Letzte Woche hat sich die Musikindustrie in einem offenen Brief an die deutsche Bundeskanzlerin gewandt und sie um Unterstützung im Kampf gegen ihren drohenden Untergang gebeten. Mal abgesehen davon, dass es in meinen Augen ziemlich peinlich ist, wenn Branchen, die sich sonst immer gegen jede gesetzliche Bevormundung aussprechen, plötzlich nach dem Staat schreien, finde ich es rührend, wenn sich diese Branche Sorgen um die Zukunft junger Nachwuchstalente macht. Ich dachte immer, die Nachwuchstalente sind nur deshalb interessant, um den Kunden wieder etliche Euros aus der Tasche ziehen zu können. Dass da wirkliche Sorge um die Kultur- und Kreativwirtschaft mitschwang, ist mir einfach entgangen.
Thomas Hoeren, Professor an der Universität in Münster und einer der bekanntesten IT-Rechtsexperten, hat die Selbstlosigkeit der Musikindustrie wohl auch nicht erkannt und diesen Brief auf dem Beck-Blog ziemlich verrissen:
“Ich habe langsam die Nase von den Frechheiten der Musikindustrie voll”,
schreibt er dort und beklagt das undifferenzierte Einschlagen auf Nutzer und die Telekommunikations-Industrie. Welche Wellen sein durchaus emotionaler Beitrag schlägt, zeigen die mittlerweile mehr als 80 Kommentare, darunter auch die Entgegnungen von Stefan Michalk, dem Geschäftsführer des Bundesverband Musikindustrie.
Um ehrlich zu sein: ich kann das Gejammer der Musikindustrie nicht mehr hören. Nachdem ich keinen MP3-Player besitze und deshalb keine Musik mit mir herumtragen muss, ist der Besitz von Musik für mich völlig überflüssig. Im Internet lässt sich jeder Musiktitel, jede Gruppe und jede MusikerIn finden, auf legale Art und Weise. Ich bin nicht darauf angewiesen, Musik illegal aus dem Netz zu laden.
Was mir aber auffällt: Die Musikindustrie scheint nur die illegalen Downloads wahrzunehmen. In den Erwiderungen auf Hoerens Beitrag geht es um nichts anderes. Was aber ist mit den vielen Musikgruppen und KünstlerInnen, die sich von den Großen der Branche abwenden und den Vertrieb selbst in die Hand nehmen? Was ist mit Plattformen wie Sellaband oder Slicethepie, die ich vor kurzem vorgestellt habe? Was ist mit Gruppen wie den Einstürzenden Neubauten, die auf ihre Fans als Investoren setzen? Was ist mit Bands wie Radiohead, deren Alben man kostenlos im Internet downloaden kann? Was ist mit Mercedes Benz und seinen Mixed Tapes? Und den Plattformen, auf denen ich Musik legal anhören und downloaden kann?
Wie weltfremd muss man eigentlich sein, um nicht zu erkennen, dass man nicht so weitermachen kann? Und Was muss passieren, damit man erkennt, dass es an einem selbst liegt und nicht an den anderen? Ich verstehe es, ehrlich gesagt, nicht. Muss ich aber auch nicht, das Thema erledigt sich eh von selbst. Lange wird es nicht mehr dauern…
Via Robert Basic
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