Projektmanagement und Kuchen backen

Wir alle sind ja häufiger mit dem Managen von Projekten beschäftigt als uns das bewusst ist. Ob es der nächste Urlaub ist, der Umbau der Wohnung oder einfach nur ein Kindergeburtstag, in allen Fällen lassen sich die Prinzipien des Projektmanagements anwenden und meist wenden wir sie auch (hoffentlich) an.

Ich verwende oft auch das Beispiel des Kuchenbackens und war ziemlich entrüstet, als ich im Beitrag “Warum Projekte scheitern” von Rolf F. Katzenberger folgenden Satz fand:

“Wir glauben, Projekte durchführen sei wie Pizzabacken (…).”

Wie? Kuchen- bzw. Pizzabacken soll nicht als Projekt zu verstehen sein? Die Auflösung liefert der zweite Teil seines Satzes:

“(…) dabei ähnelt es mehr dem Erfinden von Pizzarezepten.”

Wenn man bedenkt, dass ein Merkmal von Projekten die Einzigartigkeit ist, dann stimmt dieser Vergleich. Diese Einzigartigkeit ist logischerweise mit Ungewissheit verbunden, denn wir wissen nicht, was am Ende herauskommt. Sonst wäre es ja nicht einzigartig.

Damit ist der Boden bereitet für den agilen Ansatz, den Katzenberger einfordert, um das Scheitern von Projekten und die folgenden vier Fehler zu verhindern:

  1. “Wir halten Prozesse und Tools für wichtiger als Individuen und Interaktionen.
  2. Wir halten umfangreiche Dokumentationen für wichtiger als das funktionierende, brauchbare Ergebnis.
  3. Wir stellen den Verhandlungspoker über die stetige Zusammenarbeit mit dem Kunden.
  4. Wir befolgen lieber einen einmal festgelegten Plan als mutig und offen für Änderungen zu sein.”

In seinem lesenswerten Beitrag rät Katzenberger stattdessen:

“Bleiben Sie agil! Konzentrieren Sie sich auf Individuen und Interaktionen, funktionierende und brauchbare Ergebnisse, stetige Zusammenarbeit zwischen Kunde und Dienstleister sowie Mut und Offenheit bei Änderungen. Alles andere ist nicht unwichtig, aber nur untergeordnetes Mittel zum Zweck.”

Und da, ganz am Ende, ist der Satz, der mich aufatmen lässt und mir mein Beispiel des Kuchenbackens wieder gibt. “Mittel zum Zweck” heißt, ich muss natürlich die Kunst des Kuchenbackens beherrschen, bevor ich dann mit den Experimenten beginnen, neue Rezepte erfinden kann. Ich muss wissen, wie man einen Hefeteig, einen Mürbteig oder einen Rührteig herstellt. Erst wenn ich damit keine Probleme mehr habe, bin ich in der Lage, kreativ zu sein und z.B. einen ganz neuen Kuchen zu backen. Einen, den ich noch nie gebacken habe, den ich aber nur backen konnte, weil ich das Grundwissen habe, um überhaupt jenseits der Kochrezepte experimentieren zu können.

Übertragen auf das Projektmanagement heißt das: ich muss mit den Tools, die mir das klassische Projektmanagement zur Verfügung stellt, umgehen können. Sie geben mir erst die Freiheit, die agilen Methoden anzuwenden. Agiles Projektmanagement ist demzufolge eine Weiterentwicklung des klassischen Projektmanagements und steht nicht unbedingt im Gegensatz dazu. Der Plan bleibt weiterhin wichtig, aber der Reiz besteht darin, auf die Herausforderungen der Realität reagieren zu müssendürfen. Wird der Plan nur abgearbeitet, das Projekt verwaltet, geht die Einzigartigkeit verloren.

Wenn ich also zukünftig von Projektmanagement und Kuchenbacken erzähle, werde ich meine Geschichte um diesen zweiten Teil ergänzen. Das Know-how ist die Voraussetzung für einzigartige Ergebnisse. Sowohl beim Kuchenbacken als auch beim Projektmanagement.

Via Interessante Zeiten


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Kommentare

5 Antworten zu „Projektmanagement und Kuchen backen“

  1. Da muss ich leider Einspruch erheben ;-) So hab ich’s nicht gemeint.

    Es gibt für mich keine Tools des klassichen Projektmanagements, die man vor einem agilen Vorgehen erst beherrschen lernen müsste, im Gegenteil. man muss sie ver-lernen.

    Agiles Projektmanagement ist auch keine Weiterentwicklung, sondern eine Alternative zum klassischen Projektmanagement. Entscheidend ist für mich der Anteil des “Rauschens” bei Anforderungen, Technologien, Beteiligten, …

    Je stabiler ein Projekt gemessen an diesen Kriterien ist, desto eher kann man “klassisch” arbeiten. Ist das Rauschen aber hoch, und nach meinem Verständnis ist es das heute fast immer, dann lösen sich die Grenzen von Aktivitäten förmlich auf, es macht keinen Sinn mehr, vom “Beginn” oder “Ende” einer Aktivität zu sprechen, außer natürlich, man meint das absolute Ende, nämlich das des Projekts. Lösen sich aber die Grenzen der Aktivitäten auf, dann ruinieren klassische Techniken das Projekt, weil sie solche Grenzen erfordern (oder erzwingen wollen). Kurz gesagt: wo e schwammig wird, sollte man keine Aktivitäten in Gantt- oder Pert-Charts hineinfantasieren.

