An meinem gestrigen Beitrag “Kulturmanagement als Diskursfeld” hat sich auf Facts 2.0 eine ganz interessante Diskussion (dort einfach nach unten scrollen) entzündet. Nachdem man dort nur nach Anmeldung mitdiskutieren kann, greife ich einfach von hier aus in die Diskussion ein.
Was mir darin auffällt: Über Kulturmanagement zu diskutieren heißt eher, einen Glaubenskrieg zu führen. Aber vielleicht liegt das auch daran, dass der Begriff des Kulturmanagers, der Kulturmanagerin so unscharf ist, dass sich jede/r etwas anderes darunter vorstellt? Es hat ja auch schließlich jeder so seine eigenen Erfahrungen gemacht.
Fangen wir mal mit dem Studium an. “luftlinie” spricht von einer “grotesken Situation”, was die Studienangebote im Bereich Kulturmanagement angeht:
“(…) Es ist nämlich inzwischen durchgesickert, dass längst nicht jeder (leider sehr viele) dieser Absolventen den Anforderungen im Umfeld der Kulturpolitik und deren Institutionen “aushält” und über die entsprechenden Qualifikationen (was man eigentlich erwarten dürfte nach dem Studium) verfügt. Da ist Inflation pur eingetreten (…).”
Da ist meiner Meinung nach viel Wahres dran. Die Frage ist nur, ob und wenn ja, wie sich das verhindern lässt? Schließlich ist auch nicht jeder fertig ausgebildete Medizinstudent automatisch ein guter Arzt, der BWL-Student ein guter Betriebwirt und so weiter.
Liegt es vielleicht daran, dass wir uns dem Thema Kunst und Kultur mit völlig verklärtem Blick nähern? Ist das wirklich der einzige Bereich, in dem man kreativ sein kann? Übt die Nähe zu KünstlerInnen wirklich eine solche Faszination aus, dass man da in deren Umfeld für meist wenig Geld arbeiten will? Und redet man nicht vielen dieser KünstlerInnen ein, dass sie eine Kulturmanagementausbildung benötigen? Und auch hier gilt: nach einer solchen Ausbildung bin ich noch lange keine gute ManagerIn. Aber wie gesagt: diesen Automatismus gibt es nirgends.
Das heißt aber auch, dass es um den Ruf derer, die so eine Ausbildung absolviert haben, nicht gut bestellt ist. “bugsierer” meint dazu:
“all diese studiengänge in ehren, aber oft kommen sie mir ziemlich weltfremd vor.”
Leider schreibt er nicht, warum sie ihm so weltfremd vorkommen. Schließlich ist das, was man in anderen Studienfächern lernt, auch nicht unbedingt sehr praxisnah. Aber es bleibt festzuhalten, dass viele auf der einen Seite die “Praktiker” sehen und auf der anderen Seite die Kulturmanager. Was wohl bedeuten soll, dass das alles Theoretiker sind.
“bugsierer” weiter:
“rein theoretisch agierende menschen sind mir ein wenig suspekt, es sei denn sie bewegen sich in gebieten, die per se nur theoretisch abgehandelt werden (wie z.b. die grundlagenforschung, weitgehend). klar kommt von den theoretisch orientierten kulturmanagern hin und wieder ein guter anstoss, aber der mist wird doch in der praxis geführt, oder?”
Ich weiß zwar jetzt nicht genau, wen er damit meint. Nachdem er meinen Beitrag als “theoretisches geschwurbel” abgetan hat, “das im realen leben zwischen kultur- und showbiz keinen interessiert”, fühle ich mich aber irgendwie angesprochen.
Gut, da gibt es also “bugsierer”, den Praktiker und dann die theoretisierenden Kulturmanager. Diese Haltung erinnert mich an die Skepsis früherer Zeiten, wo man der Meinung war, jemand, der studiert hat, verfügt über zwei linke Hände und ist völlig praxisuntauglich.
Die Zeiten sind vorbei, aber natürlich gibt es im Kulturmanagement wie in anderen Bereichen auf der einen Seite diejenigen, die in der Praxis arbeiten und dann gibt es die, die in Forschung und Lehre bleiben. Wenn jemandem theoretisierende Menschen “suspekt” sind, so mag das so sein, aber es zeugt von einer gewissen Arroganz, die mir wiederum suspekt ist.
“bugsierer” unterscheidet außerdem zwischen “teuer ausgebildeten kulturmanagern” und “vifen praktikern aus dem harten alltag von gastronomie und eventproduktion”. Das meinte ich mit Glaubenskrieg, denn wo ist da jetzt der Gegensatz? Und was heißt teuer ausgebildet? Teuer für wen? Für die Studierenden?
Irgendwo kann ich die Unterschiede nicht wirklich erkennen und halte es da lieber mit Hanspeter Gautschin, der in seiner Antwort auf meinen gestrigen Beitrag schreibt:
“Es braucht dazu viel Praxis und noch viel mehr… HERZBLUT und den Willen, den Besuchern (Fans) etwas Einmaliges zu bieten, die Halle zu füllen.”
Richtig, und wie ich mich bei meiner Arbeit nun nenne, ist eigentlich völlig egal. “bruder bernhard” sieht das etwas anders:
“Als kulturellen HansdampfInallenGassen erfassen mich bei Begriffen wie Kulturmanagerin, Eventmanagerin, Absolventin einer Popuniversität etc. das nackte Gruseln ….”
Super, da ist er also der Kulturmanager par excellence, wenn er sich als “HansdampfInallenGassen” bezeichnet. Andere sprechen von ihm auch als eierlegender Wollmilchsau. Aber da gibt es halt auch noch eine andere Seite, die den alten hemdsärmeligen Haudegen als Auslaufmodell sieht. Dirk Heinze schreibt in einem Foren-Beitrag auf Xing, allerdings in einem anderen Zusammenhang:
“…ansonsten bedarf es einer neuen selbstbewussten Generation, die sich durchsetzt und die alte Garde unfähiger vermeintlicher Kulturmanager hinwegfegt, bevor sie viele wichtige Kulturbetriebe kaputt machen.”
KulturmanagerIn zu sein, kann also vieles heißen: praktisch, theoretisch, hemdsärmelig, neu und selbstbewusst, etc.
Und was heißt das für mich? Ich sehe mich als Praktiker, aber auch gerne als Theoretiker, denn ich mag das Wechselspiel. Ich krempel gerne die Arme hoch, aber ich habe auch keine Probleme mit Begriffen wie Markt und Konsument. Ich glaube, wir können jeden Tag etwas neues lernen. Auf der anderen Seite ist aber auch das Erfahrungswissen ungeheuer wertvoll.
Wünschen würde ich mir eine Diskussion, in der nicht richtig und falsch aufeinanderprallen, sondern in der man ausgehend von verschiedenen Standpunkten gemeinsam etwas entwickelt. Denn alle, die ich hier zitiert habe, arbeiten im Umfeld von Kunst und Kultur und haben ausgedrückt, dass ihnen der Bereich etwas bedeutet. Und das ist doch eine mehr als gute Basis, oder?
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