Das langsame Sterben der Kultureinrichtungen


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Als ich vor 5 Jahren mit dem Bloggen begann und froh war, wenn mein Blog mehr als zehn LeserInnen hatte, wurde ich immer damit getröstet, dass Kulturmanagement eben nur ein Randthema sei und das Blog deshalb nie auf besonders großes Interesse stoßen würde. Heute hat dieses Blog Zugriffszahlen, mit denen ich den Vergleich zu anderen Branchen nicht unbedingt scheuen muss. Spreche ich über diese Zahlen, bekomme ich als Antwort zu hören: „Ja, Du hast ja auch ein interessantes Thema.“

Bei Kultureinrichtungen gibt es auch viele interessante Themen, sie schöpfen aus einem reichen Fundus, wenn es darum geht, das, was sie tun, zu vermitteln. Für sie ist dieses Vermitteln noch viel wichtiger, denn sie gestalten mit dem, was sie an künstlerischer und kultureller Leistung  erbringen, unsere Gesellschaft mit. Wohl auch mit aus diesem Grund wird Ihr Tun großteils aus öffentlichen Fördertöpfen finanziert. Wenn ich nicht in der Lage bin, meine Leistungen adäquat an den Mann oder die Frau zu bringen, ist das mein eigenes Problem. Bei Kultureinrichtungen sieht das etwas anders aus, denn es ist das Geld der SteuerzahlerInnen, das hier verwendet wird.

Dabei haben es die Kultureinrichtungen nicht leicht, denn erstens sind die öffentlichen Kassen ziemlich leer und zweitens wird die Konkurrenz immer größer und damit bedrohlicher. Immer häufiger lesen wir davon, dass Kultureinrichtungen zusperren müssen oder von der Schließung bedroht sind. Dagegen anzuarbeiten heißt, jede Menge Überzeugungsarbeit zu leisten, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.

Auch ich muss Überzeugungsarbeit leisten und mit den Menschen ins Gespräch kommen, deshalb war ich von den Möglichkeiten, die mir ein Blog bietet, so begeistert. Und ich bin überzeugt, dass Blogs und all die anderen Tools und Plattformen, die im Laufe der Zeit dazu gekommen sind, auch für Kultureinrichtungen eine gute Möglichkeit bieten, mit denen ins Gespräch zu kommen, deren Steuergeld sie ausgeben und die sie von ihren Angeboten (wieder) überzeugen wollen.

Aus diesem Grund habe ich mich über jede Kultureinrichtung gefreut, die den Schritt ins Social Web gewagt hat und ganz besonders gefreut habe ich mich, wenn dabei ein Blog zum Einsatz kam. „Externe Blogs von Kultureinrichtungen sind tot„, konnte man gestern bei Axel Kopp nachlesen, der die Schließung des Blogs der Duisburger Philharmoniker zum Anlass genommen hat, sich mit den Blogs von Kultureinrichtungen zu beschäftigen. Kopp begrüßt diese Entscheidung, denn, so seine Meinung, das Blog sei langweilig und würde eh niemanden mehr interessieren. Das gelte, so schreibt er an anderer Stelle, auch für viele andere Blogs von Kultureinrichtungen. Ich möchte ihm da nicht widersprechen, auch ich gehe davon aus, dass in den nächsten Monaten einige Blogs wieder verschwinden werden beziehungsweise ein recht trauriges Dasein ohne neue Beiträge fristen müssen.

Im Unterschied zu Axel Kopp spielt es in meinen Augen keine wirklich entscheidende Rolle, ob das Blog in die eigene Website integriert ist oder an anderer Stelle seinen Platz im virtuellen Raum gefunden hat. Er erklärt zwar recht einleuchtend die Vorteile des integrierten Blogs, aber dadurch werden die Inhalte auch nicht spannender. Alfred Wendel, der Duisburger Philharmoniker, verstieg sich in einem Interview für Kulturmanagement Network zu der Behauptung:

„Es hat immer wieder zu Irritationen geführt, dass es für dasselbe Orchester zwei verschiedene Websites gibt, weshalb wir es für besser hielten, dies nun zentral zusammenzuführen.“

Ich würde eher sagen, je größer die Zahl meiner Anlaufstellen im virtuellen Raum ist, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass ich gefunden werde. Die Sorge, den User zu irritieren, müsste dann ja auch konsequenterweise zur Schließung sämtlicher Accounts im Social Web führen. Wäre das wirklich der Punkt gewesen, hätte man ja, wie von Axel Kopp empfohlen, das Blog in die eigene Seite integrieren können und das Problem damit gelöst.

Was ist aber nun eigentlich das Problem? Kultureinrichtungen gelingt es meist nicht, denke ich, den richtigen Ton zu finden. Das ist auch nicht so ganz einfach, denn die traditionelle Unternehmenskommunikation funktioniert im Social Web nicht mehr. Erst jetzt mit den entsprechenden Rückkanälen merken wir, dass es die Menschen sind, die ein Gespräch führen und nicht das Unternehmen. Hinzu kommt: nicht jedes Chefego hält es aus, wenn sich auf den Social-Media-Kanälen die PraktikantIn zum heimlichen Star der Kultureinrichtung mausert. Dabei ist genau das vermutlich eines der Erfolgsgeheimnisse: Pläne und Strategien helfen Ihnen nur dann weiter, wenn Sie jemanden vor der Tastatur sitzen haben, der mit Begeisterung und Hingabe dabei ist. Genau aus diesem Grund glaube ich auch nicht, dass, wie Axel Kopp meint, kleine Unternehmen mit ihren Blogs chancenlos seien. Natürlich wird, mit steigender Sichtbarkeit, die Zeit immer knapper, aber es lohnt sich auf alle Fälle, so meine Meinung als (ganz kleiner) Unternehmer.

