Kunst und Kultur: Nischenmärkte werden immer attraktiver

Viele Opernhäuser, Theater oder auch Museen klagen über rückläufige Besucherzahlen und schwindendes Interesse. Immer weniger Menschen würden sich für Kunst und Kultur interessieren, lautet ein oft gehörter Vorwurf. Aber ist der überhaupt berechtigt? Ist es wirklich so, dass die Zahl der an Kunst und Kultur Interessierten kontinuierlich sinkt? Douglas McLennan sieht das etwas anders. In einem Beitrag für sein rwx-Blog stellt er fest, dass sich die Nischen- zu Massenmärkten entwickelt haben. „Niche To Mass“ heißt, Nischen haben heute dank der digitalen Revolution die Chance, aus der Ecke herauszukommen und Aufmerksamkeit zu erhalten, die früher nicht möglich war. Für McLennan entstehen jenseits der traditionellen Kanäle neue Massenmärkte. Karrieren wie die von Lady Gaga oder Justin Bieber wären wohl so früher gar nicht möglich gewesen.

„You don’t have to be famous to get an audience“,

konstatiert der Autor und bringt als Beispiel Rebecca Black, deren Song „Friday“ bis jetzt knapp 93 Mio. Mal auf YouTube angeklickt worden ist.

Ein eher seichtes Machwerk, aber auf dem Forbes-Blog kann man nachlesen, dass sich der Song für die 13-jährige Sängerin mittlerweile auch finanziell lohnt. Ein anderes Beispiel ist für Douglas McLennan die 26-jährige Amanda Hocking. 100.000 eBooks verkauft sie jeden Monat. Zwar verlangt sie für jedes Exemplar nur zwischen 1 und 3$, aber davon gehören 70% ihr.

Beides sind Beispiele für eine Entwicklung, in der mehr und mehr Inhalte produziert werden. Aber:

“ (.) the nature of that content is shifting. Seventy percent of all the content made on the web this year will be made not by ‚professionals‘ but by internet users. There were 250,000 books published by traditional publishers last year. But there were 750,000 self-published books.“

Für McLennan ist das die Stunde der Kuratoren (siehe dazu auch mein Blogpost: Das Ende der Kuratoren?):

„It’s the rise of the curator, who are like human search engines who better deliver the information we want,“

schreibt er und stellt fest:

„(…) it’s possible to be much more informed about more things than it was in the ‚good old days‘.“

Die Herausforderung besteht darin, die Kuratoren zu finden, um den Sprung aus der Nische zu schaffen. Das war einerseits noch nie leichter als heute, auch dank Social Media. Aber das Social Web macht andererseits die Sache auch schwieriger, schließlich wird der Großteil der auf YouTube heraufgeladenen Videos nicht ein einziges Mal angeklickt.


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5 Antworten zu „Kunst und Kultur: Nischenmärkte werden immer attraktiver“

  1. Ein seichtes Machwerk – also Massenware. Auch Amanda Hocking lieferte Massenware, absoluten Trend ab. Wo ist da Nische?

    Nische zu Massenmarkt würde für mich heißen, dass ich auf den neuen Kanälen z.B. plötzlich Ballettbücher eher verkaufen könnte als im herkömmlichen Geschäft – das bezweifle ich.

    Und wer würde diese Kuratorenrolle übernehmen? Musik- / Literaturagenten?

    Das Thema mit der Nische interessiert mich brennend, leider ist es sehr schwer Material über wirklich *echte* erfolgreiche Nischenkunst / -kultur zu finden, am ehesten noch in der Musikbranche. Drum danke für den Beitrag!

  2. @Petra: interessante und berechtigte Frage! Wenn eine Nische zum Massenmarkt wird, bedeutet das gleichzeitig, dass das jeweilige Angebot im Mainstream ankommt. Vermutlich handelt es sich bei den meisten Erfolgsgeschichten um „Massenware“.

