Ich verwende nicht nur hier im Blog, sondern auch darüber hinaus völlig selbstverständlich den Begriff Kulturmanagement. Aber was verbirgt sich eigentlich hinter diesem Begriff? Erst gestern habe ich die Frage aufgeworfen, ob die Tätigkeit der KulturmanagerIn als eine generalistische anzusehen ist?
Das Spektrum ist zwar breit, aber trotzdem lassen sich in der Kulturmanagementlehre natürlich bestimmte Grundsätze erkennen, die zeigen, dass Kulturmanagement nicht gleich Kulturmanagement ist. Ich möchte deshalb noch einmal ganz gerne auf die Dissertation von Bettina Rothärmel (Leistungserstellung im Kulturmanagement. Eine institutionenökonomische Analyse (Kulturmanagement und Kulturwissenschaft)) zurückkommen. In ihr stellt sie drei Ansätze mit unterschiedlichen Zielsetzungen vor.
Kulturmanagement als funktionale Steuerungsaufgabe
Rothärmel, die sich in ihrer Arbeit bewusst auf die “ökonomischen Zugänge” konzentriert, versteht unter dem funktionalen Ansatz die Gesamtheit der Steuerungsaufgaben zur Leistungserstellung und -sicherung in arbeitsteiligen Systemen.
“in einschlägigen Veröffentlichungen zu Kulturmanagement”, stellt Rothärmel fest,
“wird dieser funktionellen Sichtweise explizit der Vorzug gegeben und das Management der Kultur über Funktionen und Aufgaben definiert, die der Steuerung des Leistungsprozesses des Kulturbetriebes dienen”.
Kulturmanagement lässt sich diesem Ansatz zufolge als das Koordinieren der verschiedenen Sachfunktionen bezeichnen. Die Management-Funktionen lassen sich, so die Autorin, in einem Regelkreis darstellen, der folgende Elemente enthält:
- Zielsetzen
- Planung
- Entscheiden
- Realisieren
- Kontrollieren
Als KulturmanagerIn beschäftige ich mich, diesem Verständnis folgend vor allem mit Planungstechniken, Organisationsfragen und Controllingsystemen. Rothärmel schlussfolgert, dass Kulturmanagement sich so
“als Unterfall der allgemeinen Managementlehre dar-(stellt), sofern das ‘Management’ im Rahmen des funktionalen Managementbegriffes als prinzipiell vom Betriebstyp unabhängiges Bündel von Steuerungsaufgaben verstanden wird”.
Konflikte mit den inhaltlichen Zielen können, so Rothärmel weiter, nicht entstehen, weil sie außerhalb des (funktionalen) Managements liegen. Da das bedeuten würde, dass es völlig gleichgültig ist, ob das Produkt eine Ausstellung oder ein Auto ist, versucht die Kulturmanagementlehre hier eine Verbindung zwischen der Managementhandlung und den Inhalten herzustellen.
Rothärmel stellt sich hier berechtigterweise die Frage, ob dieser Spagat zwischen den künstlerischen Inhalten und dem Management überhaupt möglich sei? Eine mögliche Lösung: eine Doppelspitze, bei der die künstlerische und die kaufmännische Leitung getrennt sind.
Kulturmanagement als marketingorientierte Vermittlungsaufgabe
Dieser Ansatz basiert auf dem Modell von Philip Kotler und Friedhelm Bliemel und misst dem Kulturmarketing eine besonders große Bedeutung zu.
Kotler/Bliemel beschreiben in ihrem Standardwerk “Marketing-Management” Marketing als einen
“Prozess im Wirtschafts- und Sozialgefüge, durch den Einzelpersonen und Gruppen ihre Bedürfnisse und Wünsche befriedigen, indem sie Produkte, und andere Dinge von Wert erzeugen, anbieten und miteinander austauschen”.
Den Begriff Marketing-Management definieren sie als
“Planungs- und Durchführungsprozess der Konzipierung, Preisfindung, Förderung und Verbreitung von Ideen, Waren und Dienstleistungen, um Austauschprozesse zur Zufriedenstellung individueller und organisationeller Ziele herbeizuführen”.
Rothärmel stellt in ihrer Arbeit fest, dass sich viele Kulturbetriebe davor scheuen, Marketing zu betreiben, wobei aber offen bleibt, um welches Marketingverständnis es konkret geht. Handelt es sich um eine Sachfunktion (im Sinne des Marketingmix) oder um das “Leitkonzept des Managements”? Damit verbunden wäre, so die Autorin, die Forderung nach einer Ausrichtung des gesamten Unternehmens auf die Bedürfnisse des Marktes. Hier sieht sie einen Zielkonflikt:
“Polarisierend formuliert, geht es um die Frage, ob für ein gegebenes Angebot die Nachfrage gesucht wird, oder ob sich der Kulturbetrieb bemüht, die wahrgenommenen Kundenbedürfnisse zu erfüllen und damit im Extremfall die Nachfrage das kulturelle Angebot diktiert.”
Einen alternativen Ansatz, um diesem Dilemma zu entkommen, bietet Francois Colbert, der den Zweck des Kulturmarketing darin sieht, eine entsprechende Anzahl von Menschen mit dem Produkt in Kontakt zu bringen.
Je produktorientierter sich ein Kulturbetrieb verhält, desto eher wird er Colberts Ansatz folgen. Umgekehrt wird ein marktorientierter Kulturbetrieb sich eher am traditionellen Marketing-Modell orientieren.
Kulturmanagement als strategische Beziehungsgestaltung
Rothärmel bringt an dieser Stelle den Stakeholder-Ansatz ins Spiel:
“Stakeholder oder Interessenträger sind alle Individuen oder Gruppen, die entweder aktiv Einfluss auf die Entscheidungen eines Unternehemens nehmen oder nehmen können oder passiv durch dessen Aktivitäten betroffen sind (externe Effekte), wodurch auch Aspekte der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen thematisiert werden.”
Dieser Ansatz der strategischen Managementlehre stellt die Interessen und Ansprüche der Stakeholder in den Mittelpunkt. Für den Kulturbetrieb bedeutet das, in einem ersten Schritt eine Stakeholder-Analyse vorzunehmen und so die verschiedenen”Anspruchsgruppen”zu benennen. Die Herausforderung dieses Management-Ansatzes besteht darin, die beiden “Pole” Unternehmens- und Stakeholderziele unter einen Hut zu bekommen.
Dieses “Konzept” scheint auf den ersten Blick hin am “sympathischsten” zu sein. Aber ich denke, die Frage nach dem “besten” Modell bzw. Ansatz stellt sich gar nicht. Geht es nicht vielmehr darum, in einer bestimmten Situation die richtigen Schritte zu setzen? Abhängig von eventuell vorhandenen Defiziten oder den gesteckten Zielen werde ich mich für einen der Ansätze entscheiden. So ich in einer Struktur tätig bin, in der ich so flexibel agieren kann.
Aber es gibt natürlich noch ganz andere Modelle, die sich auf das Kulturmanagement umlegen lassen. Mehr darüber demnächst.
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