Arbeitsplatz Kulturmanagement: das Ende einer Illusion


© Rainer Sturm ; Pixelio

Schade, Axel Kopp war für mich immer einer, der in den Kunst- und Kulturbereich den frischen Wind reinbrachte, den dieser (und nicht nur dieser) Bereich so dringend braucht. Der gegen Regeln rebellierte und immer für eine Überraschung gut war. Der voller Ideen war und wenn es darum ging, für zwei arbeitete. Wenn er nun in seinem Blogpost erklärt, warum er den Kulturbereich verlässt und und eine Stelle als Online-Redakteur bei der IHK in Düsseldorf antritt, dann sollte das eigentlich all den Kultureinrichtungen weh tun, die seine Qualitäten in der Vergangenheit nicht zu schätzen wussten bzw. die Chance nicht genutzt haben, ihn zu engagieren.

Wer seinen Beitrag liest, kann daraus einigen Frust raushören. Angetreten als jemand, der Kunst und Kultur liebt, der sich für eine gute Sache einsetzen wollte und die Chance sah, den Kunst- und Kulturbetrieb positiv zu verändern, traf er stattdessen auf Erbsenzähler, die ausschließlich in „monetären und quantitativen Kategorien“ dachten.

Ich teile seine Einschätzung und glaube auch, dass nicht das fehlende Geld das größte Problem der Kultureinrichtungen ist, sondern die schwindende Legitimation. Aber das Problem sehe ich an anderer Stelle, und das nicht nur bei Axel Kopp, sondern bei vielen anderen. Die von ihm genannten Gründe, die ihn dazu bewogen haben, in den Kunst- und Kulturbereich zu gehen, treiben wohl viele an. Und wer sich nicht künstlerisch betätigen kann oder will, der wird dann KulturmanagerIn. Schmackhaft gemacht wird einem das von den zahlreichen Anbietern von Ausbildungslehrgängen, die immer stolz darauf verweisen, dass ihre AbsolventInnen fast alle einen guten Job gefunden haben. Es mag vielleicht sein, dass es die gibt, aber ich kann feststellen, dass mir in den letzten knapp zwanzig Jahren vor allem die über den Weg gelaufen sind, die den guten Job nicht gefunden haben.

Das kann man kritisieren, aber ich glaube, in der Überflussgesellschaft, in der wir nun einmal leben, muss es erlaubt sein, Aus- und Weiterbildungsangebote zu verkaufen. Mich stört eher der Idealismus, der viele dazu bewegt, ihr Glück im Kunst- und Kulturbereich zu versuchen. Nichts gegen einen gesunden Idealismus, aber wenn ich lese, dass mehr als 90 Prozent der KünstlerInnen nicht von ihrer künstlerischen Tätigkeit leben können (siehe dazu diese beiden Beiträge), dann sollten irgendwo die Alarmglocken angehen.

Ich möchte sogar noch einen Schritt weiter gehen und behaupte, die Liebe zu Kunst und Kultur steht einer Karriere als KulturmanagerIn eher im Weg als dass sie ihr förderlich ist. Michael Idov hat in seinem Artikel „Make That a Double Shot“ recht schön beschrieben, warum der Wunsch, ein eigenes kleines Cafe zu betreiben, dem erfolgreichen Führen eines solchen meist im Weg steht. Ähnlich ist es, so denke ich, auch im Kunst- und Kulturbereich.

Und noch einen zweiten Punkt, den Axel Kopp genannt hat, möchte ich hinterfragen: den Wunsch, den Kunst- und Kulturbereich positiv zu verändern. Für mich stellt sich die Frage, ob es wirklich ein Ziel sein kann, andere zu verändern? Ich glaube ehrlich gesagt nicht daran und beziehe Veränderung nur auf meine Person. Eine Veränderung mag auf einer übergeordneten Ebene ein positives Resultat hervorbringen. Sie nimmt aber meist auch jemandem etwas weg und wenn es nur ein Stückchen Macht ist. Insofern muss man wissen, worauf man sich einlässt, wenn man sich andere auf diese Weise zum Gegner macht und Ablehnung erfährt.

