Dank Thomas Pleil und seinem Blog Textdepot bin ich auf einen Artikel in der TAZ gestoßen, der sich mit dem gerade vergangenen “Jahr der Geisteswissenschaften” beschäftigt. Stefan Heidenreich stellt darin fest, dass dieses Jahr für die Geisteswissenschaften ergebnislos zuende gegangen ist.
Sein Fazit:
“Wenn sie sich nicht verändern, sind die Geisteswissenschaften auf dem Weg, zu verschwinden.”
Da hat Heidenreich wohl recht. Und damit auch:
“Was ist zu tun? Der Schauplatz der Lösung liegt im Netz. Denn es treibt nicht nur den kulturellen Wandel an, sondern bildet auch das Fundament künftiger Wissenschaften. Das Netz ist nicht die Gefahr, sondern die Gelegenheit für die Geisteswissenschaften, wahrscheinlich die letzte Gelegenheit zur Rettung, wenn man es dramatisch sehen will.”
Und während andere Disziplinen das Internet bereits intensiv nutzen, befinden sich die Geisteswissenschaften noch im Zeitalter der “Sammelbände”. Aber, so Heidenreich:
“Sobald es aber beim Lesen um die Zirkulation von Wissen, von Thesen und Gedanken geht, ist das Netz dem Papier überlegen.”
Richtig! Und wenn ich mir den Bereich Kulturmanagement anschaue, dann entdecke ich dort die gleiche Mentalität. Der Fachverband für Kulturmanagement kündigt auf seiner Website für 2008 das Erscheinen eines Jahrbuchs an und auch sonst scheint die Branche nicht besonders internetaffin zu sein.
Im Forum des Kulturmanagement Networks gibt es mittlerweile mehr als 21.000 angemeldete BenutzerInnen. Die Zahl der Diskussionsbeiträge: 22! Also keine Diskussionen…
Googelt man Begriffe wie Kulturmanagement oder Kulturmarketing, dann findet man zwar Ausbildungsangebote und Agenturen, aber fachliche Beiträge? Fehlanzeige. Und wie sieht es auf den Social Bookmarking-Seiten aus? Etwa so, wenn man bei Mister Wong nach dem Begriff “Kulturmarketing” sucht. Und das ist das Ergebnis, wenn ich bei del.icio.us den Begriff “Kulturmanagement” eingebe.
Und wie sieht es mit Diplom- oder ähnlichen Abschlussarbeiten aus? Während StudentInnen aus anderen Bereichen ihre Arbeiten online stellen – schließlich will ich doch, dass meine Arbeit gelesen wird -, findet man die Arbeiten von angehenden KulturmanagerInnen höchstens in der Auflistung. Manchmal gibt es sogar die Kontaktdaten dazu. Zwei Arbeiten hätten mich interessiert. Auf die Beantwortung meiner beiden Mails warte ich allerdings heute noch.
Meine Schlussfolgerung: Kulturmanagement und Internet, das passt irgendwie noch nicht ganz zusammen. Angesichts der Tatsache, dass das Internet aber aus unserem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken ist und vor allem unsere Arbeitswelt prägt und verändert, frage ich mich, was unter der immer wieder angesprochenen Professionalisierung von KulturmanagerInnen zu verstehen ist? Können wir es uns leisten, gar nicht wahrgenommen zu werden und weder im Internet präsent zu sein noch über es zu kommunizieren? Ich glaube nicht.
Aber vielleicht täusche ich mich ja. Vielleicht gibt es ja gar nichts zu diskutieren? Vielleicht sind die Subventionen eh hoch genug? Die Kulturpolitik entspricht den Erwartungen des Kunst- und Kulturbereichs, die Arbeitsbedingungen sind vorbildlich und wer von Krise spricht, ist ein Mießmacher.
Ansonsten bitte aufwachen!
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