Der (schwierige?) Umgang mit KünstlerInnen

Gleich zwei Blogs haben in den letzten Tagen festgestellt, dass der Umgang mit KünstlerInnen nicht immer einfach ist. Der unkultur-Blog hat sich dabei die Beziehung zwischen KünstlerInnen und KulturmanagerInnen angeschaut und im ersten von zwei Beiträgen herausgefunden, dass es verschiedene Arten von KünstlerInnen gibt. Da sind diejenigen,

“die äusserst organisiert, strukturiert und pünktlich sind, sich vorzüglich vermarkten, sich selbst trotz alldem treu bleiben und wunderbare Kunst schaffen”.

Deren Gegenteil wird dann so beschrieben:

“Chaotisch, unorganisiert, unkommunikativ, unzuverlässig, egozentrisch, impulsgetrieben und angeblich nur durch all diese Eigenschaften fähig, inspiriert zu arbeiten”.

Hiervon gibt es noch eine Untergattung, die in dem Beitrag so beschrieben wird:

“Solange es um ihre Kunst geht, sind sie äusserst eloquent, strukturiert und diszipliniert. Sobald es aber um etwas Organisatorisches geht – im Zusammenhang mit ihrer Kunst, was sie jedoch ignorieren – mutieren sie urplötzlich, von einer Minute auf die andere, zu wortkargen wenn nicht stummen, chaosbejahenden, unberechenbaren, narzisstischen Wesen”.

Heraus kommt am Ende der unverstandene Künstler (eher selten die unverstandene Künstlerin, oder?), der sich nun darin gefällt, die entsprechenden Klischees zu bedienen. Auf welche Weise er das tut, wird dann im zweiten Teil des Beitrags recht anschaulich beschrieben.

Thomas Scheuer hat in einem Beitrag seines Dienstleistungsmarketing-Blog die Beziehung von KünstlerInnen zu ihren “Kunden angesprochen. Im Rahmen eines Seminars erklärte ihm eine Künstlerin, dass Marketing als “Verpackung” die KundInnen täuschen könne, weshalb es eigentlich kein Marketing bräuchte.

Scheuer hält diesen Ansatz für falsch, denn “das Sichtbare ist für unser Gehirn immer Indikator für die unsichtbare Leistung”. Da wir häufig nicht über die nötige Fachkompetenz haben, um verschiedene Leistungen miteinander zu vergleichen, erfolgt die Auswahl eben meist über die “Verpackung”. Scheuers Schlussfolgerung:

“Schon komisch irgendwie – die Einrichtungen jammern weil die Budgets eingeschmolzen werden. Auf der anderen Seite sind sie aber aufgrund ihres grenzenlosen Idealismus nicht bereit, auf potenzielle Kundschaft zuzugehen und neue Märkte aufzutun. Als Künstler verstehen sie sich nicht als ‘Dienstleister’ – und ‘Kunden’ haben sie schon gar nicht. Dabei würde das eine das andere nicht ausschließen.”

Ich kann das, was in beiden Blogs über KünstlerInnen geschrieben worden ist, aus eigener Erfahrung bestätigen. Eine Einschränkung möchte ich aber machen. Solche Verhaltensweisen legen Menschen an den Tag, nicht KünstlerInnen. Ich kenne nämlich auch genügend Beispiele aus anderen Bereichen, in denen man selbiges erleben kannmuss.

Das soll jetzt aber keine Rechtfertigung sein, ganz im Gegenteil. Ich habe auch so meine Probleme mit Menschen, die ihr teilweise einfach nur schlechtes Benehmen als schöpferische Quelle zu legitimieren versuchen, auf der anderen Seite aber die Worte Toleranz und Rücksichtnahme nicht kennen. Aber wie gesagt: das ist das Problem einzelner Personen.

Zurück zu den beiden Beiträgen, die ja KünstlerInnen als Teil eines Marktes sehen, den ebendiese oftmals ablehnen. Ich denke, ich als KünstlerIn muss selbst entscheiden können, ob ich mich meinem Verständnis nach auf einem Markt bewege oder ein anderes Modell wähle. Das ist zu respektieren. Problematisch ist es aber, wenn KünstlerInnen den Markt per se als etwas Schlechtes abtun und alle, die sich auf ihm bewegen, verurteilen. Leben und leben lassen müsste da eigentlich die Devise lauten.


