Im Sidney Morning Herald habe ich einen ganz interessanten Artikel gefunden, in dem kritisiert wird, dass Personen aus dem Unternehmensbereich in die Aufsichtsgremien von Kunst- und Kultureinrichtungen gesetzt werden. In “Business-like arts a failure, says entrepreneur” wird der Kulturunternehmer Justin Macdonnell zitiert, der das als einen Fehler ansieht, der in den Kulturbetrieben zum Verlust der Kreativität geführt hat.
In den letzten Jahren haben die Fördergeber immer wieder verlangt, dass Kultureinrichtungen das Verhalten von profitorientierten Unternehmen simulieren.
“Who has not been told that they need to get more people with ‘business skills’ on their board, more people with financial, legal, marketing prowess to guide and restrain the wilful artist – as though it were the arts that regularly had the corporate crashes, bankruptcies and shady dealings?
stellt Macdonnell fest. Diejenigen, die früher von den Kulturbetrieben unternehmerisches Handeln verlangt hätten, würden nun die künstlerischen Konzepte und Visionen vermissen. Macdonnell weiter:
“Throughout the English-speaking world, the board system of governance in the not-for-profit sector has been a miserable failure.”
Die einzigen Kriterien, so Macdonnell, seien “business skills” , der Status eines Besuchers und die Liebe zur Kunst gewesen. Als Kunde von Telstra (wenn ich mich nicht täusche, ist das ein Unternehmen aus dem Telekommunikationsbereich) sei er ja auch nicht automatisch in den Aufsichtsrat gekommen.
Dshalb vermehrt KünstlerInnen in die Gremien zu setzen, ist für ihn aber auch keine Lösung:
“What was needed was a way for artists and their boards to work more collaboratively and a rethink of the way arts companies were structured.”
Nur, wie sieht diese Zusammenarbeit aus? Wirkliche Lösungen kann Macdonnell leider auch nicht anbieten:
“Are we so limited in our thinking that we can come up with no better way of doing business than a company limited by guarantee with a board of seven and an uneasy diarchy of general manager and artistic director?”
Da gebe ich ihm schon recht, Kulturbetriebe wie ein Unternehmen zu führen, funktioniert nicht wirklich. Ich möchte nur an die Studie erinnern, die sich mit der Situation der amerikanischen Orchester beschäftigt. Wirtschaftliches Denken ist zwar gut und schön, und es ist auch wichtig. Aber Kunst zeichnet sich durch etwas aus, was jenseits unseres Profitdenkens angesiedelt ist.
Lewis Hyde verwendet in seinem Buch “Die Gabe
Ähnlich argumentiert auch Hanspeter Gautschin, der in einem Kommentar zu seinem Beitrag “Über Marketingdeppen” schreibt:
“Ich glaube, den künstlerischen Prozess zeichnet aus, dass das Nutzendenken weniger bis gar nicht dominiert.”
Nun leben wir aber in einem System, das von Nutzendenken dominiert wird. Das heißt, auch KünstlerInnen können nur überleben, wenn sie an unserem Wirtschaftssystem teilnehmen und sich vereinfacht gesagt ernähren können. Kunst als Gabe verstanden würde bedeuten, dass wir den KünstlerInnen entsprechende Gaben zurückgeben. Es würde sich dabei nicht um eine Entlohnung handeln, sondern um eine Art Gegengeschenk für das Kunstwerk.
Nun ist es aber so, dass künstlerische oder sagen wir kreative Werke oftmals gar nicht oder nur schlecht bezahlt werden. Auch Robert Basic macht sich Gedanken über das Thema “Musiker und ihr gerechter Lohn“. Seine Überlegungen basieren auf der Tatsache, dass der Musiker als der Schöpfer eines Musikwerks nur 64 Cent an einer CD verdient, die für 16 Euro verkauft wird.
Liegt das nun an einem Wirtschaftssystem, das in Schieflage geraten ist? Oder bedeuten uns Kunst und Kreativität einfach so wenig, dass wir es in Kauf nehmen, dass die Kreativen als das schwächste Glied in der ökonomischen Kette von “Almosen” leben müssen?
In meinen Augen besteht die Herausforderung darin, der Gesellschaft die Augen zu öffnen, welche Bedeutung die Kunst für eine Gesellschaft hat. Eine Aufgabe, die unter anderem den KulturmanagerInnen zufällt, denn sie bewegen sich verkürzt gesagt an der Schnittstelle einer “nutzenfreien” Kunst und einer “nutzenmaximierenden” Wirtschaft.
Die Lösung wird aber nicht darin bestehen, großartige Bezahlmodelle zu entwickeln, sondern die Menschen darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig und wertvoll Kunst ist. Ist das geschafft, dann kann ich mir vorstellen, werden wir als Individuen und damit auch als Gesellschaft wieder bereit sein, der Kunst den Stellenwert einzuräumen, den sie eigentlich hat. Das Ergebnis könnte sein, dass wir auf die Gabe Kunst mit einer Gegengabe reagieren, wie auch immer die dann aussieht. Klar ist aber, die Lösung liegt auf der Ebene des Individuums. Nicht der Staat kann vorgeben, welchen Wert Kunst für uns hat. Das müssen wir schon selbst bestimmen.
PS: Michael hat auf seinem Blog Moving Culture einen Beitrag angekündigt, der der Frage nachgeht, ob Wirtschaft und Kunst Gegner oder Verbündete sind. Ich bin gespannt, was er dazu schreibt.
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