Konversionen: der lange Weg durch das Social Web


© Rainer Sturm / Pixelio

Oft erzählen mir Kultureinrichtungen, dass sie im Social Web aktiv werden wollen oder es bereits sind, weil ihnen der Dialog dort wichtig ist und sie so auch mit neuen Zielgruppen ins Gespräch kommen können. Daran ist nichts auszusetzen, allerdings hat die Sache einen Haken: Was bringen die Gespräche mit den alten und/oder neuen Zielgruppen? Meist hakt es an dieser Stelle. Wer jetzt nach konkreten Ergebnissen fragt, wird darauf hingewiesen, dass es hier um ganz andere Qualitäten gehe.

Das stimmt an genau dieser Stelle auch, aber denken wir doch mal einen Schritt weiter: Social Media kostet Geld und steht den Kulturbetrieben nur begrenzt zur Verfügung. Mit diesen begrenzten Mitteln muss aber der ganze Apparat finanziert werden, was bedeutet, dass die Verantwortlichen jeden Euro zweimal umdrehen, bevor er dann auch wirklich ausgegeben wird. Angenommen, Sie wissen, dass Sie mit einem Inserat die Zahl der BesucherInnen um rund 10% erhöhen können. Wenn Sie nun einige Wochen später vor der Entscheidung stehen, das Geld entweder wieder für ein Inserat auszugeben oder für Social Media-Aktivitäten, bei denen es heißt, dass die Qualität der Gespräche im Web zwar sehr gut sei, aber man nicht sagen könne, ob das mehr BesucherInnen bringe, wofür werden Sie sich entscheiden? Möchten Sie auf der sicheren Seite sein, entscheiden Sie sich für das Inserat. Interessant wird die Sache, wenn nun jemand ankündigt, man plane Social Media in die Bereiche Marketing, PR und Kundendienst zu integrieren und strebe eine Erhöhung der BesucherInnenzahl um 15% an.

Aber führen ein paar nette Gespräche wirklich zu mehr BesucherInnen? Kann man sagen: Ich investiere eine bestimmte Summe in Social Media, führe ein paar nette Gespräche und habe dann am Ende 15% mehr BesucherInnen? Sicher nicht, denn der Weg von der Ausgabe für Social Media-Aktivitäten zu den höheren Einnahmen durch mehr BesucherInnen besteht vermutlich aus mehr Schritten als diesem einen. Die Aufgabe ist es, diesen „Weg“ zu entwickeln und dafür zu sorgen, dass möglichst viele Menschen diesen Weg gehen und am Ende zur höheren BesucherInnenzahl beitragen.

Der Unterschied zwischen Makro- und Mikro-Konversionen

Im Marketing spricht man in diesem Zusammenhang von Konversionen und versteht darunter die Veränderung des Status Quo einer Zielperson, die sich etwa vom Interessenten in einen Kunden verwandelt. In seinem Blogpost „Small is the New Big: How Small Conversions Equal More Sales“ macht Danny Iny klar, dass wir dabei zwischen Mikro- und Makro-Konversionen zu unterscheiden haben. Auf der Makroebene wird beispielsweise aus der UserIn, die meine Facebookseite besucht, eine zahlende BesucherIn. Dieser Weg besteht aber aus lauter kleinen Schritten, den Mikro-Konversionen und einer davon ist unter anderem das oben angesprochene Gespräch. Aber da ist eben nicht nur das Gespräch, sondern es gilt herauszufinden, wie die Konversionsschritte aussehen, die aus der BesucherIn meiner Facebookseite eine BesucherIn meiner Veranstaltung machen.

Aber: „Mapping out your customer’s paths to purchase is a great start, but the work isn’t done yet, because your map isn’t reality – it’s just your best guess about what reality might look like“, schreibt Iny und weist darauf hin, dass es im nächsten Schritt darum geht, mit Hilfe empirischer Daten zu überprüfen, ob die Annahmen auch zutreffen. Womit wir beim Monitoring und der Suche nach den passenden Messgrößen sind. Die Analyse der Kennzahlen ist dann die Grundlage für alle weiteren Entscheidungen, denn „if you find that a certain step in the process is critical to making the sale, then explore ways of funneling more people to that step“, so der Autor.

