Was wir von den Ameisen lernen können

im Ameisenstaat
© Hanspeter Bolliger; Pixelio

Eigentlich ist es ja kurios. Seit ewigen Zeiten tun wir Menschen uns zusammen, ob im Verein oder im Unternehmen, ob im Job oder in der Freizeit. Und was machen wir als erstes? Wir suchen jemanden, der dann Chef ist und die Aufgabe hat, Ordnung in die Sache zu bekommen. Ordnung heißt, es werden Hierarchien geschaffen, in denen die „da oben“ denen „da unten“ sagen, was sie zu tun haben.

Das heißt, einige wenige entscheiden, was getan wird. Wenn diese wenigen im Unterschied zu den anderen wüssten, wo es lang geht, dann wäre das ja vielleicht zu akzeptieren. Nur ist dem anscheinend nicht so, wie die aktuelle Wirtschaftskrise zeigt.

So stellt sich die Frage, ob unser hierarchisches System wirklich der Weisheit letzter Schluss ist? Und wenn wir diese Frage nicht mit einem Ja beantworten können, welche Alternativen gibt es?

Stephen Joyce hat sich Anleihen aus dem Tierreich geholt. In seinem Buch Teaching an Anthill to Fetch: Developing Collaborative Intelligence @ Work zeigt er uns am Beispiel der Ameisen, wie kollektive Intelligenz funktioniert und wie sich diese in der Zusammenarbeit nutzen lässt.

Ameisen gibt es seit etwa 130 Millionen Jahren, das heißt, sie sind extrem überlebensfähig. Allerdings sind sie das nicht, weil sie auf Hierarchien verzichten, ganz im Gegenteil. Die Arbeiterinnen opfern sich für die Königin auf. Aber ein Ameisenstaat funktioniert anders als unser Staat und es lohnt sich, einen Blick darauf zu werfen.

Ameisen arbeiten in der Regel zusammen, aber sie haben keinen Chef, der ihnen sagt, was sie zu tun haben. Trotzdem sind sie in der Lage, ein Problem auf einer übergeordneten Ebene zu lösen. Ein Beitrag auf 3sat.online beschreibt, wie man in einem Experiment versucht hat, hinter das Geheimnis der Ameisen zu kommen, um diesen dezentralen Ansatz auch für uns nutzen zu können.

Zurück zu Stephen Joyce Buch, das Marshall Goldsmith schon vor längerer Zeit für die Businessweek besprochen hat. In seinem Artikel „Building a Better Team“ beschreibt er kollektive Intelligenz als

„ability to harness the energy and intelligence of groups or teams“.

Notwendig ist das, weil unsere Welt so komplex geworden ist, dass wir nicht mehr in der Lage sind, sie zu verstehen. Während die einzelne Ameise, die auf sich alleine gestellt, nicht in der Lage ist, Problemlösungen oder gar Strategien zu entwickeln, können Ameisenstaaten sehr schnell und effizient auf Veränderungen reagieren.

Und wie sieht das bei uns aus, wenn Veränderungen anstehen?

„Managers and team leaders know that getting everyone on board and keeping them there can be a challenge“,

schreibt Marshall Goldsmith und verweist darauf, dass diese Veränderungen, vor denen wir stehen, so umfassend sind, dass es unser aller vereinten Kräfte bedarf, um darauf reagieren zu können:

„As the speed of change makes it increasingly difficult to predict the future, the responsiveness and adaptability of a company is a crucial business survival skill. With shorter response times, companies must enable their employees and teams to respond to new circumstances like a shoal of fish changing direction in the ocean, behaving as if it were one organism. Developing higher CQ in the workplace leads directly to that capability.“

Was zeichnet so ein Team mit hoher kollektiver Intelligenz aus? Goldsmith nennt mehrere Charakteristika:

  • „Is able to share the stress and strain evenly throughout the team.
  • Achieves its objectives more through people and less through politics.
  • Has a strong network of connection and support between its members. This accelerates learning, enabling the team’s reactions to be rapid and responsive to challenges.
  • Looks after its own: Individuals are not left to fend for themselves, and staff retention is high because people feel a strong sense of belonging.
  • Is well connected with other teams and with corporate objectives. Like a healthy organ in the body, it knows what its function is and serves the greater good through rough times and smooth.
  • Replenishes itself, growing its members, and is constantly learning to better adapt to its environment.
  • Displays a strong sense of meaningful participation, which the members are all nourished by.“

Sprechen wir heute über die Anforderungen an Teams, dann werden diese Punkte wohl alle im Laufe der Zeit genannt werden. Wir wissen mittlerweile, dass es um ein Miteinander geht. Wir erleben bei den Ameisen Ansätze von kollektiver Intelligenz und wir sind uns darüber im Klaren, dass wir von diesen Tieren lernen können.

In der Praxis schaut diese Sache aber anders aus, obwohl uns mit dem Social Web auch entsprechende Tools zur Verfügung stehen, um statt der Intelligenz der einzelnen Person die Intelligenz des Schwarms zu nutzen. Woran liegt es, dass wir nicht in der Lage sind, Lehren daraus zu ziehen? Sind wir noch nicht „reif“ dafür?


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Kommentare

2 Antworten zu „Was wir von den Ameisen lernen können“

  1. […] RT @4_CULTURE: Was wir von den Ameisen lernen können http://tinyurl.com/kuudgk […]

  2. Manueller Trackback:
    Juli 2009 im Kontext / Zurück in die Reihe?
    http://hyperkontext.at/weblog/artikel/juli-2009-im-kontext/#h219-zurueck-in-die-reihe

    […] Das Problem ist mittlerweile, dass unsere Welt so komplex geworden ist, dass hierarchische Systeme in vielen Bereichen nur mehr wie schwimmende Kolosse, korrumpiert und hilflos, dahintreiben.

    Ameisen scheinen uns in diesen Belangen voraus zu sein und eine Art Social-Media Komponente zu leben […]

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