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Kommentare

8 Antworten zu „Der (schwierige?) Umgang mit KünstlerInnen“

  1. So viel Aufmerksamkeit für meine lustige kleine Geschichte!

    Was ich noch beifügen möchte: Wenn ein Künstler einen Kulturmanager in Anspruch nimmt, dann hat er bereits dadurch akzeptiert, ein Teil des Marktes zu sein. So sehe ich das jedenfalls. Wenn er sich nicht mit dem Markt abgeben will, soll er sich auch nicht mit Kulturmanagern abgeben.

    Und zu Deiner Anmerkung “eher selten die unverstandene Künstlerin, oder”: Tatsächlich habe ich bis jetzt mehr männliche Exemplare dieser Gattung kennengelernt. Zufall?

  2. Mir kam die “Geschichte” irgendwie bekannt vor, daher habe ich aufgemerkt. :-)

    Nein, ich glaube nicht, dass es zufällig eher die Künstler und nicht die Künstlerinnen betrifft. Unter Umständen neigen Männer eher dazu, in so einer Situation anderen die Schuld zu geben, Frauen suchen die Fehler zuerst bei sich selbst. Aber ob es das wirklich ist? Keine Ahnung. Bei mir waren es bis jetzt auch vor allem Männer…

  3. Natürlich legen nicht nur Künstler egozentrische, divenhafte Allüren an den Tag, aber ich denke schon, dass sie besonders gefährdet sind. Und zwar, weil sie ihre künstlerischen Entscheidungen und künstlerischen Aussagen i.d.R. nicht argumentativ verteidigen können. Das liegt in der Natur der Sache. Also brauchen sie andere Mittel und Wege sich durchzusetzen. Dazu kommt: wer so viel von sich preis gibt, wie Künstler das tun, der muss sich selbst natürlich furchtbar wichtig nehmen. Ein Sänger z.B. stellt ja nicht nur seinen Gesang zur Diskussion, sondern zu einem guten Stück sich selbst als Person. Das braucht ein gehöriges Rückgrat und sei es eben durch Allüren künstlich verstärkt.

  4. Das heißt, je mehr ich mich in meiner Arbeit “offenbare”, desto eher baue ich mir so etwas wie einen Schutzwall auf?

  5. Ja, das glaube ich schon. Es ist dann ein Versuch, alle Unsicherheitsfaktoren, die man in den Griff bekommen kann, auch tatsächlich in den Griff zu bekommen. Es sind ja in der Regel auch nicht gleich ganz schlimme Allüren, aber meine Beobachtung ist, dass der Künstlerberuf jede Menge persönlicher Kränkungen enthält und sei es die, dass der Kollege freundlicheren Applaus erhält oder im neuen Stück besser besetzt ist. Das ist ein sehr sensibles Gebiet und insofern bin ich zwar genervt von anstrengenden Künstlern, kann es ihnen aber irgendwie auch nachsehen.

  6. Das leuchtet mir ein. Und in der Regel erleben wir ja die Extreme äußerst selten.

    Mir stellt sich jetzt die Frage, ob diese persönliche Involviertheit nötig ist, um die entsprechende Qualität zu liefern oder ob es nicht unter Umständen hilfreich sein kann, als KünstlerIn Strategien zu entwickeln, um eben nicht persönlich gekränkt zu sein?

    So wie z.B. der Coach, der sich ja auch in irgendeiner Form schützen muss.

  7. Also beim Sänger oder Schauspieler finde ich es besonders augenfällig: der kann praktisch nicht unterscheiden, zwischen dem, was er macht und dem, was er ist. Insofern gibt es da die persönliche Involviertheit besonders stark. Beim Maler oder auch Regisseur ist das anders, die haben ein fertiges “Produkt”, das nicht so unmittelbar an ihre Person gekoppelt ist und sind nicht so exponiert.

    Du denkst jetzt an so etwas wie z.B. Supervision? Ist vielleicht eine Idee. Ich denke, es ist eine zentrale Aufgabe der Institutionsleitung, für ein möglichst gutes Klima für die Künstler zu sorgen. Ein befreundeter Dramaturg bezeichnete sich immer gerne als Befindlichkeitsmanager. Das ist, finde ich, eine ganz gute Bezeichnung. Das Problem bleibt natürlich, dass man es nie allen recht machen kann.

  8. Christian, der Begriff “Befindlichkeitsmanager” gefällt mir ganz gut und trifft den Kern des Problems.

    Ja, Supervision könnte so ein Ansatz sein. In der Ausbildung scheint so etwas kein Thema zu sein. Zumindest habe ich auf den einschlägigen Websites nichts entsprechendes gefunden. Weiß wer, ob so etwas irgendwo thematisiert wird?

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