Die größte Herausforderung ist es aber, die richtigen Kennzahlen zu finden, um den Weg eines Facebook-Fans zum zahlenden Besucher abbilden zu können. Das ist ein langer Weg, aber wer sich an den Rat von Beppo Straßenkehrer in Michael Endes Buch „Momo“ hält, der hat gute Chancen, dieses Ziel zu erreichen.


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8 Antworten zu „Konversionen: der lange Weg durch das Social Web“

  1. Ich habe von meinem Neffen mit Erstaunen gehört, dass es während seines Studiums den Kurs „Small Talk“ gab, den er auch belegt hat.
    Sehr sinnvoll ist das nicht nur für das Netz!

  2. Der Rat von Beppo Strassenkehrer ist sehr, sehr weise!

    Manchmal denke ich mir:
    Dieser ganze Riesenaufwand, der beim Planen der Transmedia-Aktivitäten antizipiert wird…
    – dieses ganze Mapping und Monitoring und das voranzugehenhabende Exploring des Integrating des Funneling ins Marketing, um überhaupt durch ein Measuring des Purchasing eine Conversion des PR-Strategycing zu triggern… –
    … – wenn man diese ganze Bürokratie mal beiseite kehrt, und einfach nur anfängt, mit den Leuten auf twitter oder FB zur reden…
    – dann kann das doch nicht sooooo teuer sein…

    Aber das sind nur die naiven Gedanken von einem, der schon müde ist und als nächstes einfach nur ins Bett geht, um morgen ausgeruht zu sein.

    ;-) ;-) ;-)

  3. @Spoxx: auf Beppo Strassenkehrer komme ich immer wieder gerne zurück, für größere Projekte gibt es keinen besseren Rat. Und darum handelt es sich auch bei Transmedia Storytelling oder Social Media Marketing. Dein Kommentar erinnert mich an meine Anfänge, wo es einfach darum ging, via Blogkommentar mit anderen zu reden. Twitter und Facebook gab es noch nicht und von Strategien hat auch niemand geredet.

    Vielleicht kommen wir gerade an den Punkt, wo wir darauf achten müssen, nicht den Spaß an Gesprächen zu verlieren? Denn ohne diesen Spaß hilft die beste Strategie nichts. Insofern war das gar kein naiver Gedanke von Dir, sondern einer, der sehr wertvoll ist. ;-)

    1. Gegenwärtig werde ich auch immer skeptischer, wenn es um die Frage geht, wie man „Entscheider“ vom Nutzen guter Social Media Aktivitäten überzeugt.
      Zugespitzt gesagt: wenn die Entscheider nicht selbst schon positive Erfahrung mit den sozialen Medien haben; wenn sie nicht selbst mit Spass diese Dinge nutzen; wenn sie in einer der weitverbreiteten Vorurteile stecken: „Zeitfresser…“ oder „Kinderkram…“ oder (schlimmer noch) „Internet? – gefährlich! gefährlich!…“ – dann werden auch die ausgefeiltesten Marketinganalysen und -Konzepte nicht überzeugen. Denn es geht um die eigene innere Haltung diesen neuen Medien gegenüber. Da gibt es so viele tief liegende Ängste, Aversionen, auch z.T. Aggressionen – man WILL garnichts damit zutun haben – da kann man mit rationaler Argumentation nicht sehr weit kommen (oder bleibt an der Oberfläche).
      Vielleicht kommt man einfach wieder zurück zu der Feststellung: The Digital Divide is the Digital Divide is the Digital Divide. Man kann die Leute nicht ‚rübertragen. Sie müssen selbst Spass an der Sache finden.

