Crowdfunding: macht Kleinvieh wirklich genügend Mist?


© Klaus Rupp / Pixelio

Die Grundidee des Crowdfunding ist es, dass möglichst viele Menschen mit relativ kleinen Beträgen ein Vorhaben unterstützen und so die Finanzierung sicherstellen. Hohe Transaktionskosten und komplizierte Abläufe machten diesen Ansatz früher unmöglich, heute sieht das allerdings anders aus. Die zahlreichen Crowdfunding-Plattformen machen deutlich, dass hier ein Entwicklungsschritt stattgefunden hat, der die hohen Hürden abgenaut hat. Statt des einen Sponsors machen sich heute viele auf die Suche nach vielen „kleinen“ Unterstützern, oder anders gesagt: der Crowd.

Dass das nicht einfach die anonyme Masse ist, die da vorbeikommt und schnell ein paar Euro liegen lässt, wissen wir bereits. Wer nicht über entsprechende Netzwerke verfügt, tut sich schwer, das benötigte Geld auf diese Weise einzusammeln. Davon lassen sich aber nur die wenigsten abhalten und so nimmt die Zahl der Projekte, die auf den Plattformen um Unterstützung buhlen täglich zu. Und auch die Summen, um die es dabei geht, werden höher, das jüngste Beispiel liefert die Kulturfigur „Stromberg„, für dessen nächsten Film etwas mehr als 3.000 Fans innerhalb einer Woche eine Million Euro locker machten.

Das bedeutet, im Durchschnitt hat jeder Fan gut 300 Euro in diesen Film investiert, eine erstaunlich hohe Summe. Interessant in diesem Zusammenhang ist ein Blogpost, auf das mich Andrea Kamphuis aufmerksam gemacht hat. In „The 80-20 rule as it applies to the crowdfunding bills“ beschäftigt sich Sherwood Neiss mit der Frage, inwieweit wir bei erfolgreichen Crowdfunding-Kampagnen auf möglichst hohe Einzelbeträge angewiesen sind. Ausgangspunkt seines Beitrags ist das Vorhaben des amerikanischen Gesetzgebers, die Summe, die eine einzelne UnterstützerIn zur Verfügung stellen, gesetzlich zu regeln. Das Vorhaben spielt für uns keine Rolle, interessant ist aber die Argumentation, um diese Begrenzung zu verhindern bzw. möglichst hoch anzusetzen.

Neiss bringt das Pareto-Prinzip ins Spiel, auch als 80-20 Regel bekannt, derzufolge 20% des Mitteleinsatzes 80% zum Ergebnis beitragen. Neiss hat bei mehreren Crowdfunding-Plattformen nachgefragt und mehr oder weniger eine Bestätigung seiner These erhalten, dass dieses Prinzip auch beim Crowdfunding gilt. So zeigt sich, dass auf der Plattform Indiegogo bei Projekten mit einem Budget zwischen $500 und $5.000 der Anteil der UnterstützerInnen, die $500 oder mehr geben, bei 24% liegt und bei Kampagnen, die auf Beträge von $50.000 oder mehr angelegt sind, auf 65% ansteigt (alle anderen Beispiele lesen Sie bitte im Originalbeitrag nach).

Es ist doch logisch, werden Sie vielleicht einwenden, dass bei einer größeren Gesamtsumme auch der durchschnittliche Betrag, mit dem das Projekt unterstützt wird, ansteigt. Ich denke, das hängt davon ab, worum es bei einem Projekt geht und vor allem, welche Gegenleistungen ich als UnterstützerIn erhalten kann. Dass Sie sich mit Geldgebern, die 500 Euro und mehr zur Verfügung stellen leichter tun als mit 50 Euro-Unterstützern ist klar. Wichtig ist aber, dass Sie überhaupt die Möglichkeit anbieten, größere Summen zu investieren. Das heißt, als ProjektinitiatorIn müssen Sie sich entsprechende Gegenleistungen einfallen lassen, um überhaupt die Möglichkeit zu schaffen, ein Vorhaben mit größeren Beträgen zu unterstützen.

Nehmen wir zum Beispiel ein klassisches Theaterstück. Gegenleistungen bis zu einem Wert von 100 Euro lassen sich sicherlich finden. Wie sieht es aber bei 500 Euro aus? Was können wir in dieser Größenordnung anbieten? Ich vermute, wir bewegen uns hier in eine Richtung, die sehr viel Ähnlichkeit mit dem klassischen Sponsoring aufweist. Dies vor allem dann, wenn die Summen, um die es jeweils geht, immer weiter ansteigen. Ab einer gewissen Obergrenze werden wir dann mit kleineren Unterstützungsbeträgen alleine nicht mehr auskommen, eine Entwicklung, die sich auch bei uns bereits abzeichnet. Das heißt, wir müssen uns im Vorfeld auch überlegen, wie realistisch es ist, an großzügigere GeldgeberInnen zu kommen. Sind die Aussichten schlecht, darf das Budget nicht zu hoch angesetzt werden, um sich nicht vorab alle Chancen zu nehmen.