Bei Kultureinrichtungen würde ich aber noch einen Schritt weiter gehen. Wenn sie wollen, dass sie wahrgenommen werden und auch weiterhin von der öffentlichen Hand finanziert werden wollen, dann ist es für sie unumgänglich, das Gespräch mit dem Publikum, aber auch mit dem Steuerzahler zu suchen. Natürlich steht es jeder Kultureinrichtung frei, sich die entsprechenden Kanäle auszusuchen, aber wenn die Entscheidung den Schritt vom Web2.0 zurück zum Web1.0 mit sich bringt, dann sollten doch die Alarmglocken klingeln. Nicht so sehr bei den Orchesterverantwortlichen, sondern vor allem bei denen, die dieses Orchester finanzieren. Irgendwo sei dann schon die Frage erlaubt, wer da eigentlich für wen da ist?

Axel Kopp hat seinen Blogbeitrag mit „Externe Blogs von Kultureinrichtungen sind tot“ überschrieben. Ich prophezeie: Kultureinrichtungen, die ihre Blogs schließen, sind tot. Nicht sofort und nicht weil sie ihr Blog schließen, sondern weil ich den Eindruck habe, dass hier Entwicklungen verpasst werden. Entwicklungen, die dem Orchester helfen würden, den Verantwortlichen aber, das sollte fairerweise dazugesagt werden, schaden könnten. Veränderung bedeutet immer, ich muss jemandem etwas wegnehmen. Dass sich der dagegen wehrt ist verständlich. Nur: Veränderung lässt sich nicht aufhalten. Genau aus diesem Grund ist es auch erlaubt ein Blog zu schließen. Aber bitte nicht für den Schritt nach hinten, sondern nur für den nach vorne.


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28 Antworten zu „Das langsame Sterben der Kultureinrichtungen“

  1. Was Herr Wendel da sagt, trifft vielleicht den Kern des Problems: wie ich gerade auf Axels Blog kommentiert habe, war der DaCapo-Blog immer ein Zwitter aus statischer Website und Blog. Warum all die überflüssigen Informationen zum Programm, zum Orchester, zum Ticketverkauf, die einfach mal auf die eigentliche Website gehören?

    Auch wenn seitens der Macher immer wieder das tolle Konzept betont wird – ein solches spiegelt sich im Layout zumindest nicht wieder. Was bleibt ist in der Tat der Eindruck, zwei Webseiten nebeneinander zu haben.

    Außerdem: wenn diejenigen um die es geht (die Musiker) sich nicht dafür interessieren, wie sie nach außen hin wahrgenommen werden, dann wird dieses Orchester (und viele andere) irgendwann dichtmachen – und das zurecht!

  2. @Hagen Kohn: und genau deshalb meine Prophezeiung. Ich habe schon unzählige Male Adam Thurman mit seinem Satz „Art as a social hub“ zitiert. Das gilt auch für die Social-Media-Aktivitäten. Die Kunst ist nur der Aufhänger, um mich mit Menschen, die sich auch für Kunst interessieren, unterhalten zu können. D.h es geht darum, mit Hilfe der Inhalte Gespräche zu initiieren. Nicht mehr und nicht weniger. Die Infos zum Ticketkauf gehören, wie Du richtig schreibst, auf die Website.

  3. Ich möchte schon nochmal betonen, dass ich kein „Web 1.0“-Anhänger bin. Auch ich hielte es für einen Rückschritt, würden sich die Duisburger Philharmoniker aus dem Bereich Social Media zurückziehen. Aber das Ende des Blogs ist nicht zwangsläufig das Ende der Philharmonie 2.0. Frank Tentler sagt ja, dass das im konkreten Fall so sei (und vielleicht hat er Recht), aber dacapo als Blog halte ich für überbewertet. Auf der Website könnte man über den Bereich „Aktuelles“ viele Aufgaben des Blogs abdecken bzw. die meisten Beiträge 1:1 übernehmen. Dann wäre alles an einem Ort. Gepaart mit einer durchdachten FB- und Twitter-Strategie, kann man sich das Blog sparen. Die letzten beide Sätze in obigem Beitrag besagen ja ähnliches.

  4. ok2punktnull

    Diese Schließung von dacapo finde ich ganz schön krass – auch aus dem Grund, dass ein „Leuchtturm“ einfach platt gemacht wird, wo es doch jetzt erst richtig anfängt spannend für die Kultureinrichtungen zu werden. Viele haben erste Schritte in dieses Web 2.0 mit Blogs und Netzwerken gemacht und kommen sicherlich an den Punkt, an dem sie vielleicht erst wirklich in dieser Praxis merken, dass ein anderes Verhalten, ein anderes Denken notwendig ist, um diese Möglichkeiten des Austausches für sich und für andere positiv zu nutzen. Ich bin ja beim Marketing für Kulturbetriebe (z.B. Museen) für eine Politik im Marketing-Mix, der auch den Umgang in sozialen Medien berührt: Die „Vermittlungspolitik“. Was meinen Sie?
    Ach ja, wenn der dacapo-blog einfach eingestellt wird, dann ist das m.E. auch ein ganz schlechtes Signal an die Kulturpolitik, die endlich auch mal den Anschluss an einen Gedanken 2.0 finden könnte. Dacapo ist der Kulturpolitik als best practice doch bestimmt auch bekannt geworden. … Ich bin schon dabei ein paar „Sternschnuppen“ am Kultur2.0-Himmel zu notieren. Die bestimmt auch. So wird das ganze Bemühen vielleicht doch nur als „hype“ gewertet, der ganz schnell wieder geht, so wie es sich vielleicht einige immernoch wünschen.