    Die Frage ist doch aber, ob ich nicht in meiner Nische bleiben und trotzdem Erfolg haben kann? Ist es mir davor nicht gelungen, auch nur eine Handvoll Ballettbücher zu verkaufen, schaffe ich das vielleicht Dank des Long Tail, wenn auch erst innerhalb eines vermutlich großen Zeitrahmens.

    Aber da bleiben noch einige Fragen offen, stimmt. Mal sehen, ob ich die in einem zweiten Beitrag beantworten kann.

    Noch zu den Kuratoren: Literatur- oder Musikagenten vermutlich eher nicht, weil sie ja eigene Interessen verfolgen. In Sachen Musik waren es für mich früher einige Radiomoderatoren, die kurz vor oder nach Mitternacht ihre Nischensendungen hatten. Ich glaube, es gibt sie noch, diese Sendungen, aber sie sind wesentlich schwerer zu finden oder ins Internet abgewandert.

    Im Bereich der Literatur hole ich mir gerne Anregungen aus Blogs oder den Communitys. Aber ich finde schon, dass es die Kuratoren gibt. Ob das jemand für mich ist, hängt eigentlich von mir ab und nicht von meinem Gegenüber, oder?

    1. Interessanter Ansatz. Ich kann nur für die Literatur sprechen: Nische kommt dann im Massenmarkt an, wenn sie auf anderen Kanälen so erfolgreich ist wie sonst in einem Massenmarkt, im Massenmarkt selbst aber noch absolut undenkbar wäre. Das ist bei Hocking & Co. ja nicht der Fall – die holen eher den Massenmarkt zusätzlich auf andere Vertriebskanäle.

      Als „echte“ Nische fiele mir die deutsche Autorin Nele Neuhaus ein, die einen im herkömmlichen Verlagsgeschäft unverkäuflichen 1000-Seiten-Thriller und Krimis gegen Trends und Lektorenerwartungen geschrieben hat. Sie veröffentlichte einfach selbst, im PoD-Verfahren bei Monsenstein & Vannerdat, und lieferte die Bücher mit den familieneigenen Fleischwarenlastwagen aus! Diese „anderen“ Bücher wurden so erfolgreich, dass Ullstein ihr Verträge anbot. Inzwischen ist sie Bestsellerautorin, hat über 660.000 Taunuskrimis verkauft und wurde in 14 Sprachen übersetzt.

      Das nenne ich „im Massenmarkt ankommen“ – keiner dieser Verlage hätte ihr am Anfang eine Chance gegeben, sie kassierte vom Massenmarkt nur Absagen. Dann riss man sich um sie…

      Apropos Long Tail: Eine ganz große Chance beim Selbstproduzieren. Der Massenmarkt sortiert z.B. neue Bücher gnadenlos und immer schneller aus (tw. nach 3-4 Monaten), Longseller haben immer geringere Chancen. Nische besteht aber sehr oft aus Longsellers – also kann ich mich da auch langfristiger darum kümmern.

      Was die Kuratoren betrifft, fehlen mir in Deutschland echte online-Alternativen zum Feuilleton. Zumindest in der Literatur werden viele Communities von Verlagskonzernen finanziert / betrieben und sind deshalb nicht unabhängig.
      Spannendes Thema!

  3. @Petra: danke für das Beispiel. Für mich stellt sich da die Frage: heißt Erfolg haben in einer Nische, dass ich mit meinen Angeboten aus der Nische herauskomme?

    Bei den Communities ist mir häufig nicht klar, wer dahinter steht. Feuilletons sind für mich auch noch eine wichtige Anlaufstelle.

    1. „heißt Erfolg haben in einer Nische, dass ich mit meinen Angeboten aus der Nische herauskomme?“

      Wenn die Nische groß genug ist / wird, kann man eigentlich gemütlich drinbleiben ;-)
      Ich persönlich glaube ja an die Zukunft der Nische. Vom Massenmarkt haben viele Menschen nämlich langsam den Hals voll…

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