehr ähnlich. Es ist wie eine billige Wurst, die Warsteiner den lechzenden Museen vor die Nase hält.
    Auch „das einzig wahre Museum“ zu werden, umso mehr Fans ich auf die Seite des Sponsors locke, finde ich sehr bedenklich. Es müßte umgekehrt sein. So ist es irgendwie würdelos. Naja, nur ein Spiel. Schon klar….

  2. In der Tat ist dieses Unverhältsnis erschütternd. Dennoch sehen wie bei Startnext im CSR/Kultursponsoring der Unternehmen in Zukunft eine große Chance für Kulturbetriebe. Hier ist es jedoch falsch herum gelaufen. Kulturbetriebe müssen selbst Projekt, Budget und Effekte definieren und dadurch Partner aus der Wirtschaft anlocken. Nur so kann ein Schuh daraus werden. Die Museen sind hier dem Warsteiner-Marketing auf den Leim gegangen. Schade. Hoffentlich führt das nicht zur Resignation.

  3. Ich finde diese Einwände absolut berechtigt. Die Mikrigkeit des Preisgeldes war wohl so nicht geplant. In einer PI (http://bit.ly/gGnJ1R) ist noch von „bis zu 10.000 Euro“ die Rede. Die Aktion hat einfach nicht so eingeschlagen: 60 Stimmen für den Drittplatzierten (Musée du Louvre), das ist alles etwas mager.
    Offensichtlich haben die maßgeblichen Museen nicht mitgezogen. Es passt auch nicht zu einem seriösen Museum, bei der eigenen Community um Unterstützung zur Erringung einer Bierdeckel-Krone zu werben. Die ganze Kampagne war zu sehr Warseiner her konzipiert (und die Museen sind ja auch nur ein Anwendungsfall einer Serie).

  4. @Klaudia: klar ist es ein Spiel, aber es ist, wie Du richtig schreibst, falsch angelegt. Warum muss ich als Fan von Museen Fan von Warsteiner werden? Das ist billiges Adressensammeln.

    @Denis: durchaus, aber die Zusammenarbeit sollte auf Augenhöhe passieren und das ist häufig nicht der Fall. Ich versuche das immer mit der Zahl der Sponsoringanfragen zu beschreiben. Bis jetzt ist es so, dass ein Unternehmen 50 Sponsoringanfragen pro Monat von Kulturbetrieben erhält. Die Augenhöhe ist wahrscheinlich erst dann erreicht, wenn Kulturbetriebe für die Wirtschaft genauso interessant sind wie es umgekehrt der Fall ist. Eigentlich müsste also auch ein Kulturbetrieb 50 Anfragen von Unternehmen pro Monat erhalten.

    @Michael Müller: danke für die ergänzende Info. Kann sein, dass es an der App lag, die man nutzen musste, um überhaupt abstimmen zu können. Ich vermute, das hat viele davon abgehalten, sich daran zu beteiligen.

  5. Lieber Christian,
    mir geht es genau so! Bei meinen Sponsoring-Beratungen erlebe ich häufig genau dieses „Ungleichgewicht“. An die Adresse der Museen gesprochen: sie müssen besser einschätzen, was sie wollen. Und in diesem spezifischen Fall – ein Preisgeld von ca. 1.700 Euro ist doch ein „Witz“. Hier sehe ich aus Warsteiner-Perspektive eher eine clevere PR-Aktion als ein langfistiges Engagement, das die Museen wirklich unterstützt!

  6. @Jörn: wenn es eine kurzfristige Aktion war, dann hat Warsteiner sich nichts vorzuwerfen. Hat doch alles wunderbar funktioniert… Die Frage ist nun und Du sprichst es ja auch an: wie geht es nun weiter mit Warsteiner und den Museen? Jetzt zeigt sich, ob ein zumindest mittelfristiges Konzept dahinter steckt.

    1. Naja, Warsteiner freut sich über die Aufmerksamkeit. Aber du hast es richtig in deiner Überschrift formuliert – es bleibt ein Unbehagen.

  7. den Vorschreibern recht. Erschütternd für mich ist, und das ist das, was die Beteiligten wirklich nachdenklich stimmen sollte, daß 250 Museen nicht mehr als 1.700 Stimmen zusammenbekommen. (7 Stimmen pr Museum, was wahrscheinlich dem Gremium entspricht, die die Entscheidung getroffen haben, bei der Aktion mitzumachen)
    Normalerweise ist ein Euro pro Kontakt im I-Net ein Betrag der für ein Wirtschaftsunternehmen gängig und okay ist. wenn die Museen ihre Fans aufgefordert haben, daran teil zu nehmen, lässt das nur 2 Schlüsse zu…..
    1. Die Museen haben so wenig Fans
    2. Diese Fans sind nicht aktivierbar
    3. Die Fans haben dies Aktion abgelehnt, dann haben die Museen eine falsche Entscheidung getroffen.