  5. @Axel: als Web1.0-Anhänger würde ich Dich auch nicht sehen, ich hoffe nicht, dass dieser Eindruck beim Lesen meines Blogposts entsteht. ;-)

    Wo die Gespräche stattfinden, ist für mich völlig egal, von mir aus auch auf Google+ oder sonstwo. Nur ist das, was ich derzeit von den Duisburger Philharmonikern auf Facebook und Twitter lese, eher Ankündigungstexten entnommen. Ich denke, wir sind uns beide einig, dass das so nichts werden wird.

    @OK2PunktNull: wahrscheinlich hat man es in Duisburg gemerkt und deshalb das Blog eingestellt. Kunst ist eben doch elitär und das Publikum soll doch bitte nur zahlen, das reicht dann schon.

    Früher durfte man den Kultureinrichtungen nie mit Zahlen kommen, ein lauter Aufschrei war die Folge. Heute fragt man dort zuerst nach dem ROI von Social Media und wundert sich dann, wenn andere nach dem ROI der Kultureinrichtung fragen. Der Schuss könnt eirgendwann einmal nach hinten losgehen…

  6. beide Artikel um die es hier geht haben eins gemeinsam:
    wenn kein content vorhanden ist der von ambitionierten Menschen erzaehlt wird, dann hat das blog als blog keine relevanz, dann lieber blog als CMS verstehen und ne einigermassen aktive website drauf bauen…
    oder doch nicht?

  7. @Andreas: ich bin mir nicht sicher… Der Content ist schon wichtig, keine Frage, aber ist der Geschichtenerzähler und das Gespräch mit ihm nicht mindestens ebenso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger? Auf vielen Blogs werden interessante Inhalte transportiert und trotzdem ist die Sache langweilig. So wie wir lieber ein Interview lesen als ein Factsheet zu betrachten.

  8. Rasch nachgedacht:

    ich glaube, dass sich Kultur wandelt. Schon immer hat sie das getan. Täte sie es nicht, wäre sie keine Kultur.

    Kultureinrichtungen, die das nicht begreifen wollen, werden aussterben.

    Wer Kultur wirklich vermitteln will, sollte alle Möglichkeiten ausschöpfen, das zu tun. Sogar auch die des (Ibäh) Internets. Institutionen, die das nicht tun, wollen eigentlich nichts vermitteln, sondern nur den status quo aufrecht erhalten und ihre Institutionen als Medium der sozialen Abgrenzung nutzen.

    Ist gute Musik im Internet schlechter als in der Oper? Werden interessante Museumsexponate weniger interessant, wenn sie im Internet präsentiert werden? Wohl kaum.

    Ich denke, dass Institutionen, die allein die rückwärtsgewandten, internetfeindlichen Teile des Bildungsbürgertums bedienen wollen, sehr bald ihre Existenzberechtigung verloren haben werden.

    Und das ist auch gut so! Wer keine Zukunft will, der soll auch keine haben. Und öffentliche Fördermittel schon gar nicht….

    1. Das ist ja eine steile These. Oder ist das ironisch gemeint? In meinen Augen geht dieses Argument voll an der Realität vorbei. Der Slogan „Kultur für alle“ macht sich immer gut, aber führt bei Licht besehen doch ziemlich in die Irre. Die erfolgreichen Kultureinrichtungen, die wirtschaftlich gute Zahlen liefern und künstlerisch die besten Leute aufbieten können, sind in der Regel auch die, die sich am dezidiertesten an eine klare, zahlungskräftige Zielgruppe, d.h. im Bereich der sog. „Hochkultur“ das „Bildungsbürgertum“, wenden. Marketingstrategisch ist dieser Fall auch völlig klar, denn keine einzige Marke schafft es (bzw. würde überhaupt nur auf die abwegige Idee kommen), ihr Produkt oder ihre Leistung an „alle“ verkaufen zu wollen. Apple nicht, Audi nicht und auch keine Kultureinrichtung, die sich nicht völliger Profillosigkeit preis geben möchte. Die Frage, wie stark sich eine Kultureinrichtung im Netz engagiert, sagt daher erstmal gar nichts über ihre Überlebens- und Zukunftsfähigkeit aus. Im Umkehrschluss kann allerdings ein engagierter Social Media-Auftritt gerade für das Profil sorgen, das eine erfolgreiche Marke braucht.

    2. @Christian: wenn dem so ist, dann gibt es ja eigentlich keine Gründe, Kunst und Kultur öffentlich zu fördern.

