Wenn ich heute Kultureinrichtungen frage, ob sie im Social Web zu finden sind, bekomme ich immer häufiger ein selbstbewusstes “ja klar” zu hören. Und es stimmt, die Zahl derer, die auf Facebook, Twitter und all den anderen Kanälen vertreten sind, steigt von Monat zu Monat. Ich denke, die Verantwortlichen spüren, dass sie am Thema Social Media nicht vorbeikommen.
Aber wie sollen sie damit umgehen? Von allen Seiten hören sie zwar, wie wichtig die Kommunikation im Social Web ist, aber auf die Frage, was das denn nun wirklich bringt, bekommen sie meist ausweichende Antworten und den Hinweis, dass sich das nicht so einfach sagen lässt. Für jemanden, der mit einem ständig knapper werdenden Budget arbeiten muss, ist das keine befriedigende Antwort und so wird Social Media eher geduldet als aktiv betrieben.
Es gilt, die Führungsebene in den Kulturbetrieben davon zu überzeugen, dass Social Media für deren Zukunft von strategischer Bedeutung ist. “Solange wir nicht die Politik und die Leitungsebenen der Institutionen und Organisationen überzeugen, können wir nichts erreichen,” schreibt Christoph Deeg und Christian Holst konstatiert eine “erstaunliche Diskrepanz (.) zwischen der Begeisterung und dem Ideenreichtum, mit der Einzelne sich den Social Media Aktivitäten einer Einrichtung widmen und der praktisch nicht vorhandenen ‘Management attention’ für dieses Thema”.
Der Return on Investment hilft, die Social Media Aktivitäten zu quantifizieren
Aus diesem Grund ist es auch eines der wichtigsten Ziele der stARTconference, das Thema Social Media fester in den Führungsetagen der Kulturbetriebe zu verankern. Wie aber soll das funktionieren, wenn wir uns bei der Frage, was Social Media denn nun konkret bringe, meist bedeckt halten und uns mit Händen und Füßen dagegen wehren, vom Return on Investment zu sprechen? Glaubt man Nichole Kelly, dann lassen sich Chefs nur dann überzeugen, wenn sie wissen, zu welchen Ergebnissen ihre Investitionen führen. In ihrem Blogpost “5 Reasons You Should Measure Social Media Return on Investment” hält sie fest: “it’s important to be able to show quantifiable results from your efforts.”
Und weil es diese quantifizierbaren Resultate meist nicht gibt, räumen nur die wenigsten Chefs dem Thema Social Media die höchste Priorität ein, so Kelly weiter. Warum aber wehren wir uns gegen messbare Ergebnisse, warum wehren wir uns gegen den Return on Investment (ROI) bzw. was verbirgt sich eigentlich dahinter? Wikipedia beschreibt ihn als “ein Modell zur Messung der Rendite einer unternehmerischen Tätigkeit, gemessen am Gewinn im Verhältnis zum eingesetzten Kapital.”
Für Dag Holmboe dient der ROI dazu, die Effizienz eines Investments mit Hilfe der folgenden Formel darzustellen:
“ROI = (return – investment) / investment %.”
Diese Formel lässt sich, so Holmboe in seinem Blogpost “A Simple Way to Calculate Social Media Return on Investment” leicht auf Social Media übertragen. Wir investieren Geld in unsere Social Media Aktivitäten und sehen am Ende, ob uns die Social Media Kampagne finanziell etwas gebracht hat. Spätestens hier beginnen die Schwierigkeiten, denn nicht nur Holmboe fragt sich: “The social media investment is clearly defined, but how do you define the social media return and how do you attach a dollar value to the return?”
Die Herausforderung besteht darin, die richtigen Kriterien zu finden
Wie kann der “return” aussehen? So lassen sich etwa durch eine Social Media Kampagne die Verkaufszahlen steigern oder ich erfahre mehr über meine Kunden. Die Herausforderung besteht nun darin, die Ergebnisse meiner Aktivitäten quantifizierbar zu machen, d.h. ich muss eindeutige Kriterien finden, um der Investition auch einen Ertrag gegenüberstellen zu können. Geht es um Ticketverkäufe, gilt es herauszufinden, wer auf Grund meiner Social Media Aktivitäten ein Ticket erworben hat. Möchte ich mehr über meine Kunden erfahren, muss ich mir vorab überlegen, was ich von ihnen wissen will.
