Auf der Suche nach dem Publikum: „Pitch your Friends“


© Gerd Altmann ; Pixabay

In den Vorzeiten des Internets, als ich gerade begonnen hatte, als „Kulturmanager“ zu arbeiten, ging es natürlich auch um das Thema Sponsoring. So wie alle anderen auch stellte ich mir die Frage, wie ich denn nun an die geldgebenden Unternehmen herankommen könnte? Nachdem ich das gemacht hatte, was viele vermutlich kennen: möglichst viele Unternehmen anschreiben und hoffen, dass man bei einem oder zwei Glück hat, ich aber kein Glück hatte, begann ich die Strategie zu wechseln. Ich merkte, dass es sehr schwer ist, jemanden, den man nicht kennt, von etwas zu überzeugen, das für das Unternehmen nicht unbedingt überlebensnotwendig ist. Also begann ich Menschen, in dem Fall UnternehmerInnen kennen zu lernen, in dem ich dorthin ging, wo sie zu finden waren. Mein Vorteil: Ich war selbst Unternehmer und hatte Zugang zu den zahllosen Informationsveranstaltungen, die einem in diesem Fall angeboten werden.

Die Themen waren egal, mein Ziel war es, dort mit fünf UnternehmerInnen ins Gespräch zu kommen, zu erfahren, was sie machen, erzählen, was ich mache und am Ende die Visitenkarten auszutauschen. Dann hatte ich mein Ziel erreicht und durfte, so ich wollte, nach Hause gehen. Oft wurde ich im Verlauf dieser Gespräche gefragt, was ich denn von ihnen wolle und sah in erstaunte Gesichter, wenn ich sagte: nichts.

Diese Kontakte haben mir später in Sachen Sponsoring sehr geholfen und ich glaube, dass es auch heute noch Sinn macht, erst zu jemandem eine Beziehung aufzubauen und dann eine Kooperation zu beginnen oder jemanden um einen Gefallen zu bitten. Dieses „auch heute noch“ gilt auch für das Internet, speziell für das Social Web. Wir alle werden ständig auf irgendwelche Angebote hingewiesen, unzählige Kultureinrichtungen machen uns auf ihre Veranstaltungen aufmerksam und eigentlich nervt es, vor allem dann, wenn der Bezug fehlt oder die Veranstaltung am anderen Ende der Welt stattfindet.

Stop Pitching Strangers on the Internet“ hat Marshall Kirkpatrick sein aktuelles Blogpost überschrieben und zielt damit genau in diese Richtung. Uns werde immer empfohlen, schreibt er, sich an die Influencer zu wenden, um die Reichweite im Social Web und die Sichtbarkeit der eigenen Angebote durch deren Ankündigung zu erhöhen. In seinen Augen ist das kein guter Ratschlag,

„because the playing field is full of desperate strangers cold-pitching online heavyweights“.

Denn, so fährt er fort, wir würden ja auch nicht auf eine Party gehen und dort laut fragen, wer hier am bekanntesten von allen sei, um diese Person dann aufzufordern, allen anderen etwas über uns und unsere Angebote zu erzählen.

Stattdessen sollten wir uns genügend Zeit nehmen, um Beziehungen aufzubauen, die dann auch länger Bestand haben und weit über die Bitte, Dritten etwas über die kommende Veranstaltung zu erzählen, hinausgehen. Wer diesen Weg geht, landet nicht sofort bei den Top-Influencern, aber er ist auf dem besten Weg, selbst einer zu werden, denn gute Inhalte zu haben und über ein tragfähiges Netzwerk zu verfügen, sind die besten Voraussetzungen, um sich in einem Bereich zu etablieren. Es ist vor allem ein Weg, um aus guten Inhalten relevante Inhalte werden zu lassen, denn ohne die persönliche Kommunikation und den Aufbau von Beziehungen ist es zwar durchaus möglich, Menschen zu erreichen und auch zu interessieren. Aber er ist wie beim Sponsoring. Natürlich kann man Glück haben und einen Unterstützer finden. Nachhaltiger ist aber das, was Kirkpatrick empfiehlt: „Pitch your friends online.“ Jetzt muss man nur welche haben. ;-)


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Kommentare

3 Antworten zu „Auf der Suche nach dem Publikum: „Pitch your Friends““

  1. Lieber Christian,

    ich stimme dir zu. Aber was Du beschreibst ist nichts anderes, als die Erkenntnis, das auch in der digitalen Welt versuchen sollte langfristige Beziehungen aufzubauen, was bedeutet zu zu hören und auf Augenhöhe zu kommunizieren. Hier sehe ich aber auch eine große Verantwortung bei uns Beratern. Wir haben einen Einfluss darauf, ob unsere Kunden sich für eine Marktschreier-Kurzfristigkeits-Kampagne entscheiden oder ob es um einen langfristigen Plan geht. Denn bei letzterem geht es um Geduld und Zeit und nicht um 10000 Follower in 30 Tagen.

    Beste Grüße Christoph Deeg

  2. @Christoph: Ja, das sehe ich so wie Du. Natürlich spielen Inhalte und die Frage, wie wir sie aufbereiten, eine wichtige Rolle. Aber Qualität alleine entscheidet in der Regel nicht darüber, ob ein guter Inhalt für mich zum relevanten Inhalt wird. Dazu bedarf es Überzeugungskraft und Begeisterung im persönlichen Gespräch. Ein Posting auf einer FB-Seite reicht da nicht.

    Klar haben die Berater da eine recht große Verantwortung und genau deshalb wehre ich mich auch dagegen, dass wir ständig von Social Media-Strategien sprechen. Dahinter verbirgt sich schon der erste Denkfehler. Es geht nicht so sehr um Kampagnen, sondern um eine Unternehmenskultur, die Raum lässt für direkte Gespräche nach innen und nach außen. Das haben wir mal gekonnt, aber im beruflichen Kontext anscheinend verlernt.

  3. […] “Pitch Your Friends” war eines meiner Blogposts im August überschrieben. Während die Kulturbetriebe damit noch Probleme haben, Beziehungen aufzubauen und auf diese Weise Interesse an ihrer Arbeit zu wecken, funktioniert das im Umfeld von Kunst und Kultur schon recht gut. […]

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