© Rainer Sturm; Pixelio
Der Pressespiegel ist bis heute noch ein wichtiger Gradmesser, wenn es darum geht, den Erfolg eines Projektes oder der eigenen Arbeit zu bewerten. Wie viele Zeitungsartikel wurden darüber geschrieben und veröffentlicht? Haben Radio und TV darüber berichtet und wenn ja, wie ausführlich?
Leider werden der Kunst und der Kultur immer weniger Platz eingeräumt, egal welches der klassischen Medien wir anschauen. Gut, die Gründe sind hinlänglich bekannt, aber was machen denn die Kulturbetriebe, um noch irgendwo in den Medien erwähnt zu werden? Schließlich ist es wichtig, in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden, wenn es um die Akzeptanz des eigenen Angebots bzw. um die Auslastung geht.
Eine Möglichkeit ist der Aufbau einer Social Media Präsenz, was mittlerweile viele Kulturbetriebe erkannt haben und deshalb auf Twitter, Facebook, etc. zu finden sind. Nur reicht das schon, wenn ich über diese verschiedenen Kanäle mein Publikum zu erreichen versuche? Ich denke nicht, denn es fehlt der Multiplikatoreffekt, für den die Berichterstattung in den Feuilletons gesorgt hat bzw. sorgt, wenn es gelingt, dort hinein zu gelangen.
Für den Multiplikatoreffekt könnten z.B. Blogger sorgen. Nur wie geht man da vor? Ed Wohlfahrt hat ein recht schönes Beispiel aus dem Tourismusbereich entdeckt. In seinem Blogpost “Tourismus 2.0: Blogger Relations auf australische Art” erzählt er, wie Tourism Australia das macht. Dort setzt man auf Blogger und lädt diese ganz gezielt zu Veranstaltungen nach Australien ein. Der erste, der in den Genuss einer solchen Einladung kam (und darüber hinaus auch bezahlt wurde), war Scott Schuman, der mit The Sartorialist eines der einflussreichsten Modeblogs betreibt. Eingeladen wurde er zur Fashion Week nach Sydney, verbunden mit der Hoffnung, dass seine Berichte über diese Modemesse entsprechend Aufmerksamkeit erregen. Die Rechnung ging wohl auf, denn Schumann veröffentlichte auf seinem Blog, das monatlich ca. 3 Mio. Zugriffe aufweist, insgesamt 16 Beiträge und erhielt darauf mehr als 2.000 Kommentare.
Nun haben die Kulturbetriebe, um die es mir hier geht, in der Regel ihren Sitz nicht in Australien und sie hätten wahrscheinlich auch nicht das Geld, Blogger aus Europa, den USA oder sonst woher einzuladen. Hinzu kommt, dass es im Kunst- und Kulturbereich keine Weblogs gibt, die ein so große Reichweite aufweisen.
Was also tun? Einen möglichen Weg haben die Duisburger Philharmoniker aufgezeigt, die mit ihrer Aktion Web@Classic (siehe dazu: “Und was kommt nach dem Web2.0?“) die entsprechende Aufmerksamkeit im Social Web erreichen konnten.
In diesem Fall konnte man es sich leisten, eine relativ große Bloggerschar einzuladen, weil an freien Sitzplätzen kein Mangel herrschte. Was aber ist, wenn es sich um eine Premiere handelt, vielleicht mit bekannten KünstlerInnen? Verzichte ich dann darauf, Blogger einzuladen, weil ich auch so in den Medien auftauche und ein volles Haus erwarte? Bzw. was mache ich, wenn Blogger um eine kostenlose Karte anfragen, weil sie über das Event berichten wollen? Ablehnen? Wahrscheinlich würde das nicht besonders gut ankommen und mittel- und langfristig dem Kulturbetrieb eher schaden.
Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Blogpost von Amanda Ameer auf Life’s a Pitch. In ihrem Beitrag “No such thing as a free ticket” geht es genau um dieses Problem. Schließlich bedeutet die Einladung an einen oder mehrere Blogger eine finanzielle Einbusse, denn die Plätze ließen sich ja sonst verkaufen. Sie empfiehlt, sich im Falle einer Anfrage das Blog genau anzuschauen und auch die Statistik (Zugriffszahlen) zu berücksichtigen.
Was aber ist, wenn dann der Blogger die Veranstaltung dank einer kostenlosen Karte genießen kann, im Blog aber nicht darüber berichtet? Ameers Haltung ist da ganz eindeutig:
“I would also recommend giving many bloggers first chances but not so many second chances. If a blogger with a high number of page views is given a ticket to a concert and then doesn’t review it, it’s fine to turn down their next request as far as I’m concerned. Bloggers aren’t dealing with space constraints or editors, so there’s no excuse for accepting free tickets and then not reviewing.”,
schreibt sie. Auch sie hat im Fall eines ihrer Kunden auf Blogs gesetzt und sich ganz gezielt zwei einflussreiche herausgesucht. Nun gibt es mittlerweile auch bei uns einige Blogs, die sich der kulturellen Berichterstattung verschrieben haben. Was mich interessieren würde: wie gehen die Kultureinrichtungen damit um? Sprechen sie die Blogger ganz gezielt an und laden sie ein? Oder ist das Thema Blogger Relations dort noch gar nicht angekommen?
Und noch eine Frage habe ich dazu: interessieren sich Blogbetreiber überhaupt dafür, in die Rolle von Kulturjournalisten hineinzuwachsen, bei denen dann natürlich auch professionelle Maßstäbe gelten?
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