      1. Das sehe ich nicht so. Universitäten, Autobahnen oder öffentlicher Nahverkehr werden auch öffentlich finanziert, ohne dass sie in einem direkten Sinn „für alle“ sind. Auch diese Einrichtungen bzw. Angebote haben klare „Zielgruppen“, die mehr profitieren als andere. Warum sollte das bei Kultur anders sein? Natürlich sollte niemandem der Zugang zu Kultur verwehrt werden, aber das heisst nicht im Umkehrschluss, dass Kunst für jeden einen Genuss darstellen muss und erst recht nicht, dass sich daraus quasi eine Pflicht für Kultureinrichtungen ableitet, Social Media nutzen zu müssen.

      2. @Christian: wirf mal einen Blick auf die logischen Ebenen des NLP , dann verstehst Du vielleicht, worin der Unterschied zwischen Autobahnen und Kultureinrichtungen bestehen könnte.

  9. @Jörn: genau! Wer kein Blog braucht, hat nichts zu erzählen und wer nichts zu erzählen hat, kann eigentlich auch keine Kunst machen und sollte konsequenterweise zusperren. Aber man muss das gar nicht einfordern, sie verschwinden von alleine. Früher oder später…

    1. You’ve got it! Gib, dem Bildungsdünkeltum noch ein paar jahre, dann wir es das auch begriffen haben. Schade um das, was dabei kaputt geht. Ich freu mich aber auf das, was derweil neu entstehen wird. Bin schließlich Kulturfan. ;-)

      1. Andererseits kann Veränderung nur so stattfinden, insofern ist das auch durchaus in Ordnung so.

  10. Danke für den Beitrag, Christian.

    Mein Vorschlag vor 2 Jahren war, dass wir die Website mit Typo3 aufsetzen und das Bog als den DuPhil-Kanal prägnant integrieren. Das Blog hatte schon alleine 3x mehr Zugriffe, als die Website. Und selbst im letzten Jahr – wo die Aktionen rund um „Philharmonie 2.0“ schon gegen Null gingen – hat es mehr Zugriffe als die Website gehabt.

    Ich habe ein wenig den Eindruck, dass sich nur wenige Menschen die Mühe machen, sich den letzten Beitrag in „Da Capo“ wirklich durchzulesen, oder sich in das Projekt P20 einzuarbeiten (hier eine Zusammenfassung: http://slidesha.re/re4sCY). Macht das wirklich einmal, in Ruhe und Konzentration. Dann merkt ihr, dass es nicht das Ende eines Blogs, sondern das Ende eines ganzen, erfolgreichen Kulturmarketing-Projekts ist. In meinem „Troll-Trommeln“-Beitrag (wer wissen will, was ich gemacht habe: http://bit.ly/pzogFn) habe ich folgenden Satz geschrieben:
    „Das ist so, als ob man sein erfolgreichstes Rennpferd erst nicht auf die Rennbahn lässt und dann einschläfert.“
    Und so ist es auch gewesen. Da hat wer das Läuten ignoriert. Warum auch immer. DAS verstehe ich nämlich nicht.

    Nach und nach hört man, dass Dr. Wendel einfach alles einstampft, was ein 17-35 Jahre altes „Neu-Publikum“ in irgendeiner Weise interessieren könnte. Selbst die Playlist, eine vorbildliche Veranstaltung mit hoher Web-Resonanz. Er kann sich nicht in die Welt dieser Generation eindenken, die aber die Zukunft der Philharmoniker, der klassischen Musik sein müssen. Daher ist das ein grosser Fehler für einen Intendanten, zumal sein neuer GMD genau das Gegenteil will (s. http://bit.ly/nMJkBb).
    Das ist eine seltsame Vogel-Strauss-Politik, die am Ende der Tod der Duisburger Philharmoniker sein wird. Wenn nicht ein Wunder geschieht. Denn selbst scheinen sie sich nicht retten zu wollen. Sie tuen nichts dafür.

    Wir mich kennt weiss, dass ich meine Corporate-Projekte immer transmedial nach den Anforderungen des Inhalts und den zu erreichenden Influencer und Fans im Web aufbaue. So ist der „Appel“ an Herrn Wendel auch nicht in meinem Blog, sondern auf der viel hochwertiger mit Influencern vernetzten Plattform „Google+“ erschienen (http://bit.ly/nljHYx). Was prima funktionierte, wie man sieht.
    Ebenso wird nicht überall ein technisch/designerisch hochwertiges Blog eingesetzt. Oft auch gar keines. Aber „Da Capo“ war wichtig als eindrucksvolle Verteilungs-Plattform und wurde zudem auch von Usern besucht, die sich nicht im Social Web sonst tummeln (z. B. Silversurfer). P2.0 hatte schon damals eine sehr authentische und erfolgreiche Influencer/User-Akquise und ich selbst konnte in diesem „meinem Labor“ jede Menge lernen, was ich an meine Kunden erfolgreich weitergeben konnte.

    Deshalb ist eine Diskussion, ob oder ob nicht Blog eigentlich überflüssig (auch wenn ich mich über die viele Ressonanz sehr freue): Es hat(te) als wichtiger Teil der „Philharmonie 2.0“ funktioniert.

    Diese war ein eigenständiger Media-Channel der DuPhils, der dafür gesorgt hat, dass sie im deutschsprachigen Raum und oft auch international wahrgenommen und gemocht wurden.

    Schaue ich mir die Reaktionen im Web zum neuen GMD und dem 1. Saisonkonzert an, haben die DuPhils die regionale Zeitungs-Talsohle wieder erreicht.