    Alles in Allem ist aus der Aktion für mich zu schlussfolgern, daß im Verhältnis Museum / Fans irgendwas sehr im Argen liegt.

  8. @ Jörn 1700 Stimmen sind für ein Unternehmen wie Wahrsteiner keine Öffentlichkeit. aus deren Sicht muss die Aktion ein Flop gewesen sein. Weil das Verhältnis von angesprochenen Personen zu denen , die reagieren, wahrscheinlich katastrophal ist. Soetwas würde ich als Markeingleiter ein Desaster nennen. Weil es nichts anderes bedeuten kann, daß die Aktion beim Konsumenten negativ angekommen ist. Ich kann mir vorstellen, daß Kommentare wie diese hier, mehr Leute erreichen.

  9. Hallo zusammen,

    kann viele Argumente gut nachvollziehen. Aber: Man muss sehen, dass ja scheinbar eine Annährung von beiden Seiten stattfindet. Und das fand ich erstmal gut. Wie es sich weiter entwickelt in Sachen gegenseitige Wertschätzung und Support – und dem Konzept, wird man sehen. Des weiteren fand ich das mit dem App auch nicht die beste Lösung. Es hätten bestimmt noch mehr Fans abgestimmt, aber nun gut. Schauen wir auf eine mögliche nächste Aktion.

    VG, Sebastian

  10. Ach so: Ich fand die Aktion als Konsument übrigens auch gut – nicht wegen dem Bier, sondern wegen der 2 Jahrekarten, die ich gewonnen habe ;-)

  11. Segantini

    Ein willkürliches und zufälliges Ergebnis. Irgendein technikaffines Museum ruft seine Fans zum Mitmachen auf und kassiert das Preisgeld, bevor die Sache überhaupt richtig bekannt wird. Ich selbst habe versehentlich für ein Museum gestimmt, auf dessen Link ich klickte in der irrigen Erwartung, dahinter verberge sich die Adresse bzw. Kurzbeschreibung.

  12. Vielen Dank für den interessanten Artikel und die wohl überlegten Kommentare! Aus meiner Sicht als WARSTEINER Reporter war die Suche nach dem einzig wahren Museum ein schöner Erfolg – und zwar für alle Beteiligten:

    Die Teilnehmer konnten sich anhand von Steckbriefen, die unsere Redaktion angelegt hat, über insgesamt 250 spannende Museen informieren und abstimmen, welches Museum sie für das einzig wahre halten. Außerdem konnten sie bei der anschließenden Verlosung 10×2 Jahreskarten für ein Museum nach Wahl gewinnen.

    Die Museen konnten sich darüber freuen, dass wir mit Anzeigen bei Facebook für das Thema Museum geworben haben. Einige von ihnen haben die Gelegenheit genutzt, ihre „Fans“ zu aktivieren, sich so in Erinnerung zu bringen und darüber hinaus ein Gemeinschaftserlebnis zu schaffen – und das Oldenburger Computer-Museum hat 1.768 Euro „Preisgeld“ bekommen.

    Wir selbst schließlich haben uns darüber gefreut, dass die Suche nach dem einzig Wahren den Teilnehmern und den Museen so viel Spaß gemacht hat – denn das war das wichtigste Ziel, das wir erreichen wollten.

  13. @Michael Strogies: ich weiß gar nicht, ob das was mit dem Verhältnis Museum/Fans zu tun hat. Ich selbst hätte vielleicht sogar mitgestimmt, aber die eingesetzte App hat mich davon abgehalten. Es wäre interessant herauszufinden, wem es ähnlich gegangen ist.

    Aber 1.700 Stimmen für 250 Museen, das ist, wie Du richtig schreibst, kein Ruhmesblatt. Da kann Social Media eigentlich mehr, wie wir alle wissen.

    Zu den Konsumenten: da gibt es unterschiedliche Zielgruppen, die in durchaus friedlicher Koexistenz nebeneinander als Fans auf ihre Kosten kommen. Die einen unterstützen ein Museum, die anderen gewinnen jeden Abend Bier. Da sehe ich ehrlich gesagt kein Problem, mit diesem Nebeneinander haben wir gelernt umzugehen.

    @Sebastian: Zwei Jahreskarten sind super, Gratulation. In Deiner Rolle als Gewinner wirst Du wohl nichts an der Aktion auszusetzen haben. :-)

    Wichtig wäre jetzt, wie Du es andeutest, dass diese Aktion weitergeht, von der dann Warsteiner und die Museen profitieren.