Axel Kopp wird in den nächsten Monaten bei der IHK einen guten Job machen, aber er wird, und er hat es ja schon fast angekündigt, wieder zurückkommen. Und dann wird er, ich bin mir sicher, mit der entsprechenden Distanz genau das finden, was er  bei seinem ersten Anlauf nicht gefunden hat.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

10 Antworten zu „Arbeitsplatz Kulturmanagement: das Ende einer Illusion“

  1. Uwe

    Wie immer – ein schöner Kommentar, danke lieber Christian!

    Das Thema „Illusionen“ möchte ich noch einmal herausheben und bestätigen: was ich selbst im Studium erlebt und gesehen habe, mit welchen Illusionen und teils auch Blauäugigkeit an die Dinge herangegangen wird – das war schon teilweise erschreckend.
    Ich glaube, dass diese Entwicklung auch logisch ist, denn wo sollen die Studenten denn mit der Realität konfrontiert werden, wenn sie direkt nach dem Abi mit dem Studium anfangen? In den ein, zwei Praktika, die sie vielleicht gemacht haben oder im Rahmen des Studiums machen werden?
    Und dann kommen sie (oder eben auch nicht) mit den immer noch den gleichen Illusionen in den Job im Kulturbereich – ein Bereich, in dem häufig auch noch einmal ganz eigene Realitäten geschaffen wurden.

    Ich halte die von dir angesprochene Distanz auch sehr wichtig. Allerdings ist diese unter den beschriebenen Rahmenbedingungen nur schwer zu erlangen.

  2. Es stimmt mit Sicherheit, dass sowohl Ausübende im Kunstbereich als auch angehende Kulturmanager mit ganz falschen Vorstellungen ihr Studium absolvieren: die Vorstellung nämlich, dass gleichzeitig Sicherheit (d.h. ein „Job“) und gestalterische, künstlerisch-kreative Betätigung möglich sei.
    Das erlebt man tatsächlich enorm selten und zeigt nur, wie veraltet hierarchisch und uninspirierend die Strukturen in den meisten Kultureinrichtungen sind. Denn davon lebt doch eigentlich unsere Arbeit…
    Es gibt scheinbar diese seltsame Gleichung: „Geld oder Seele“.. entweder man macht einen „Job“ oder man geht in die freie Szene und schafft dort etwas Eigenes – dort gibt es aber erst recht kein Geld, dafür Entfaltung. PODIUM ist ein Beispiel, dass viel möglich ist, wenn man einfach mal absieht vom Gegebenen und stattdessen (natürlich mit viel Investition) etwas Eigenes schafft. Ich glaube, es ist heute schwerer alte Strukturen zu verändern als ganz neue zu erschaffen. Vielleicht ändert sich das aber mit den nächsten Generationen von Führungskräften im Betrieb.. man will es hoffen.

  3. Danke für Eure beiden Kommentare. Die Gleichung „Geld oder Seele“ gefällt mir recht gut, aber wie lässt sie sich auflösen? Ist es wirklich so, dass es nur dieses entweder oder gibt? Und wo steckt diese Seele eigentlich? Ist sie noch in den Kultureinrichtungen zu Hause, so sie dort jemals zu Hause war? Sind es nur KünstlerInnen, die von ihrer Arbeit „beseelt“ sind oder ist das nicht in anderen Branchen ähnlich? Wenn ja, dann sollten wir aufhören zu behaupten, dass Kunst etwas besonderes ist. Dann würde auch die Gleichung unter Umständen ihre Gültigkeit verlieren.

  4. Vielen Dank für den Artikel! Ich fühle mich sehr geschmeichelt…
    Ich habe deinen Beitrag ja schon vor einigen Tagen gelesen, aber bewusst mit dem Kommentieren gewartet, weil ich erstmal sehen wollte, ob andere sich zu diesem Thema äußern und wenn ja wie.

    Der Aussage „wer sich nicht künstlerisch betätigen kann oder will, der wird dann KulturmanagerIn“ stimme ich zu. Es studieren tatsächlich ziemlich viele Leute Kulturmanagement, die selbst gerne Schauspieler, Musiker, Autor oder Bildender Künstler geworden wären. Das muss meines Erachtens aber nicht unbedingt zu einem Problem führen. Zumal im Theater ja quasi von den Leuten erwartet wird, dass sie sich mit dem „Produkt“ sehr gut auskennen, bei jeder Premiere dabei sind und für das Theater leben. Ohne Leidenschaft wird man es im Theater, das ja oft mit einer Familie verglichen wird, kaum aushalten können. Und eben weil hier Beruf und Hobby so nah beieinander sind, stellt sich die Frage, wo der Spaß endet und die Ausbeutung beginnt. Und das ist dann tatsächlich ein Problem.