    Auch das in Zeiten schmilzender Nutzung klassischer Medien ein Fehler. Und schaut man sich dann noch das VIdeo an, was auf der Website zu finden ist, beginnt man als gebürtiger Duisburger mit Fremdschämen. Nichts gegen Baumärkte, aber sowas gehört nicht an den Anfang eines VIdeos.
    Wäre es da nicht cleverer gewesen, seinen Content selbst zu produzieren und zu behalten und ihn nicht an jemanden zu verschenken (Rheinische Post Duisburg, Duisburg TV), die ihn an den DuPhils vorbei als Werbeträger vermarkten? s. http://bit.ly/qRQSHp
    Das hat übrigens früher prima funktioniert: an der Stelle, wo heute Hagebau wirbt, standen früher in den Zeitungen die DuPhil Fotos und Videos. Leider wollte der Intendant sie nie vermarkten. Er verstand das einfach nicht.

    Leuchttum war P20, weil es funktionierte.
    Mahnendes Beispiel, weil vom Management nicht verstanden wurde, es zu nutzen.

  11. @Christian
    Meine Befürchtung ist, dass Kultur 2.0 hauptsächlich bedeutet, dass im Web über Kultur gesprochen wird. Das ist interessant und wichtig, bringt der Kultureinrichtung aber gar nix, wenn das nicht früher oder später zum Konzert- der Opernbesuch führt. Bei mir selber kann ich einen solchen Effekt nicht beobachten. Vielleicht haben wir irgendwann gar keine Zeit mehr für Kulturerlebnisse, weil wir nur noch darüber diskutieren.

  12. @Hagen Aber gerade das hat P20 ja gerade bewiesen: Social Marketing BRINGT Besucher in die Halle.
    Es ist Marketing. Nicht mehr nicht weniger.
    Was kann man den noch machen, um zu beweisen, dass es funktioniert, als zu beweisen, dass es funktioniert. Und das schon vor 3 Jahren.

  13. @Hagen: irgendwie ist es ja schon komisch, wenn Kultureinrichtungen bei Social-Media-Aktivitäten darauf pochen, dass das etwas bringen muss und zwar ganz konkret Umsatz. Versuchte man früher mit Kultureinrichtungen Leistungskriterien zu vereinbaren, dann wurde man fast tätlich angegriffen, wenn man mit Umsatzzahlen kam.

    Es muss dann aber auch erlaubt sein, nachzufragen, was denn die Vorankündigung in der Zeitung bringt (obwohl das Konzert vielleicht schon ausverkauft ist) oder die Werbung per Plakat? Ich denke, so einfach lässt sich der Erfolg einer Maßnahme vermutlich nicht (mehr) messen. Das weiß, wenn überhaupt, nur der, der sich dann für den Kunstgenuss entscheidet. Ich habe z.B. Petra van Cronenburg über das Bloggen kennengelernt. Ihr neues Buch liegt hier neben mir (nebenbei bemerkt: „Faszination Nijinsky“ ist ein tolles Buch). Würde ich sie nicht kennen, wäre ich vermutlich nicht darauf aufmerksam geworden. Aber wie gesagt: so sollte gerade der Klturbereich nicht „rechnen“, der Schuss kann schnell nach hinten losgehen.

    1. Die Sponsoren lesen die Zeitung, also muss über das Event in der Zeitung berichtet werden. ;-) Aus Printberichten kann man auch schöne Clipping-Dokumentatioen machen und kann mit Auflagenzahlen (sprich mit potentiellen Lesern) punkten. Bei Social Media ist der „Erfolg“ ja schwieriger nachzuweisen.

      Tatsächlich ist es natürlich schon so, dass durch eine kontinuierliche gute Medienarbeit auch mehr Besucher zu verzeichen sind. Bei Museen funktioniert das nun viel einfacher als bei einem einmaligen Ereignis wie einem klassischen Konzert. Extra für ein Konzert fahr ich nicht nach Duisburg oder München, es sei denn es wird etwas ganz außergewöhnliches angeboten. Bei einer Ausstellung ist das schon anders.

  14. Mir sind in den letzten Tagen drei Gedanken gekommen:

    1. Ich glaube, dass das Web 2.0 bis heute in den meisten Kultur- und Bildungsinstitutionen nicht angekommen ist. Natürlich gibt es spannende Projekte, aber Social-Media bedeutet für viele m.E. zumeist ein „PR-Tool“. Es stimmt, man kann mittels Web 2.0-Werkzeugen PR oder Marketing erfolgreich betreiben. Viel spannender ist aber der Gedanke, das Web 2.0 als Plattform für die Kulturvermittlung zu sehen. Es geht also nicht nur darum, mehr Besucher in die Institution zu bekommen. Vielmehr erweitert das Web die Institution als Ganzes. Ich habe in den letzten Tagen mit einigen Institutionen darüber gesprochen. Die direkte Verbindung zwischen Social-Media und der Anzhal der Besucher der Institution entsteht u.a. aus dem Druck der Stakeholder. Diese möchten einen Nachweis haben, dass sich die Investition Social-Media auch „lohnt“. Ich habe die Duisburger Philharmoniker nie real gehört. Aber die Social-Media-Aktivitäten sorgten dafür, dass dieses Orchester trotzdem Teil meiner Lebensrealität bzw. kulturellen Identität wurden. Das Web steht für eine neue Kulturform und es stellt sich die Frage, ob ich als Institution mit dieser Kultur kompatibel bin. Und ja es ändert – wenn wir ehrlich sind – so ziemlich alles:-)

