Fundraising: viele Köche verderben den Brei

Hordenpott
© Henning Hraban Ramm; Pixelio

Die Frage, wie sich die eigenen Ideen realisieren lassen, treibt uns wohl alle um. Wir schreiben Konzepte, entwickeln Strategien, suchen Verbündete und dann kann es schon losgehen. Leider falsch, denn einen wichtigen Punkt habe ich hier weggelassen: das liebe Geld. Die möglichen Geldquellen sind schnell genannt. Da ist zum einen das, was von den öffentlichen Stellen kommt und dann besteht natürlich noch die Möglichkeit, Einnahmen zu erzielen. Und noch etwas gibt es: Fundraising, das Auftreiben von privaten Geldern, also z.B. Spenden oder auch das, was Sponsoren in Form von Gegengeschäften beisteuern.

Ob wir Fundraising nun eher als das Sammeln von Spenden verstehen oder sehr viel umfassender wie im angelsächsischen Raum. Immer geht es um die Frage, wie wir an die Menschen herankommen, die dazu beitragen sollen, unsere Ideen zu verwirklichen. Nur wie macht man das am besten? Ratgeber gibt es in großer Zahl, wie die Suche bei Amazon zeigt.

Während diese Bücher ihre Botschaft meist auf vielen Seiten loswerden, genügt Jeff Brooks ein kurzer Artikel, um aufzuzeigen, worauf es beim Fundraising ankommt. Brooks, der mit dem Donor Power Blog eines der bekanntesten Fundraising Blogs betreibt, hat auf Fundraising Success (s)ein Erfolgdrezept verraten. “Three Laws of Fundraising Dynamics” ist der Beitrag überschrieben, in dem Jeff Brooks sehr klar darlegt, worauf es ankommt.

Und weil sein erstes “Gesetz”, das es zu beachten gilt, lautet:

” (…)the more you say, the less people listen”,

kommt er auch gleich zum Thema. Oder anders ausgedrückt:

“There’s a clear inverse correlation between the complexity of a message and its effectiveness at motivating people.”

Während wir häufig die Hintergründe erklären, damit sie alle verstehen können und die Leute mit entsprechendem Wissen ausstatten – wobei wir auch, wie Brooks schreibt, gerne darauf hinweisen, dass wir natürlich noch sehr viel mehr Dinge machen – muss für ihn die erfolgreiche Botschaft so aussehen:

“Do this specific good deed.”

Das heißt, es geht um die eine einfach gehaltene Botschaft, die bei der Zielgruppe auch ankommt. Wie schaffe ich es aber überhaupt, an die Zielgruppe heranzukommen? Brooks wirft denen, die sich auf die Suche nach Geldgebern machen vor, immer nur von sich zu erzählen, aber:

“Self-focused communication is an ineffective way to attract people and might make you come across as boring, clueless, creepy — or all three”,

meint er. Oder anders ausgedrückt:

“The self-focused organizations are so uncool, they think they’re cool. They press on with their look-at-me monologues, never noticing that nobody’s impressed and nobody’s listening.”

Seiner Meinung nach funktioniert Kommunikation ganz anders. Wir kommen über die Dinge ins Gespräch, die beide Seiten berühren, die wir teilen können. Adam Thurman hat das auf seinem Mission Paradox Blog recht schön auf den Punkt gebracht und von “art as a hub” gesprochen (siehe dazu auch mein Blogpost: “People don’t want to connect to art“). Gemeinsam über etwas sprechen, darum muss es gehen. Dabei komme es gar nicht auf die Größe an, meint Brooks, denn oft seien es kleine und unscheinbare Dinge, über die wir ins Gespräch kommen.

Über etwas ins Gespräch zu kommen heißt aber nicht, dass wir unseren Gesprächspartnern permanent erzählen, wie toll wir sind. Eine gemeinsame Gesprächsbasis zu finden heißt vor allem erst einmal zuzuhören. Was bewegt unsere Zielgruppen, was ist ihnen wichtig, wo engagieren sie sich? So werden die Voraussetzungen geschaffen nicht nur für das gemeinsame Gespräch, sondern auch für eine neue Sichtweise unserer Zielgruppe. Denn, so Jeff Brooks weiter:

“Your donors don’t support you because you’re the coolest organization on the block. They support you because they are cool. And you are just cool enough for them to consider inviting you into their circles. You are the trembling, grateful newcomer hoping to be allowed to hang out with the cool donor.”

Das ist in meinen Augen der entscheidende Punkt, weil es dabei nicht nur darum geht, ob ich zuhören kann. Nein, es geht um eine Haltung, um die Wertschätzung, die ich anderen Menschen entgegen bringe. Zugegeben, eine solche Einstellung ist leicht einzufordern. Ihre Umsetzung ist aber wahrscheinlich eine der größten Herausforderungen, vor denen wir im Fundraising stehen. Und nicht nur im Fundraising, hier geht es um eine grundsätzliche Haltung anderen Menschen gegenüber, mit denen wir in Beziehung treten wollen. Ob als Spender, Sponsoren oder auch als Kunden.

