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Wer beim Kongress Taten.Drang.Kultur in Ludwigsburg dabei gewesen ist, wird vielleicht ein ähnliches Fazit wie Dirk Heinze ziehen. Den meisten Punkten stimme ich uneingeschränkt zu, die Organisation war wirklich sehr professionell (noch einmal danke an die OrganisatorInnen!!), es gab sehr spannende Vorträge mit durchaus provokanten Thesen und das in einer Atmosphäre, die ich auch als angenehm erlebt habe.
Bleibt die Frage nach der Kernbotschaft. Hat die wirklich gefehlt? In meinen Augen nicht. Immer wieder wurde in verschiedenen Vorträgen festgestellt, dass es zusehends schwieriger wird, sich auf die öffentliche Hand zu verlassen. Die Apparate sind zu schwerfällig und ihnen fehlen die nötigen finanziellen Mittel, um sich mit ihrer Hilfe fit für die Zukunft zu machen, so der Tenor.
Das klang auf dem Kongress und wahrscheinlich jetzt auch hier, wo ich diese Sätze schreibe, ziemlich ungerecht, denn in den Kulturabteilungen sitzen nicht Menschen, die Kunst und Kultur verhindern wollen, sondern viele, die alles dafür tun, damit in diesem Bereich etwas weiter geht. Es sind auch gar nicht die Menschen, sondern es ist das System, das uns in seiner Starrheit daran hindert, auf die anstehenden Veränderungen zu reagieren. Es ist ein System, das genau dafür geschaffen worden ist, einer Gesellschaft Stabilität zu verleihen und abrupte negative Veränderungen zu verhindern. Je unabhängiger eine Verwaltung von politischen Strömungen ist, desto größer die Garantie, dass sich diese Verwaltung nicht missbrauchen lässt.
Schnelle Veränderungen sind daher nicht möglich, unabhängig von der Frage, ob sie wünschenswert sind oder nicht. Dieses Dilemma, das in den Ausführungen von Peter Vermeulen, der als Gründer von culturplan mittlerweile die Seite gewechselt hat und in der Stadt Mühlheim an der Ruhr als Dezernent für die Kultur zuständig ist, am deutlichsten zu Tage trat, muss aufgelöst werden, wenn wir Veränderung auch auf dieser Ebene wollen. Aber wir müssen uns auch die Frage stellen, ob wir das wirklich wollen, ob wir das Risiko eingehen wollen?
Ein möglicher Ausweg, und damit bin ich bei der Kernbotschaft, die ich für mich mitgenommen habe, wurde von Pius Knüsel, dem Direktor von Pro Helvetia, ganz am Ende der Veranstaltung aufgezeigt. KulturmanagerInnen sollten versuchen, so eine seiner Thesen, sich von der öffentlichen Kulturförderung zu lösen und dadurch unabhängig zu werden. Mit seiner Forderung knüpfte er an den Vortrag des Soziologen Albrecht Göschel an, der den Kongress mit seinem Vortrag „20 Jahre Kulturmanagement in Deutschland“ eröffnet hatte und darin die kulturpolitischen Reformbestrebungen der 1970er Jahre als Ausgangspunkt für die Entstehung und Entwicklung des Kulturmanagement bezeichnete.
Überspitzt formuliert könnte man Kulturmanagement auch als Kolateralschaden dieser Reformpolitik bezeichnen, denn die Parole „Alles ist Kultur“ führte dazu, dass der Kunst- und Kulturbereich vor allem eines benötigte: mehr Geld. Man wusste zwar, so Göschel, dass die Kultur wichtig sei, konnte das aber nicht begründen. Da man gleichzeitig sah, dass Kultur auch auf Märkten funktionierte, versuchte man, Kunst marktfähig zu machen. Und genau dafür benötigte man nun KulturmanagerInnen, woraus Göschel ableitete, im Kulturmanagement werde die Reformbewegung der 1970er Jahre fortgesetzt.
In seinem Vortrag konstatierte Knüsel, an Göschel anschließend, dass das Kulturmanagement sich so im Laufe der Jahre zum HandlangerErfüllungsgehilfen der Kulturpolitik gemacht habe. Die Verbindung von „Mikromanagement und Makropolitik“ führe zu einer Verbindung, die der Kultur eher schade als nutze.
Was aber sind die Alternativen? Ist es wirklich zielführend, wenn KulturmanagerInnen versuchen, sich aus der finanziellen Abhängigkeit von der öffentlichen Hand zu lösen und auf Sponsoren und Spender zu setzen?
Der Vortrag von Michael Drautz, dem kaufmännischen Geschäftsführer des Festspielhauses Baden-Baden zeigte, dass es nicht ganz so einfach ist, sich „privat“ zu finanzieren. Das Haus bekommt immer noch öffentliche Gelder und kann trotzdem nicht von den Ticketeinnahmen leben. Sponsoren müssen gefunden werden, um am Ende dann zumindest eine schwarze Null zu schaffen.
Aber vielleicht ist es auch nur einfach ein Mehr an unternehmerischem Denken, das die Kultureinrichtungen weiter bringt? Drautz schilderte recht ausführlich, wie sie es mit Hilfe ihres CRM-Systems geschafft haben, noch besser auf die Wünsche ihrer BesucherInnen eingehen zu können.
Wer sich selbst dazu nicht in der Lage sieht, kann sich von BeraterInnen unterstützen lassen. „Hilfe, die Berater kommen!“ war der Vortrag von Dieter Haselbach, Professor für Soziologie und Geschäftsführer der ICG culturplan Unternehmensberatung überschrieben. Sein Vortrag war für meinen Geschmack zu sehr als Werbeauftritt konzipiert und beschränkte sich außerdem zu sehr auf den betriebswirtschaftlichen bzw. kaufmännischen Bereich. Eigentlich ist das schade, denn (Kultur)-Beratung ist für mich mehr als das Know-how in diesen beiden Bereichen.
Zusammenfassend war für mich in Ludwigsburg ein Trend erkennbar, der für Kultureinrichtungen weg von den öffentlichen Fördertöpfen hin zu unternehmerischer Eigeninitiative führt. Nun können Sie das auf Grund der gewachsenen Strukturen und der Tradition, Kunst und Kultur öffentlich zu fördern, natürlich kritisieren. Die Frage ist aber, ob wir es hier nicht bald (oder vielleicht schon jetzt) mit der normativen Kraft des Faktischen zu tun haben. Die Kassen der öffentlichen Haushalte sind leer und werden sich auch nicht so schnell wieder füllen. Eigeninitiative wird also, so meine persönliche Schlussfolgerung, immer mehr gefragt sein. Klar ist aber auch, dass Kulturmanagement dann vielleicht als eine Art Kolateralschaden entstanden ist, seine Bedeutung nimmt aber, so man den Aussagen und Thesen der Vortragenden Glauben schenken darf, in dieser Phase des Wandels immer weiter zu. Wie man diesen Wandel bewältigen kann, konnte man auch in den verschiedenen Fachforen erfahren.
Leider habe ich sie alle verpasst, da ich selbst beim Thema Social Media dabei war. Aber das Kulturmanagement Network wird in der nächsten Ausgabe des KM-Magazins ausführlich vom Kongress berichten und außerdem ist ein Tagungsband geplant. Sie verpassen also nichts. ;-)
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