    2. Verlassen wir mal die Kulturinstitutionen und schauen wir auf die Bundesrepublik als Ganzes. Ein Beispiel: Gerade mal 15% der deutschen Schüler nutzen den Computer täglich im Unterricht. (Quelle: Bitkom) Von Social-Media ganz zu schweigen. Und in den Universitäten (inkl. der Einrichtungen in denen z.B. Kulturmanager ausgebildet werden) sieht es bezogen auf Social-Media zumeist nicht besser aus. Also wo wollen wir hin? Ich glaube es handelt sich hier nicht um ein Problem der Kulturinstitutionen sondern um die Frage, ob wir als Gesellschaft die Welt des Web 2.0 gestalten wollen oder nicht.

    3. Wir, die wir mit diesen Tools arbeiten sollten m.E. auch uns selbstkritisch hinterfragen. Wie viel haben wir bis jetzt wirklich erreicht? Wo können wir besser werden, um dafür zu sorgen, dass das Thema Social-Media ein elementarer Bestandteil der Arbeit von Kulturinstitutionen wird?

    Beste Grüße

    Christoph Deeg

  15. @Christoph Die nutzen halt Mobile Advices und das immer mehr wachsend. Und das um in den Social Networks zu sein und Social Media zu nutzen…du kannst es drehen wie du willst, der Zug ist abgefahren und wird nicht drehen, nur schneller werden.

    Ansonsten: Zustimmung!

  16. @Ulrike
    (danke für PR-Text :)! Melde mich, wenn ich ihn durchgegangen bin)

    Social Marketing ist wesentlich besser zu Monitoren, als Print. Hier mal verschiedene Gedanken und Massnahmen dazu: http://echtzeitgeist.posterous.com/tag/monitoring . Nicht nur Potential, sondern mit harten Zahlen und guter ROI Messung. Das wissen Unternehmen in USA, UK, Frankreich und in Deutschland erlebe ich das auch zunehmend. Das wird sich auch in 1-2 Jahren endgültig hier durchsetzen.

    Meine Erfahrung: du brauchst Print nur noch als Alibi für die Sponsoren, die zu alt sind, um Social Web zu nutzen. Und das sind viele, aber es ändert sich gerade gewaltig. Sie lesen es selbst nicht und von Besuchern wird das nicht wahrgenommen. Mal ganz ehrlich: Es ist toll, dass Thyssen die Duisburger Orgel zahlte und das es überall zu lesen ist. Aber das wird nicht einen Kunden mehr bringen (Spezial-Stahl in die ganze Welt) oder einen Standort-Vorteil für sie bringen. Aber es gibt genügend Unternehmen, die von einem DuPhil-Shuttle sehr provitieren würden: Technik, regionale Finanz-, Medienunternehmen uvm.

    @all : Das ist mir alles zu klein gedacht, wie ihr da ran geht. Nehmt euch Unternehmen zum Beispiel, nicht Stadttheater. Erst einmal muss es Unternhmenskommunikation, PR und Marketing geben, bevor ich überhaupt sagen darf, ich mache da was mit Social Media. SM ist nicht etwas neues, sondern eine Evolution. Genau wie Schrift zu Buch, Buch zur Zeitung, Zeitung zu Radio zu TV zu Web… alles erweitert sich nur, vieles wird kleiner, aber verschwindet nicht. Selbst die Schrift nicht. Aber die User, Besucher und Kunden ändern sich und da muss man sich einfach seinen Kunden anpassen sonst s. Christian Henner-Fehrs Blog-Beitrag.

  17. @Christoph: die Frage, was wir erreicht haben, ist durchaus berechtigt, denn ich weiß nicht, ob zu viel oder zu wenig versprochen wird, Fakt ist aber, dass häufig falsche Dinge versprochen werden. Frank hat schon recht, wenn er von einer Evolution spricht. Früher hatten wir PR, Marketing und Kommunikation, deren Funktionsweise kannten wir und dementsprechend sahen die Konzepte aus, von denen einige aufgingen, viele aber auch nicht.

    Nun haben wir mit Social Media eine neue Schicht über PR, Marketing, etc. gelegt, die Mechanismen sind andere geworden. Erfolgreiche Beispiele sind noch seltener geworden. Warum? Weil die Art der Kommunikation – und darum geht es im Social Web – mit der jeweiligen Unternehmenskultur korrespondieren muss.

    Stimmen das Social-Media-Verhalten und die Unternehmenskultur nicht überein, dann gehen die Konzepte nicht auf. Wer als Social-Media-Berater hinzugezogen wird, erklärt doch nicht, wie Facebook, Twitter und Co. funktionieren (unter Umständen tut er das noch), sondern bringt seinen Kunden bei, wie man mit Hilfe dieser Tools kommuniziert und welche Auswirkungen das auf die Unternehmenskultur hat. Die muss ich nämlich mitdenken.