Bleiben wir bei den Ticketverkäufen. Ich stecke Geld in Social Media und verkaufe auf diese Weise eine bestimmte Anzahl von Tickets. Feststellen lässt sich das zum Beispiel, indem ich den UserInnen auf Facebook, Twitter oder meinem Blog einen speziellen Code gebe oder sie eine spezielle Landingpage ansteuern lasse. Am Ende sehe ich, welche Investitionen nötig waren, um eine bestimmte Anzahl Tickets zu verkaufen. Jetzt kommt der entscheidende Punkt: auf diese Weise kann ich die Kosten pro verkauftem Ticket (via Social Media) errechnen. Das hilft mir aber nur dann weiter, wenn ich weiß, welche Kosten entstehen, wenn ich Tickets über andere Kanäle verkaufe. Also etwa: was kostet ein Inserat, wie viele Tickets lassen sich so verkaufen und welche Kosten fallen pro verkauftem Ticket an?
Nur der Vergleich macht mich sicher
Sie sehen, der ROI bringt mir nur was, wenn ich in anderen Bereichen meine Hausaufgaben gemacht habe. Wer nach dem ROI von Social Media fragt, möchte wissen, ob ihm die Aktivitäten im Social Web mehr bringen als etwa eine Plakataktion? Das heißt, es geht um Effektivität. Ob nun die Social Media Aktivitäten oder die Plakatkampagne am effektivsten sind, hängt von der Effizienz der beiden Maßnahmen ab. In dem Fall muss ich herausfinden, wo der ROI der höhere ist: bei der Plakatkampagne oder meinen Social Media Aktivitäten? Kenne ich beide, lässt sich das leicht bewerten und ich kann auf dieser Grundlage weitere strategische Entscheidungen treffen, indem ich entweder nur auf Plakate oder Social Media setze. Oder ich entscheide mich für eine Mischung beider Maßnahmen.
Sie sehen, wenn Sie einfach nur nach dem ROI von Social Media fragen, bringt Ihnen das relativ wenig. Sie erfahren zwar die Kosten pro verkauftem Ticket, aber Ihnen fehlt der Vergleich und damit die Chance zu erfahren, ob Social Media Ihnen etwas nützt oder nicht.
Die Herausforderung besteht darin, den ROI berechnen zu können und das geht nur, wenn es Kriterien gibt, auf deren Grundlage sich der “return” quantifizieren lässt. Wer einfach nur drauf los twittert oder bloggt und sich lediglich über viele Follower oder Kommentare freut, wird nie erfahren, ob ihm das finanziell was bringt und ist damit vom Thema ROI weit entfernt.
Das Beispiel Ticketverkäufe ist vermutlich noch die leichtere Übung. Nehmen wir mal an, Sie wollen mehr über Ihre Kunden bzw. potenzielle Kunden erfahren. Auch hier müssen Sie nicht nur entsprechende Kriterien finden, sondern die darauf basierenden Zahlen vergleichbar machen. Die Information, dass bestimmte Informationen über 100 UserInnen die Summe X kosten, bringt Ihnen nur dann etwas, wenn Sie Kosten und Ertrag mit einer anderen Herangehensweise vergleichen können. Fehlt Ihnen dieser Vergleich, wissen Sie nicht, ob Social Media sich dafür besser eignet als andere Ansätze. Und genau diese Information braucht aber, wer über zukünftige Budgets entscheidet.
Es lohnt sich also, zu Beginn der Social Media Aktivitäten klar die Ziele zu benennen und sich anzuschauen, ob sie sich auch auf andere Weise erreichen lassen und wenn ja, welche Kosten dabei anfallen. Ansonsten ist die Frage nach dem ROI eigentlich sinnlos.
Ich habe das Thema hier sehr schematisch dargestellt, denn meist geht es ja nicht um die Frage entweder oder, sondern um die richtige Kombination verschiedener Ansätze. Das entbindet mich aber nicht von der Pflicht, die jeweiligen Ziele, die dafür notwendigen Kriterien und die damit verbundenen Kosten zu kennen.
Titelfoto: “Calculator” von Bc. Jan Kaláb (CC BY-SA 2.0) auf Flickr
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