Die Herausforderung besteht darin, Beziehungen aufzubauen, die nicht einseitig sind, sondern aus Geben und Nehmen bestehen. Auf der Gesprächsebene ist das Ergebnis ganz banal: aus dem Monolog wird ein Dialog.

Wer führt nun diesen Dialog und wer entwickelt die Botschaften? Brooks empfiehlt, sich einen professionellen Texter zu suchen, der sich im Bereich Fundraising auskennt und von der Organisation die entsprechende Unterstützung erhält. Die Betonung liegt auf Unterstützung, denn die dritte Regel, die Brooks in seinem Artikel aufstellt, lautet:

“The more people involved in creating, revising and polishing a fundraising message, the more complex and self-focused it will be. Or as grandma might have said, too many cooks spoil the broth.”

Mir gefällt dieses Plädoyer für eine klare Aufteilung der Arbeit. Viele Köche verderben den Brei, dieser Spruch trifft leider viel zu oft zu. Nicht nur im Fundraising.

Das heißt, in der Kommunikation mit der Zielgruppe geht es um Wertschätzung, um das Gespräch auf Augenhöhe. In diesem Gespräch gilt es nicht, meinem Gegenüber zu zeigen, wie toll ich bin, sondern das gemeinsame “Ding” zu finden, das beide Seiten toll finden. Ist dieses “Ding” gefunden, egal ob im NPO-Bereich allgemein oder in Kunst und Kultur, dann gilt es die richtige Botschaft parat zu haben, die dann zu einer Handlung führt.  Klingt ganz einfach, oder?


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2 Antworten zu „Fundraising: viele Köche verderben den Brei“

  1. Es ist wirklich sehr interessant zu beobachten, wie sehr Kommunikation wohl in fast allen Bereichen immer als einseitiges Sender-zu-Empfänger verstanden wird. (Zumindest immer dann, wenn Sender etwas von Empfänger wollen – eigentlich müsste es ja schon im Wort eine Umkehrung geben: der der Sender will empfangen und der Empfänger soll Geld, Aufmerksamkeit, Achtung, was auch immer senden)
    Wie ja auch schon im Artikel angesprochen, betrifft das nicht nur das Fundraising. Die Debatte um die Vodafone PK (Presse- oder doch Public Konferenz?) hat das auch bewiesen. Mich würde interessieren, ob wir es jetzt also tatsächlich mit einem Kulturwandel in der Kommunikation zu tun haben, den das Web 2.0 mit seinen einfachen Tools des entweder Sender ausschaltens oder des Antwortens (irgendeine Plattform findet sich immer, im Notfall macht man sie selbst auf) mit sich gebracht hat. Und wenn Kulturwandel, ist er wirklich eine Folge des Web 2.0? Und wie wirkt sich das dann außerhalb des Internets aus?

  2. Interessante Fragen… Ich denke nicht, dass das Web2.0 Auslöser eines Kulturwandels ist. Ist es nicht eher so, dass wir an einem Punkt angekommen sind, wo Kommunikation in vielen Fällen zum Ritual erstarrt ist und eigentlich nicht mehr funktioniert? Wenn ich nun merke, wie unbefriedigend diese Form der Kommunikation ist, dann werde ich gegenüber neuen Ansätzen natürlich offen(er) sein, was dazu geführt hat, dass das Web2.0 eine rasante Entwicklung genommen hat.

    Wobei es ja nur teilweise um technologische Entwicklungen geht. Den Dialog in Form von Foren oder Chat gibt es ja schon länger. Aber all das funktioniert nur, bin ich überzeugt, mit der entsprechenden Haltung. Ein Twitterstream, in dem ausschließlich Werbung in eigener Sache gemacht wird, interessiert keinen Menschen. Das ist, salopp formuliert, weiter Web1.0.

    Die Frage, wie sich diese Entwicklung außerhalb des Internets entwickelt, ist sehr spannend. Ich behaupte, dass Online- und Offline-Welt immer weiter zusammenwachsen und viele vom Web2.0 nur dann profitieren, wenn es ihnen gelingt, ihre Kommunikation in der Online-Welt in die reale Welt zu übertragen. D.h. wenn ich dort weiter 1.0-mäßig kommuniziere, dann bringt mir das Web2.0 eher weniger.

    Ich denke, wir befinden uns derzeit mitten in einer Veränderungsphase. Nur ist es immer leichter, rückblickend auf so eine Phase zu schauen als mitten drin zu sein. Insofern ist das mit Bewertungen nicht ganz einfach. Aber wenn wir uns anschauen, dass Aktionen aus der Online-Welt immer häufiger in die reale Welt “schwappen”, dann ist das, glaube ich, ein (erster) Hinweis auf eine Veränderung. An deren Ende dann vielleicht so etwas wie ein Kulturwandel steht.

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