    Betrachtet man den Fall der Duisburger Philharmoniker aus diesem Blickwinkel, dann könnte man auch sagen: eigentlich erstaunlich, dass sie soweit gekommen sind. Aber es ist eben nicht gelungen, Unternehmenkommunikation und -kultur in der Balance zu halten. Überspitzt formuliert behaupte ich: Wer ein Unternehmen in Social Media berät, betreibt gleichzeitig so etwas wie Organisationsentwicklung. Schwierig wird es, wenn beide das gar nicht mitbekommen und nur auf irgendwelche Zugriffszahlen schielen, denn Social Media ist mehr als Marketing, viel mehr.

  18. Ernst Karosser

    Das Unterhemd ist mir näher als das Oberhemd. Oder anderes gesagt: Kulturleute liegen wach und machen sich Sorgen. Gut so und recht so.
    Wenn ich das bei dir lese „Bei Kultureinrichtungen sieht das etwas anders aus, denn es ist das Geld der SteuerzahlerInnen, das hier verwendet wird.” Muss ich einfach mal anmerken, dass die ganzen Diskussionen hier oftmals mit minderen Differenzierungen ablaufen.
    Meinung: 1. In Diskussionen kann man immer unterscheiden und auch die adäquaten Beispiele (an den man sich dann versucht „langzuargumentieren”, damit es wieder paßt), auf den jeweiligen Bereich zu beziehen und zwar auf die subventionierte Kultur und die nichtsubventionierte (freie?) Kultur und/oder erweitert auch auf institutionelle Förderung oder Projektförderung. Soviel Fachdifferenzierung sollte schon sein in den Beiträgen, Kommentaren und Beispielheranziehungen.
    2. Der Blickwinkel wie Themen, wie auch das hier betrachtet, beschrieben und kommentiert wird, sollten dann auch diese Differenzierung nicht unberücksichtigt lassen.
    Nur als Beispiel: „… über das Bloggen kennengelernt. Ihr neues Buch liegt hier neben mir …” ja und? Eine Buchbestellung ist was anderes als ein Theater- Konzertbesucher vor Ort.
    Bsp: Da Capo: einen Besuch kann ich nicht bestellen, hinfahren will ich auch nicht (600km) Fazit: es interessiert mich nicht und die Differenzierung in der Argumentationskette liegt nicht vor.
    3. dem kann ich nur voll zustimmen: @HagenKohn Meine Befürchtung ist, dass Kultur 2.0 hauptsächlich bedeutet, dass im Web über Kultur gesprochen wird. Das ist interessant und wichtig, bringt der Kultureinrichtung aber gar nix, wenn das nicht früher oder später zum Konzert- der Opernbesuch führt. Bei mir selber kann ich einen solchen Effekt nicht beobachten.
    Dem möchte ich noch hinzufügen: Die, die hier schreiben und kommentieren sind eine kleine, isolierte Minderheit, die webaffin sind, aber auch noch nicht erkannt haben, worauf es eigentlich ankommt, eine regionale Basis aufzubauen, auch über die vorhandenen SM-tools, um eben am Leben bleiben zu können. Bsp. eine effektive Nutzung von z.b. twitter ist noch nie diskutiert worden in der kleinen isolierten Minderheit (Schneeballprinzip etc.).
    4. Bei dem Begriff (mehr) Kulturvermittlung (sein), in Anmerkung zu einem Kommentar von oben, kommt mir das kot… ! Sollen sich die KulturarbeiterInnen jetzt mehr als Kulturvermittler verstehen, wenn man schon keine Zuschauer/Kunden aus den Aktivitäten im SM generieren kann oder die SMBeratungen nicht so fruchten, oder ist doch das Unterhemd näher als das Oberhemd? Will heißen … wie zahl ich meine Büromiete etc. eher als Kulturvermittler per SM oder als KulturarbeiterIn mit regionalen Kunden?
    Ich mag jetzt nicht mehr und will deinen Blog auch nicht zum auskot… nutzen, aber eines will ich doch noch loswerden … haptisches geht immer noch über virtuelles (@frank tentler) auch in naher und ferner Zukunft und da kannste Thesen aufstellen noch und nöcher.

    1. @Ernst: Zu Punkt 4: Zur Definition von Kulturvermittlung siehe hier: http://zukunftkulturvermittlung.wordpress.com/category/kulturvermittlung-theorie/

      Zu Punkt 3: Ich kann nicht nachvollziehen, dass es hier eigentlich „darauf ankommt, eine regionale Basis aufzubauen“ Was das jetzt mit Twitter zu tun hat??? Es wird sehr wohl in dieser „Minderheit“ über Twitter diskutiert – mit Ergebnissen: Bitte schön:

      [Januar 2010] Warum nutzen Kulturschaffende Twitter? Zwischenergebnisse Kulturgezwitscher 2009 In: Kulturgezwitscher-Blog

      [Juni 2010] Kulturgezwitscher 2009: Twitter-Nutzung im Kunst- und Kulturbetrieb – Daten der Erhebung 2009, als kostenfreies E-Book und als Printversion

      [Mai 2011] Retweet @Zarathustra: Also! Die Kommunikationskultur des Microbloggingdienstes Twitter als (Un)Heilsbringer für den Kunst und Kulturbetrieb? In: Janner, Karin et. al. (Hrsg.): Social Media im Kulturmanagement, S. 419-430

      [in Vorbereitung] Kulturgezwitscher 2010/2011 – Twitter im Kulturbereich (dieser kurze Artikel, der die Ergebnisse der Umfrage 2010/2011 zusammenfasst, liegt seit April beim Verlag, jedoch gibt es hier Verzögerungen, Details folgen)

      [in Vorbereitung] Kulturgezwitscher 2010/2011: Twitter-Nutzung im Kunst- und Kulturbetrieb (wieder als kostenfreies E-Book und Printversion, voraussichtlich Juli 2011)

      Beste Grüße!

