Hanspeter Gautschin hat sich vor ein paar Tagen auf seinem Blog Bodeständigi Choscht darüber beklagt, dass jemand, der sein Projekt “förderungstauglich” darstellt, eher Fördergelder bekommt als das qualitativ bessere Kunstprojekt. In einem Kommentar schreibt er weiter:
“Nur erwarte ich von Fördergremien, dass sie imstande sind, unter die Verpackung zu schauen. Kultur- und Kunstsachverständige sollten sich schon von Sachverstand leiten lassen und nicht von märchenhaft formulierten Fördergesuchen.”
Ich kann diese Meinung durchaus verstehen, habe allerdings einen völlig anderen Standpunkt.
Grundsätzlich bin ich der Überzeugung, dass es heute nicht mehr genügt, “qualitativ” hochwertige Kunst (was auch immer das sein mag) zu produzieren. Wobei ich mit dem “heute” vorsichtig bin, denn wir alle wissen nicht, wieviel Kunst in der Vergangenheit in den Schubladen vergessen worden und unentdeckt geblieben ist. Und in einer Zeit, in der wir für unsere Projekte um Förderungen ansuchen, ist ein Weg, um ein Werk öffentlich zu machen, der der schriftlichen Darstellung des Vorhabens. Eben um die finanzielle Unterstützung zu bekommen.
Als KünstlerIn habe ich nun zwei Möglichkeiten: Ich verweigere mich dem ganzen Prozedere und verzichte daher auf eine mögliche Unterstützung, eben weil ich keinen Antrag schreibe. Oder ich spiele das Spiel mit, was dann heißt: ich lasse mich auf einen Wettbewerb ein, bei dem es nicht um das beste Projekt geht, sondern um die beste Beschreibung. Überspitzt formuliert.
Und an diesem Punkt verstehe ich Hanspeter Gautschin, denn plötzlich wird der Wettbewerb auf einer anderen Ebene ausgetragen. Das “bessere” Kunstprojekt verliert unter Umständen gegen das “schlechtere”. Ist das ungerecht? Ja und Nein. Ungerecht ist es, weil plötzlich ein ganz anderes Kriterium zählt. Auf der anderen Seite weiß jeder, dass es hier auch um das “sich verkaufen” geht. Bin ich als KünstlerIn darin nicht gut, habe ich immer noch die Möglichkeit, mich dabei unterstützen zu lassen.
Seien wir ehrlich: Dieses Prinzip kommt eigentlich fast überall zur Anwendung. Wenn ich als Firma ein gutes Produkt habe, dann ist der Erfolg noch lange nicht garantiert. Erst muss ich andere von der Qualität meines Produktes überzeugen, eine Aufgabe, die in der Regel von ExpertInnen übernommen wird. Und warum sollte das nicht auch für die Volksmusik gelten, die häufig sehr profitorientiert funktioniert?
Und noch ein Punkt ist mir wichtig: Ich erwarte auch, dass diejenigen, die über die Vergabe von Fördermitteln entscheiden, über einen entsprechenden Sachverstand verfügen. Aber wie sollen sie hinter die Verpackung schauen? Sie müssten sich die Kunst, die es zu beurteilen gilt, anschauen und dann “objektiv” urteilen. Über die benötigte Objektivität verfügen sie nicht, ihre Entscheidung wird also auf alle Fälle eine subjektive und damit auch eine “ungerechte” sein.
Außerdem werden die ExpertInnen sich nicht alle und alles anschauen können. Damit wäre schon wieder eine Gruppe benachteiligt. Nein, im Augenblick ist es einfach so, dass Förderentscheidungen in der Regel auf der Grundlage einer Beschreibung gefällt werden. Und dieses Spiel muss ich mitspielen, wenn ich Förderungen erhalten möchte.
Dass dieses System nicht der Weisheit letzter Schluss ist, habe ich bereits an anderer Stelle geschrieben. Mit einem System, dessen Grundlage die Förderung einzelner Projekte ist, werden wir aber wahrscheinlich nicht weiterkommen. Denn da scheitern wir ja eigentlich schon am Begriff der Qualität.
Schreibe einen Kommentar Antworten abbrechen