Ich schreibe das auch deshalb, weil wir die stART12 dieses Jahr auf diese Weise finanzieren wollen und da gerade an genau diesem Punkt stehen, wo es eben nicht mehr um Unterstützungsleistungen im Wert von 10 oder 20 Euro geht, sondern um wesentlich höhere Beträge. Und damit auch um andere Gegenleistungen. Und um die Frage, wie groß die Erfolgsaussichten sind. ;-)


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6 Antworten zu „Crowdfunding: macht Kleinvieh wirklich genügend Mist?“

  1. Ich weiß nicht, ob es klug ist, die Logik des klassischen Sponsoring in das Crowdfunding hineinzutragen. Ich verstehe die Gegenleistung für die Beiträge beim Crowdfunding eher als Anerkennung. Dass es für einen höheren Beitrag eine exklusivere Anerkennung gibt, ist logisch, aber wenn diese einen reellen Gegenwert darstellt, läuft das dem „spirit“ einer Finanzierung durch die Crowd zuwider. Wäre es da nicht besser, die Finanzierung zu splitten: Crowdfunding für die kleineren Beträge (die Möglichkeit zu großen Spenden kann es ja trotzdem geben), klassisches Sponsoring für Akteure, die mehr geben können/wollen?

  2. @Michael: mmmh, da sind wir gleich bei einem ganz wichtigen Punkt, nämlich der Frage, wie wir Crowdfunding verstehen? Für Dich steht, wenn ich es richtig verstehe, die ideelle Unterstützung im Vordergrund, die dann darüber hinaus auch zu einer Art Kleinspende führt. Für mich bietet Crowdfunding die Möglichkeit, das finanzielle Risiko einer Produktion zu minimieren, d.h. ich stelle die Finanzierung schon vor Produktionsbeginn sicher. Handelt es sich um ein digitales Produkt, dann bietet es sich in meinen Augen an, das Produkt auf diese Weise zu vertreiben, also einen Film oder auch Musik. Für eine Theaterproduktion kann das dann auch durchaus das Ticket sein, ich muss nur gerade in einem solchen Fall Alternativen anbieten, weil es sich um ein ortsgebundenes Angebot handelt. Für mich ist die Unterscheidung, die Du erwähnst, nicht wichtig, weil ja alle eine konkrete Gegenleistung erhalten.

    In Deinem Fall sieht das etwas anders aus, da macht so eine Trennung vermutlich Sinn, Du darfst dann aber auch nur einen Teil des Projektbudgets crowdfunden, damit Du im Sponsoringbereich freie Hand hast und nicht an den Zeitrahmen der Crowdfunding-Kampagne gebunden bist.

    1. @Christian: Das kann man in der Tat auf ganz verschiedene Weise handhaben. Dein Modell macht für sich betrachtet Sinn. Die Frage scheint mir nur, welche Rolle dabei die Erwartungen der potenziellen Teilnehmer an der Aktion spielen, man könnte sagen: die Kultur des Crowdfunding. Für mich – aber das ist zunächstmal ein subjektive Wahrnehmung – stand das immer unter dem Motto: Wir steuern alle etwas bei und freuen uns daran, das ein tolles Projekt realisiert werden kann. Kann aber sein, dass ich das nicht richtig einschätze, weil ich soviel nun auch noch nicht damit zu tun hatte. Wenn man aber ans große Publikum denkt (die stART12 ist da weniger gemeint), wenn also viele angesprochen werden, die von Crowdfunding noch wenig wissen, könnten solche Einstellungen schon zum Tragen kommen. Wäre spannend zu wissen, welches Image diese Art der Finanzierung hat.

  3. @Michael: das stimmt, vermutlich gibt es wirklich verschiedene Kulturen des Crowdfunding. Bei einer CD-Produktion ist den meisten vermutlich klar, dass das so eine Art Vorauskasse ist. Bei einem Vermittlungs- oder Theaterprojekt ist die Motivation, es zu unterstützen, eher eine andere. Das heißt, ich muss mir über die Motivation meiner potenziellen UnterstützerInnen Gedanken machen. Wichtiger Punkt, danke!!

  4. Michael Müller spricht einen wichtigen Punkt an, über den ich mich bei manchen Projekten wundere: Das Verhältnis von Spende und Gegenleistung. Ich habe, gerade unter Autoren, schon Beispiele gesehen, wo die Kosten der Gegenleistung die Spende vollkommen auffressen. Das kann es irgendwie nicht sein. Und binde ich dann Sponsoring auf der gleichen Plattform ein, explodieren die Gegenleistungen (was biete ich denn für ein Buchprojekt auf den Spitzenplätzen?)
    Splitting halte ich je nach Branche und Projekt (!) für recht vernünftig. Ich selbst plane gerade ein Projekt auf diese Art, das sich allerdings vorwiegend über traditionelles Sponsoring finanzieren soll. Und die Sponsoren hocken weder im Internet noch wollen sie groß in die Öffentlichkeit. Meine Frage ist deshalb auch noch ungeklärt: Kann ich via Crowdsourcing solche Sponsorengruppen plötzlich erweitern oder sollte man besser säuberlich trennen?

  5. @Petra: das sehe ich auch so. Wenn die Gegenleistung zusätzlichen Aufwand erfordert, dann muss die in Relation zum Geldbetrag stehen, der in das Projekt investiert wird.

    Das Thema Sponsoring ist in diesem Zusammenhang nicht so einfach zu beantworten. Ich denke, Sponsoringpakete über eine Crowdfunding-Plattform anzubieten ist dann sinnvoll, wenn sich der Sponsorgeber möglichst viel Aufmerksamkeit erhofft. Möchte er das nicht oder kann er die Aufmerksamkeit auf der Plattform oder auf den diversen Social-Media-Plattformen nicht nutzen, dann macht dieser Ansatz vermutlich wenig Sinn.

    Interessant ist dieses Thema vermutlich für Sponsoringpakete, die im Bereich 500 bis 1.000 Euro liegen. Hier kann ich als ProjektinitiatorIn sehr öffentlichkeitswirksam auf meine Angebote verweisen. Bei größeren Paketen bin ich mir nicht sicher, ob ich dafür die Crowdfunding-Plattform nutzen würde.

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