    Nichtsdestotrotz kenne ich einige Leute, denen die Arbeit in der Kulturbranche sehr viel Spaß bereitet und deren Gehalt zumindest auf der „okay-Ebene“ rangiert. „Geld oder Seele?“ ist mir deshalb ein bisschen zu überspitzt, aber so ganz falsch ist das natürlich nicht. Wie Steven richtig sagt, ist es vor allem in der freien Szene extrem schwer gutes Geld zu verdienen. Und wenn man in der Kulturbranche was eigenes auf die Beine stellt – so wie er mit dem PODIUM – dann ist das natürlich geil und bringt einem Ruhm ein, aber reich wird man dadurch auch nicht. Steven hat als Initiator des Festivals sicherlich einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt, der ihm (vollkommen zurecht) einen guten Job einbringen wird. Insofern wird sich das für ihn langfristig auch finanziell lohnen. Die entscheidendere Frage ist: Bekommen die Leute in seinem Team, die ja hauptsächlich ehrenamtlich gearbeitet haben, auch alle so leicht einen Job?

    Was das Thema Veränderung anbelangt, so glaube ich schon, dass das ein Ziel sein kann. Wenn nicht sogar sein sollte. Zumindest finde ich den Wunsch, irgendwas verändern zu wollen, nach wie vor nicht falsch.

  5. Ben v. Blanken

    „Geld oder Seele?“ – vielleicht liegt das Problem auch darin, dass sehr schnell die Frage nach dem Sinn des Lebens und allem gestellt wird. Ich würde für ein pragmatischeres Herangehen plädieren. Opfere ich dann gleich die „Seele“?
    Kultur ist faszinierend und vielseitig, aber muss mit begrenzten Mitteln auskommen. Wenn ich gern in diesem Bereich arbeite, komme an den Rahmenbedingungen nicht vorbei (und kenne sie auch, bevor ich meine beruflichen Entscheidungen entsprechend treffe).
    Es gibt leider auch in der Kulturbranche nicht wirklich eine „Entschädigung“ für die (vergleichsweise) bescheidene materielle Ausstattung in Form von großen Gestaltungsmöglichkeiten oder Entfaltungschancen für alle. In meiner Erfahrung führt ein solcher Anspruch eher zu großen Konflikten in den Kulturorganisationen und zu großem Frust bei allen Beteiligten. Auch hier finde ich Pragmatismus prima und möchte nicht von einem Job erwarten, dass ich mich darin umfassend verwirklichen kann. Aber ein bescheideneres Ziel und kleinere Schritte in Richtung auf Veränderungen lassen sich sicher erreichen – und ohne solche Ansprüche macht’s ja auch keine Spaß.

  6. @Axel: Du schreibst, dass man es im Theater ohne Leidenschaft kaum aushalten wird. Das glaube ich auch, allerdings erlebe ich die Leidenschaft auch in Branchen, die mit Kunst und Kultur nur wenig bzw. gar nichts zu tun haben. Das heißt, Idealismus ist kein Alleinstellungsmerkmal, vermutlich braucht das jede UnternehmerIn, um die eigene Idee umsetzen zu können.

    Mir gefällt der Kommentar von @Ben ganz gut, der darin eine pragmatische Herangehensweise empfiehlt. Vielleicht sollten wir einfach aufhören, Kunst und Kultur als einen besonderen Bereich zu betrachten. Es ist schön, wenn das, was am Ende herauskommt, von denen, die dafür verantwortlich sind, als besonders gut gelungen angesehen wird. Und es ist vermutlich noch schöner, wenn andere Menschen, z.B. das Publikum, das auch so sehen. Aber ansonsten haben wir es im Kunst- und Kulturbereich mit Abläufen und Rahmenbedingungen zu tun, die wir in vielen anderen Bereichen auch antreffen. Würden wir das so sehen, dann stellt sich die Frage Geld oder Seele auch gar nicht mehr, wie Ben richtig schreibt.