    @Segantini: willkürlich: jein. Dem Gewinner kann man da keinen Vorwurf machen, er hat es am besten verstanden, seine Fans zu mobilisieren. Das ist ja eigentlich auch das große Plus von Social Media. Hier haben die „Kleinen“ die Chance, die „Großen“ zu übertrumpfen. Das Oldenburger Computer-Museum hat da ganz bekannte Namen hinter sich gelassen.

    @Mathias Gößling: danke für den Kommentar. Die angeführten Punkte sind alle nachvollziehbar, aber was mich stört ist das fehlende Gleichgewicht. Ich hätte auch ein Problem, wenn die Zahl der Fans jenseits der 10.000 gelegen hätte.

    Mein Problem ist das fehlende Gleichgewicht zwischen dem Unternehmen und den Museen. Ich will das jetzt auch nicht einfach so pauschal abtun, sondern stelle mir die Frage, wie man daraus ein gemeinsames Projekt entwickeln kann? Davon hätten mittel- und langfristig gesehen beide Seiten etwas, denn wenn es jetzt nicht weitergeht in der Zusammenarbeit, dann muss Warsteiner sich eine neue Aktion überlegen un fängt wieder bei Null an. Und die Museen sind erst einmal draußen…

  14. Sebastian

    @Mathias: Vielen Dank, dass du aus der Sicht der Warsteiner-Reporters berichtet hast. Zwei Anmerkungen: Das mit den Werbeanzeigen hatte ich vergessen zu erwähnen – als positiven Aspekt. Was nicht offensichtlich war, waren die Steckbriefe. Ich glaube, ich habe wie fast alle mit einem Klick auf das Museum in der Liste abgestimmt, bzw. das Museum hinzugefügt. Ist ja ach logisch, dass Museums-FB-Fans meistens durch ihr Lieblingsmuseum vorgeprägt sind. Dennoch insgesamt: Tolle Aktion.

    @Christian: Stimmt, aus der Perspektive des Gewinns hab ich an der Aktion nix auszusetzen ;-) Mir gehts ja aber auch als Museums-Web2.0-Worker um die Aktion ansich und was sie gebracht hat für beide Seiten und welche Idee dahinter steckt. Die liegt zwar in erster Linie bei der Serie von Warsteiner „das einzig wahre…“, dennoch hat es Beispielcharakter für eine Annährung von Kultur und Wrtschaft via FB, was konzeptionell funktiert und weiter ausgebaut werden kann.

    VG, Sebastian

  15. @Sebastian: ich denke, dass es noch viel mehr Kooperationen zwischen Wirtschaft und Kunst/Kultur geben sollte, gerade im Social Web. Der Vorteil: hier ist Aufmerksamkeit eine wichtige Währung und Aufmerksamkeit kann ich unabhängig von meiner Größe erregen. D.h. auch kleine Kultureinrichtungen können hier ihrem Gegenüber auf Augenhöhe begegnen…

  16. Segantini

    @Mathias: dem Sieger sei der Preis samt Preisgeld ja durchaus gegönnt, ich hätte mir nur gewünscht, daß wesentlich mehr Fans auf die Aktion aufmerksam werden und sich überlegen, welches denn ihr Lieblingsmuseum ist. Das hätte diesen Museen gut getan – und Warsteiner auch.

  17. Christina

    Mit dieser Aktion (die Reihe scheint endlos) will Warsteiner nur Fans bzw. Daten sammeln und keineswegs eine Nähe zur Kultur suchen.
    @Michael Vielleicht sind Museumsfans in Bezug auf Datenfreigabe und plumpen Annäherungsaktionen seitens der Wirtschaft sehr empfindlich. D.h. nicht, dass im Verhältnis Museum/Fans etwas im Argen liegt. Es würde sich durch solche Aktionen vielleicht nicht unbedingt positiv entwickeln, da hier ein Vertrauensverhältnis ausgenutzt wird.

  18. @Christina: so gesehen schadet dann eine solche Aktion eher. Reizvoll ist das Nachdenken über Kooperationen im Social Web aber auf alle Fälle, denn ich bin davon überzeugt, dass es genügend Möglichkeiten gibt, dass Kultur und Wirtschaft gemeinsam Facebook & Co nutzen und beide als Partner davon profitieren.

    Was das Verhältnis Museum/Fans angeht, sehe ich das auch so: auch wenn ich mich, aus welchen Gründen auch immer, nicht an einer solchen Abstimmung beteilige, kann ich trotzdem ein begeisterter Museumsbesucher sein.

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