Es ist doch immer wieder verblüffend, wie sich manche Dinge ohne unser Zutun zusammen fügen. Gestern morgen habe ich bei Hanspeter Gautschin einen Beitrag gefunden, in dem er sich mit dem Geiz der Schweiz beschäftigt hat. Darin schreibt er:
“Wir geben nur Geld aus, wenn es uns persönlich Nutzen bringt. Wenn wir spenden, dann nur aus einem diffusen Schuldgefühl heraus.”
Da mag ich Hanspeter nur in einem Punkt widersprechen: dieses Verhalten trifft wohl nicht nur auf die Schweiz zu, sondern ebenso auf Deutschland und Österreich. Über andere Länder mag ich kein Urteil abgeben, da fehlen mir die Einblicke.
Kurz darauf habe ich auf dem Fundraising Blog A Small Change etwas zum Thema Peer-to-Peer Friendraising gefunden. Jason Dick verweist darin auf die Tipps von Advanced Solution International, um erfolgreich Peer-to-Peer Fundraising betreiben zu können. Ich möchte Sie Ihnen nicht vorenthalten:
- “Integrate peer-to-peer fundraising into your current fundraising strategies.
- Introduce online events to the list of ways a donor can help.
- dentify campaign ‘champions’ and give them the tools to rapidly expand the donor network.
- Understand, motivate and thank your donors.
- Create friendly competition and build individual and team incentives into your campaigns.
- Reduce unnecessary administrative efforts from each campaign.
- Automate your donor acquisition strategy.”
Als ich sie so vor mir sah, habe ich mir überlegt, ob es eigentlich Sinn macht, über diese Ratschläge beziehungsweise über das Peer-to-Peer Fundraising überhaupt einen Beitrag zu schreiben? Mir scheint das, was da in den angelsächsischen Ländern darüber geschrieben wird, manchmal sehr weit von uns entfernt zu sein. Soll ich wirklich jemanden dazu auffordern, peer-to-peer Fundraising in die Fundraising-Strategie zu integrieren, wo doch noch nicht mal alle über eine Strategie verfügen? Online-Events? Fangen Sie an, sich Gedanken über Online-Events zu machen, wenn ich hier Tipps einer Firma, die Softwaretools für Vereine und Nonprofit-Organisationen entwickelt, weiterleite? Doch eher nicht, oder?
Und dann ist mir wieder Hanspeters Beitrag eingefallen und ich habe mir die Frage gestellt, warum das eigentlich so ist? Warum funktioniert Fundraising bei uns so ganz anders als zum Beispiel in den USA? Wir spenden nur aus einem “diffusen Schuldgefühl” heraus, hat Hanspeter geschrieben. Ja, das stimmt, denke ich. Deshalb funktioniert auch Barrierefreiheit bei uns ganz anders als in den angelsächsischen Ländern. Dort ist es dazu da, dass alle die gleichen Chancen haben. Bei uns ist es Mitleid, das diffuse Schuldgefühl.
Kann es sein, dass das daran liegt, dass wir viel weniger auf uns selbst gestellt sind als zum Beispiel die Menschen in Amerika? Ist es bei uns nicht der Staat, der dafür zu sorgen hat, dass “es allen gut geht”? Ist es nicht so, dass der Staat bei uns bestimmte Aufgaben übernimmt, um die er sich in anderen Ländern nicht kümmert?
Ich will das jetzt gar nicht bewerten, ich halte weder das amerikanische noch unser System für perfekt. Mir geht es nur um die Unterschiede und die Frage, ob es Sinn macht, sich an den dortigen Fundraising-Strategien zu orientieren?
Ich bin der Meinung, dass man sich sehr wohl Anregungen holen kann. Aber sie lassen sich sicher nicht eins zu eins übertragen. Unser Antrieb ist ein anderer. Ich denke, wir rufen sehr viel schneller nach dem Staat, damit wir selbst nicht aktiv werden müssen. Deshalb ist unter Umständen auch die Zahl der UnternehmerInnen eher niedrig, zumindest in Österreich.
Mir fällt in diesem Zusammenhang eine Studie ein, über die ich vor etlichen Jahren gelesen habe. Sie beschäftigte sich mit dem Glücksspiel und kam zu einem Ergebnis, das ich mir bis heute gemerkt habe: je niedriger in einem Land die Zahl der UnternehmerInnen ist, desto höher ist der Anteil derer, die sich an Glücksspielen, also zum Beispiel Lotto beteiligen. Dreimal dürfen Sie raten, ob der Anteil in Österreich hoch oder niedrig war. Auch wenn ich über keine aktuellen Zahlen verfüge, nehme ich an, dass sich daran nicht viel geändert hat.
Zurück zum Fundraising: ist Geiz geil? Ich denke, für uns gilt das schon noch. Aber ich sehe auch Chancen, dass sich das ändert. Mit ein paar einzelnen Maßnahmen ist es nicht getan. Da geht es wohl eher um die langfristige Perspektive. Nur: wie packen wir das an?
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