    @Axel und @Ben: natürlich ist Veränderung erstrebenswert, aber ich glaube, dass das nur dann möglich ist, wenn wir uns selbst verändern. Sich selbst zu verändern ist der vermutlich leichteste Weg, um Veränderungen herbeizuführen. Und es ist trotzdem schwer, aber nicht nur in Kunst und Kultur.

  7. Constantin

    Hallo an alle :)

    erstmal vielen Dank für die Idee so einen Blog zu gestalten, bei der wenigen Menge an Informationen über diesen Studiengang ist das eine tolle Informationsquelle!
    Ich selber bin noch Schüler, und werde (vorrausstl.) 2013 mein Abitur machen. Dannach hate ich aufgrund meiner jahrelangen Ausübung und Liebe zur Musik vorgehabt ein Studium in Richtung Kultur-/Musikmanagement zu machen.
    Da ich nun jedoch auf diesem Blog ein recht negatives Bild über die Situation am Arbeitsmarkt für angehende Kulturmanager bekommen habe, machen sich nun erste Zweifel breit, ob dieser Studiengang wirklich das Richtige für mich ist..
    Nun wollte ich nochmal direkt fragen: Sind die Aussichten für einen studierten Kultur-/Musikmanager einen guten, sicheren Job mit angemessener Bezahlung zu erhalten wirklich so schlecht und unsicher wie oben geschildert, oder kann man das nicht so verallgemeinern??
    Vielen Dank schon mal im Vorraus,
    Constantin

  8. @Constantin: direkte Antwort auf Deine direkte Frage: ja, die Aussichten, einen guten und sicheren Job mit anständiger Bezahlung im Kultur- bzw. Musikmanagement zu bekommen, sind nicht besonders rosig. Erstens wird der Kunst- und Kulturbereich in den nächsten Jahren vermutlich sparen müssen, weil die öffentlichen Mittel immer spärlicher fließen. Das kann dazu führen, dass z.B. Orchester dichtmachen müssen und damit auch Jobs im Management verloren gehen. Zweitens drängen sehr viele AbsolventInnen diverser Lehrgänge auf den markt, d.h. die Konkurrenz ist groß.

    Aber es ist ja nicht so, dass man in allen anderen Branchen auf Dich wartet, insofern lassen sich die eher negativen Perspektiven auch wieder relativieren. Wichtig ist, dass man weiß, worauf man sich einlässt. Die Liebe zur Kunst ist eine gute Motivation, aber ob das das einzige ausschlaggebende Argumentation bei der Entscheidung über den zukünftigen Beruf sein sollte, wage ich zu bezweifeln. Wir sollten uns vor Augen halten: das Angebot an KulturmanagerInnen ist größer als die Nachfrage.

    Aber sprich einfach mit Leuten aus diesem Bereich und frag sie, wie es ihnen geht und welche Erfahrungen sie gemacht haben. Hier siehst Du schon mal einen Ausschnitt, der natürlich nicht repräsentativ ist.

  9. @Constantin: Die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist tatsächlich nicht besonders gut, d.h. aber nicht, dass du stattdessen Kunstgeschichte studieren solltest. ;-) Es gibt ja den Spruch „gute Leute werden immer gebraucht“ – und das ist auch im Kunst- und Kulturbereich so. Wenn du Kulturmanagement mit Leidenschaft studierst, nebenher im Kulturbereich arbeitest und einige Praktika machst, dann findest du auch schnell einen Job. Im Vergleich mit Chemikern, Informatikern oder Wirtschaftsmathematikern ist der sicherlich nicht gut bezahlt, aber du kommst problemlos über die Runden. Oder anders ausgedrückt: Wenn du nach dem Bachelor 2.200 € brutto verdienst, kannst du damit zufrieden sein.

    1. Uwe

      Kann die Posts von Christian und Axel so nur bestätigen. Genau so isses! :-)

      @Constantin
      Umso wichtiger ist es, dass Du Dir vor der Auswahl eines Studienganges klar wirst, in welche Richtung Du ganz grob gehen möchtest. Der Studiengang in Hamburg bietet andere Einblicke als der in Weimar, der in Ludwigsburg andere als in München.
      Dir viel Erfolg! Und bei Fragen – einfach in die Runde werfen…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.