Vor einigen Tagen bin ich in einer der Kulturmanagement-Gruppen bei Xing auf diesen Eintrag gestoßen. Einer der Gruppen-Mitglieder hat in einem Thread immer wieder von seinem Kulturmanagement-Studium berichtet. Nicht sehr oft, aber dafür immer interessant. Am Ende seines Studiums, “nur” die Diplomarbeit ist noch zu schreiben, macht sich der Verfasser seine Gedanken über den Wert und Sinn eines Kulturmanagement-Studiums. “Mir hatten vor diesem Studium viele Leute aus der Praxis geraten”, schreibt er,
“auf dieses Studium zu verzichten und stattdessen lieber 2 Jahre Praktika in verschiedenen kulturellen Bereichen zu machen. Ich kann diesen Rat inzwischen nachvollziehen, da ich gesehen und erlebt habe, was auf der einen Seite in der Theorie geboten wird und schließlich in der Praxis abverlangt wird. Ich bin dennoch sehr froh, mich für das Studium entschieden zu haben, bin allerdings über den Stand der ‘Theorie’ immer wieder sehr verwundert, um es einmal positiv zu formulieren. Es scheint sich nichts groß weiter zu entwickeln, man redet sich auf Konferenzen und Symposien um Kopf und Kragen, ohne dass dabei Ergebnisse erzielt werden, die diese Bezeichnung auch verdienen.”
Am Ende stellt er die Frage, woran das liegen könnte? Nachdem es in der Xing-Gruppe bis jetzt keine Reaktionen darauf gegeben hat, möchte ich die Frage gerne hier aufgreifen. Herauslesen lassen sich aus dem zitierten Beitrag zwei Kritikpunkte: erstens sei die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis recht groß und zweitens entwickle sich die Theorie nicht weiter.
Um mit dem zweiten Punkt zu beginnen: wann immer man die Frage stellt, was Kulturmanagement eigentlich genau heißt und welche Fähigkeiten und Qualifikationen KulturmangerInnen benötigen, kommt man recht schnell darauf, dass wir es hier mit einem weiten Feld zu tun haben, das sich – wenn überhaupt – nur sehr schwer definieren und gegenüber anderen Bereichen abgrenzen lässt. Das heißt, wer sich auf die Suche nach der Definition macht und sich Kulturmanagement als ein geschlossenes System vorstellen möchte, der wird Schiffbruch erleiden.
Schon alleine die deskriptive Aufzählung der Aufgaben einer KulturmanagerIn zeigt, dass es wohl unmöglich ist, ein einheitliches Berufsbild oder Profil zu erstellen. Wahrscheinlich ist diese Vielschichtigkeit auch mit ein Grund dafür, dass sich der Beruf der KulturmanagerIn so schwer darstellen lässt und die meisten Menschen mit dieser Berufsbezeichnung so wenig anfangen können. Outet man sich als KulturmanagerIn, folgt doch in der Regel die Frage, was man denn als KulturmanagerIn mache? Oder geht es Ihnen da anders?
Vielleicht müssen wir einfach unsere Erwartungen an eine Kulturmanagement-Theorie herunterschrauben? Unter Umständen ist der Begriff Theorie schon falsch. Vielleicht bedeutet Kulturmanagement einfach nur Schnittstellenmanagement? Zugegeben, das entspricht nicht unseren oft idealistischen Vorstellungen dieser “Branche”. Aber vielleicht ist das auch ganz gut so und erlaubt uns einen pragmatischeren Zugang zum Thema Kulturmanagement.
Womit ich auch schon beim Kritikpunkt der Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis wäre. Geht es wirklich um die Diskrepanz? Das Problem liegt meiner Meinung nach woanders: die Erwartungen an eine Kulturmanagement-Ausbildung sind teilweise überzogen. Wenn es im Kulturmanagement-Studium um die Theorie geht, dann müsste doch eigentlich klar sein, dass ich dieses Wissen nicht 1:1 in einem Kulturbetrieb anwenden kann. Was wäre sonst der Unterschied zwischen Theorie und Praxis? Nein, mit meinem theoretischen Wissen, das ich mir während des Studiums aneigne, verfüge ich über ein Konstrukt, das mir zwar in der Praxis helfen kann. Aber die Theorie der Unis und die Praxis der Kulturbetriebe, das sind zwei paar Stiefel.
Meiner Meinung nach liegt das Problem woanders: in der Bewerbung der Ausbildungsangebote werden falsche Erwartungen geschürt. Habe ich ein Kulturmanagement-Studium absolviert, verfüge ich über ein theoretisches Rüstzeug, das mir in der praktischen Arbeit helfen kann. Ich bin deshalb aber noch lange keine KulturmanagerIn. Da ändern auch diverse Projektarbeiten nichts daran. Zwischen Theorie und Praxis liegen Welten. Und das ist auch gut so.
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