  19. @Ernst: ich fang von hinten an. :-) Ich finde es nicht tragisch, wenn Du dieses Blog hier dazu nutzt, um Dich auszukotzen und das Ergebnis solche Kommentare sind, ganz im Gegenteil. Du beleidigst niemanden, kritisierst vieles, warum also nicht?

    „haptisches geht über virtuelles“: Bitte Ernst, verabschieden wir uns doch endlich von dieser Diskussion! Das mag Deine persönliche Meinung sein, die ich in vielerlei Hinsicht auch teile, aber es geht doch schon lange um ein sowohl als auch und nicht um ein entweder oder. Natürlich schaue ich mir ein Bild gerne im Museum an, nur steckt es erstens häufig hinter einer Glasscheibe und ich weiß zweitens noch nicht einmal, ob es sich um das Original handelt. Was sollte daran noch haptisch sein?

    Vielleicht habe ich auch nicht die Zeit und das nötige Geld, um Kunst live zu erleben, warum also nicht „Ersatzangebote“ schaffen? Man kann Angebote wie die Kinoübertragungen der Met, die Digital Concert Hall der Berliner Philharmoniker oder auch die Dresdener Gemäldegalerie in Second Life durchaus kritisch sehen. Aber nicht, weil hier ein real zur Verfügung stehendes Angebot auch digital aufbereitet wird.

    Das Fass Kulturvermittlung mache ich jetzt nicht auf, ich weiß auch nicht, was Dich genau stört. Geht es Dir um Kulturvermittlung allgemein oder um die Frage, welche Rolle Social Media dabei spielen kann (oder spielen sollte)? Da fehlt mir jetzt ein klein wenig die (Achtung Retourkutsche) die Differenzierung. ;-)

    Der Standpunkt, dass Gespräche über Kultur im Netz zwar wichtig sind, den Kultureinrichtungen aber nichts bringen, wenn sie am Ende nicht einen Theater- oder Konzertbesuch vor Ort münden, wird, mit Verlaub, nicht dadurch richtig, dass man ihn ein paar Mal wiederholt. Entweder die Gespräche sind wichtig oder sie sind es nicht. Die Gefahr, dass ein potenzieller Konzertbesucher auf Grund vieler virtueller Diskussionen nicht mehr den Weg in den Konzertsaal findet, mag in Deinen Augen eine reale sein. Da sich die Kommunikation der Kultureinrichtungen mit ihren potenziellen Besuchern im virtuellen Raum in Grenzen hält, tue ich diese Sichtweise eher ins Reich der Fabel ab. Ich lasse mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen. Wer also nur virtuell diskutiert und deshalb im realen Leben keine Kunst mehr konsumiert, möge sich bitte melden. ;-)

    „Eine Buchbestellung ist was anderes als ein Theater- Konzertbesucher vor Ort.“ Und? Natürlich spielt bei einem Theaterabend, einem Konzert- oder Ausstellungsbesuch die räumliche Distanz eine Rolle. Aber das Grundprinzip, andere für die eigene KUnst zu interessieren, bleibt doch gleich, oder? Du sprichst beim Beispiel Duisburger Philharmoniker davon, dass Du keine Lust hast, dafür 600 Kilometer Distanz zu überwinden. Musst Du auch nicht, genauso wenig wie Du ein Buch kaufen musst, das Dir jemand online anzudrehen versucht. Das heißt, Du bist satt und bequem und bei Dir besteht keine Chance, Dich für Kunst zu begeistern. Das ist schade, denn manchmal braucht es genau diese Verrücktheit, dass man 500 Kilometer zurücklegt, um eine Oper oder einen Kinofilm anzuschauen. Ich bin mir sicher, Du hast ähnliches auch schon erlebt, bleibt die Frage, warum wir das immer seltener bzw. gar nicht mehr tun? Denn ich bin mir sicher, Du und viele andere haben das früher mal getan und die meisten tun das heute so wie ich nicht mehr unbedingt. Ist doch komisch, oder? Bleibt die Frage, warum das so ist?

    „Mangelnde Differenzierungen“: Gut, akzeptiert, meine Schuld. Ich habe mich in diesem Blogbeitrag als die kommerzielle Variante zu den öffentlich geförderten Kultureinrichtungen verstanden. Anscheinend ist das nicht entsprechend klar herausgekommen, ich werde mich bemühen, es beim nächsten Mal besser zu machen. Auf der anderen Seite steht der Kommentarbereich genau für solche Zwecke zur Verfügung, denn meine Blogposts sind nicht als fertig abgeschlossene Dissertation zu betrachten, sondern der Versuch, einen oder mehrere Gedanken zu formulieren und von denen, die sich dann zu Wort melden, zu lernen. Also wenn Dir mal wieder was zu wenig differenziert dargestellt ist, schreib einfach wieder einen Kommentar. :-)

  20. @Ernst: Nachtrag zu Twitter und der regionalen Nutzung: ich habe schon vor längerer Zeit über eine Studie von Amiando berichtet, in der untersucht wurde, wie sich Twitter für Events einsetzen lässt. Hier ist der Link: http://bit.ly/oGjliE

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