  4. @Spoxx: da bin ich anderer Meinung. Die Entscheider müssen nicht unbedingt die richtige Haltung zu Social Media haben, sie müssen nur verstehen, dass sie davon profitieren können. Belegen lässt sich das mit Zahlen. Wenn ich sehe, dass meine Zugriffszahlen im Blog steigen und parallel dazu die Zahl der Aufträge zunimmt, dann vermute ich dahinter einen Zusammenhang. Beweisen lässt er sich, indem ich frage, wie jemand auf mich gekommen ist.

    Ähnlich funktioniert es auch in Kultureinrichtungen. Ein Entscheider, der Social Media versteht, ist zwar kein Nachteil, aber es reicht, wenn er die Vorteile von Social Media sieht und sein Ok gibt. Schwierig wird es nur, wenn ihm alle sagen, den Erfolg von Social Media könne man nicht messen. Sei ehrlich: Wenn Du 1.000 Euro hast, um Dein nächstes Projekt zu bewerben und Dich zwischen zwei Varianten entscheiden musst, dann nimmst Du nicht die, wo es heißt, der Erfolg lasse sich nicht feststellen. Gespräche und Interaktion sind zwar wichtig, aber sie sind dem geschäftlichen Ziel unterzuordnen, als Selbstzweck lasse ich sie nur zu privaten Zwecken durchgehen.

    Dass es Aversionen und Ängste gibt, glaube ich auch. Aber umso wichtiger sind Zahlen, denn die Sprache kennen die Entscheider in der Regel, oder?

    1. @Christian, dem will ich auch nicht grundlätzlich widersprechen. Und ich denke auch, wie du, dass es wichtig ist, die Zusammenhänge zwischen Kommunikationsverhalten und messbarem Nutzen zu erforschen und zu beobachten. –
      Nur habe ich halt, erst kürzlich wieder, die Erfahrung gemacht, dass Entscheider einer Einrichtung an mich herangetreten sind mit dem Wunsch „was mit Video“ zu machen, und zwar ausdrücklich in Zusammenhang mit Social Media, weil sie gehört haben, dass das so toll ist. Der Wille war gross, das Konzept, das ich vorlegte, hat breite Zustimmung genossen… – in der Theorie…
      – Denn je näher der praktische Schritt in die Öffentlichkeit kam, je klarer wurde, dass man da halt jetzt ein twitter- und ein FB-Account braucht, wo dann Leute anfangen zu reden… – desto deutlicher wurde für mich spürbar, wie Unsicherheit und Angst aufkam: und zwar nicht bei den unmittelbar Beteiligten, die das Ganze umsetzen sollten (und Erfahrung hatten mit Social Media), sondern in der Ebene darüber, bei den ursprünglichen „Entscheidern“, die eben selbst Resentiments hatten und für sich persönlich „die Finger davon“ lassen wollten… – und eben deshalb keine konkrete Vorstellung davon hatten, was da eigentlich abgeht… – Und schliesslich war das Unbehagen über jenes Unbekannte, was da auf sie zukam viel stärker geworden als die schon zuvor eigentlich akzeptierten rationalen Argumente… –
      Schliesslich wurden wir uns einig darin, das Projekt abzubrechen. Und der Grund war eben nicht, dass man den Ansatz nicht verstanden hätte oder eine „günstigere“ Möglichkeit gesehen hätte. Wörtlich: „Wir wissen, dass das richtig ist. Wir wissen, dass das kommt. Wir wissen, dass wir da nicht drumrumkommen. – Aber, ich glaube, wir sind noch nicht soweit.“
      Das kann man dann einfach nur akzeptieren – und da hilft dann auch kein Argument und keine Analyse mehr.

  5. Das stimmt, gegen den Willen der Führungsetage kann man und sollte man gar nichts machen. Auch Social Media nicht. Ich versuche halt immer genau die einzelnen Schritte und die Grundprinzipien zu erklären. Aber auch damit komme ich nicht immer durch und lasse es dann halt bleiben. Es müssen ja auch nicht alle Social Media machen. ;-)

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