    Ha, wenn das mal kein provokativer Kommentar war! ;-)

  2. Ja doch, der Einwand ist berechtigt. Da war ich unsauber. Ich versuche es noch einmal und hoffe, dass ich diesmal die Kurve schaffe. ;-)

    Ausgangspunkt: ich möchte Kuchen backen und habe noch nie einen Kuchen gebacken. Wie werde ich beginnen? Ich werde mir Rezepte suchen und diese nachbacken, d.h. ich lerne bestimmte Regeln kennen. Was brauche ich, welche Mengen, welche Temperatur, wie lange, etc.

    Auch das ist in meinen Augen bereits ein Projekt, denn in der Regel wird bei mir als Backneuling einiges schiefgehen. Wird der Kuchen aber industriell gefertigt, ist das wahrscheinlich kein Projekt mehr.

    Zurück zu mir: in dieser Phase als Backneuling werde ich mich eher streng an die Regeln halten. Später werde ich diese Regeln nicht mehr brauchen, ich fange zu experimentieren an und weiß vielleicht anfangs nicht, was am Ende rauskommt.

    In meinen Augen ist das jetzt dann weder eine Weiterentwicklung noch eine Alternative. Es ist eigentlich eine neue Ebene, eine neue Dimension (?) des Kuchenbackens. Trotzdem greife ich aber noch auf bestimmte Regeln zurück, die ich aus den Kochbüchern übernommen habe. Ich muss sie aber zum richtigen Zeitpunkt einsetzen, sonst schaden sie eher.

    Das heißt, nicht die Regeln oder Techniken ruinieren meinen Kuchen, sondern ich bin es, der den Kuchen ruiniert.

    So besser?

    Und dann gibt es da noch ein ganz anderes Problem, womit ich die Backstube verlassen möchte. Betrachte ich die Entwicklung von Projekten im Kunst- und Kulturbereich, dann kann man sagen, dass der Anteil des “Rauschens” ziemlich hoch ist. Das Problem: Mein Geld- bzw. Fördergeber erwartet von mir konkrete Pläne. Das heißt: das Scheitern ist eigentlich vorprogrammiert. Wie übrigens bei allen Förderprogrammen, die Innovation fördern möchten und bei der Einreichung eine detaillierte Planung erwarten inkl. der erwarteten Ergebnisse.

  3. wenn man nur vom Kochbuch (bzw Backbuch) ausgeht, können externe Faktoren trotzdem den Kuchen ruinieren (was zB wenn der Backofen nicht genau 180gr auf Stufe 4 oder 5 hat?) – Hier könnte der ungeübter Bäcker doch sagen: Ich habe aber alle Anweisungen streng befolgt! (Frage ist, ob in dieser Fall, der Ofen oder gerade diese 45 Minuten-Anweisung den Kuchen ruiniert hat (wenn man also weiß, der Ofen funktioniert nicht ganz, sollte man die Anweisungen anpassen, und sie nicht blind folgen)

    Ein geübter Bäcker dagegen, hat diese Ingredienzen bereits im Griff – wie er in der Prax damit umgeht, hängt ab von seine Erfahrungen (auch Intuition) ab, wobei – trotz eventuelle/unerwartete technische Mangeln des Ofens – er einen gelungenen Kuchen hervorzaubert. Also Griff-und-Kniff…

  4. @Christian Henner-Fehr: So ganz kann ich dem immer noch nicht zustimmen. Produzieren lernen (Backen nach Rezept lernen) ist sicher ein Projekt, aber man lernt dadurch nicht, *Rezepte zu erfinden*.

    Rezepte zu erfinden (Projekte) ist keine neue Ebene des Kuchenbackens (Produktion). Es ist etwas grundsätzlich anderes. I Projekten ist nicht der Kuchen das Ziel, sondern das Rezept.

    Das “Rauschen” in Projekten im Kunst- und Kulturbereich kann ich mir gut vorstellen, den Widerspruch zum Wunsch nach vorab festgetackerten Ergebnissen auch. Stimme zu: das Scheitern ist vorprogrammiert.

  5. Ich glaube, wir kommen jetzt nur nicht zusammen, weil das Beispiel nicht passt. Wenn ich einen Kuchen backe, überlege ich mir im Vorfeld ziemlich genau, was für einer es werden soll. Schließlich muss ich ja auch die richtigen Zutaten besorgen.

    Da “rauscht” es also nicht unbedingt, sondern ich habe mich ab einem gewissen Zeitpunkt festgelegt, welcher Kuchen es werden soll. Das muss in anderen Bereichen nicht so sein, deshalb gibt es ja auch Bereiche, in denen die agilen Methoden zum Einsatz kommen, während sie woanders noch völlig unbekannt sind.

    Aber ich werde diesen Punkt (nicht der Kuchen ist das Ziel, sondern das Rezept) noch einmal in einem anderen Beitrag aufgreifen. Mit dem Beispiel Kuchen komme ich da im Moment nicht mehr weiter.

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