Vor ziemlich genau einem Jahr fand in Hildesheim die 2. Arbeitstagung des Fachverbands Kulturmanagement statt, in der es um die Weiterentwicklung des Themenfelds Kulturmanagement ging. Folgende Aspekte sollten dabei, so heißt es in der Zusammenfassung, berücksichtigt werden:
- “Die Herausbildung eines eigenen Fachdiskurses als Meta-Reflexion über die Disziplin des Kulturmanagements ist Voraussetzung für die Herausbildung einer eigenen Identität des Kulturmanagements als Wissenschaftsdisziplin.
- Kulturmanagement ist eine Disziplin zwischen wissenschaftlicher Invention und praktischer Intervention. Forschung im Kulturmanagement ist häufig angewandte Forschung, oftmals Auftragsforschung. Sie agiert im Spannungsfeld von direkt anwendbarem Handlungswissen und Reflexionswissen.
- Kulturmanagementforschung braucht ein integrierendes Vorgehen, das die verschiedenen Forschungsansätze der unterschiedlichen Bezugsdisziplinen zusammen führt.
- Statt eines multidisziplinären Nebeneinanders wie im Baukastensystem ist ein spezifischer Methodenpluralismus angestrebt. Kulturmanagement wird so nicht als eine sich abgrenzende Disziplin gedacht, sondern als ein Diskursfeld, das sich situativ auf wechselnde Anforderungen einstellt.
Kulturmanagement wäre damit als eine hybride Interdisziplin zu denken, die sich in verschiedenen gesellschaftlichen Spannungsfeldern bewegt und in der auch kreative Sprünge und das nicht in Kennzahlen Messbare zur Geltung kommen. - Der Einfluss von Kulturmanagement, das als inszenatorische Praxis und Gestaltung kultureller Kontexte, weit über die Bereitstellung organisatorischer Rahmenbedingungen hinaus gehen kann, muss bewusst in den Blick genommen und verantwortungsvoll zur Geltung gebracht werden.
Kulturmanagement ist nicht auf das Institutionen-Management beschränkt, sondern beinhaltet auch kulturelle Interventionen.”
Vor allem der vierte Punkt scheint mir sehr wichtig zu sein. Kulturmanagement als ein Diskursfeld und hybride Interdisziplin. Wenn man bedenkt, was für (System-)Veränderungen wir derzeit erleben und wenn wir uns das Interview von Fredmund Malik in Erinnerung rufen, dann könnte man meinen, das Kulturmanagement habe schon Monate im Voraus gewusst, wie sich die Welt entwickeln wird.
Wir entwickeln uns hin zu einer Gesellschaft,
“deren wichtigstes Merkmal ihre extreme Komplexität ist”,
sagt Malik in dem Interview. Die Ablehnung eines “multidisziplinären Nebeneinanders” ist da der logische Schritt, denn so lässt sich Komplexität sicher nicht bewältigen. Netzwerke statt hierarchischer Strukturen, Offenheit statt geschlossener Räume.
Vom Diskursfeld war die Rede, in dem man sich situativ auf veränderte Rahmenbedingungen einstellt. Heißt das nicht auch, dass man diesen Diskurs nicht nur beginnt, sondern ihn auch nach außen hin öffnet? Natürlich ist das Social Web mit seinen zahllosen Kommunikationskanälen ein ideales Feld, in dem man solche Gespräche beginnen kann. Man kann sie aber auch an jedem anderen Ort führen, der so offen ist, dass andere dazu Zugang haben.
Heute haben wir den 27. Januar 2009, vor zehn Tagen fand eine weitere Arbeitstagung des Fachverbands statt. Bis heute gibt es keinen einzigen Bericht darüber im Internet zu finden. Ich erwarte ja nicht, dass alle KulturmanagerInnen live von der Tagung twittern. Aber wenn man vor einem Jahr festgehalten hat, dass Kulturmanagement als ein Diskursfeld zu verstehen ist, sollte man dann nicht irgendwann und irgendwo damit beginnen?
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