Kunst und Kommerz vertragen sich nicht. Das ist eine Feststellung, die regelmäßig auftaucht, wenn es beispielsweise um das Thema Marketing im Kunst- und Kulturbereich geht. Und weil sie den Kommerz fürchten, lehnen viele KünstlerInnen Marketingmaßnahmen kategorisch ab.
Nun muss Kulturmarketing ja nicht automatisch bedeuten, dass man dem Kommerz huldigt. Ganz im Gegenteil: Simon A. Frank stellt in seinem Interview auf Karin Janners Kulturmarketing Blog fest,
“dass es bei Kulturmarketing auf keinen Fall darum gehen darf, Kunst zu ‘kommerzialisieren’, dem Markt anzupassen und möglichst viele Tickets zu verkaufen…”.
Was verstehen wir eigentlich unter Kommerz? Auf Wikipedia heißt es dazu:
“Als ‘kommerziell’ bezeichnet man Unternehmungen jeglicher Art, deren Motivation und Zweck die direkte oder indirekte wirtschaftliche Gewinnerzielung sind.”
Gut, die Gewinnerzielung steht also im Vordergrund und in der Kunst soll genau das nicht der Fall sein. Wie so etwas dann aussehen kann, habe ich ja erst kürzlich beschrieben. Nun ist es doch aber eine Tatsache, dass es in der Kunst Bereiche gibt, die sich sehr wohl dem Kommerz verschrieben haben. Vor allem der Musikbereich bietet da jede Menge Beispiele: Madonna etwa, wenn wir die heutige Zeit betrachten oder Mozart, wenn wir ein paar Jahrhunderte zurückschauen.
Wendet man obiges Statement von Simon A. Frank auf Madonna an, dann müssten wir konsequenterweise zu dem Ergebnis kommen, dass das, was Madonna hervorbringt, keine Kunst ist. Darüber kann man jetzt zwar streiten, aber das kann man bei jeder Form von Kunst.
Mir stellt sich daher die Frage, ob sich Kunst und Kommerz wirklich ausschließen müssen? Kann es nicht auch sein, dass Kunst und Kommerz durchaus nebeneinander existieren können?
Kommerzieller Erfolg heißt, dass ich mit meiner Kunst viele Menschen anspreche, begeistere und dadurch wirtschaftliche Erfolge erziele. Das kann zu Lasten der künstlerischen Qualität gehen, muss es aber nicht. Und zwar dann nicht, wenn ich mein potenzielles Publikum ernst nehme und mich auf einen Dialog mit diesen Menschen einlasse. Das heißt, ich entwickle meine Kunst nicht irgendwo im stillen Kämmerlein, sondern betrachte den künstlerischen Prozess als einen, an dem andere teilhaben können, die mich in meiner künstlerischen Produktion sehr wohl auch beeinflussen (können).
Eigentlich funktioniert das Web2.0 genau nach diesen Prinzipien und insofern heißt Online-Marketing dann nicht, dass ich über diese Kanäle meine Produkte verkaufe, sondern mit den Menschen in einen Dialog trete und mich auf einem dann hoffentlich sehr hohen Level mit ihnen austausche.
Gelingt es mir also, mit möglichst vielen Menschen in einen solchen Dialog zu treten und sie auf eine Reise mitzunehmen, an dessen Ende ein Kunstwerk steht, für das diese dann zu zahlen bereit sind, dann bin ich einerseits kommerziell und liefere andererseits aber auch ein (hoffentlich) qualitativ hochwertiges künstlerisches Ergebnis.
Dann müssen wir auch die Aussage von Christoph Mathiak diskutieren, der in einem Kommentar zum Interview schreibt, dass sich Kulturmarketing aus dem Erstellungsprozess heraushalten müsse. Wenn wir das Web2.0 als partizipativen Ansatz verstehen und unser Marketing darauf aufbauen (vom Monolog zum Dialog), dann kann das auch Auswirkungen auf den künstlerischen Prozess haben und dazu führen, dass KünstlerInnen nicht mehr vor sich hin produzieren, sondern das künstlerische Produkt das Ergebnis eines Dialogs ist.
Je mehr Menschen ich in diesen Dialog einbinde und von meiner Kunst begeistere, desto mehr Menschen kommen dann in meine Ausstellungen, kaufen meine Bücher oder was auch immer. Künstlerische Qualität und kommerzieller Erfolg könnten also durchaus nebeneinander stehen und ich als KünstlerIn dürfte auch ohne schlechtes Gewissen beides anstreben.
Was meinen Sie dazu?
PS: Die Frage “Kunst oder Kommerz?” hat mich schon vor einiger Zeit beschäftigt.
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