Eigentlich sollte es in diesem Blogbeitrag um ganz andere Dinge gehen. Aber dann blieb ich bei Don Alphonso und den Abmahnkriegen (Absatz 4 seines Beitrags) hängen. Das alte Muster Journalist versus Blogger. Was ist geschehen?
In der ZEIT erscheint eine Kolumne von Eva Schweitzer, die Philipp vom nom nom nom Blog so gut gefällt, dass er ein eigenes Blogpost daraus macht. Wobei die Formulierung “eigenes Blogpost” vielleicht etwas übertrieben ist, denn eigentlich schreibt er nur vier Zeilen selbst und kopiert dann ein Drittel der Kolumne in seine Eingabemaske. Fertig.
Passiert ist das alles im Mai 2008, also vor eineinhalb Jahren. Nun hat Philipp eine Abmahnung erhalten, derzufolge er 1.200 Euro Schadensersatz plus 955 Euro Anwaltskosten zahlen soll. Johnny Haeusler von Spreeblick nimmt sich der Sache an und veröffentlicht einen Beitrag dazu. So erhält die Sache ihren richtigen Drive und nun kann man den Fortgang hier und hier (und wahrscheinlich auch noch an vielen anderen Stellen im Internet) verfolgen.
Liest man sich all die Beiträge und vor allem die Kommentare durch, dann wird man einerseits gut unterhalten (etwas Zeit sollte man schon dafür einplanen). Andererseits gibt es da aber ein paar Punkte, über die man sich Gedanken machen sollte:
- Ich halte es für bedenklich, wenn man eine so große Textpassage aus einem anderen Artikel übernimmt und selbst nur vier kurze Zeilen voranstellt. Gefällt mir ein Text, dann habe ich die Möglichkeit, ihn via Twitter zu verlinken. Und wenn ich wirklich so viel Text übernehmen mussmöchte, dann kann ich mir immer noch mit der indirekten Rede behelfen. Aber dann sollte ich mir wenigstens noch ein paar eigene Gedanken dazu machen (und sie dann auch formulieren), sonst besteht die Gefahr, dass sich die UrheberIn des Textes dagegen wehrt. Und das zu Recht. Es gibt nun mal einen gesetzlichen Rahmen, an den man sich halten kann oder nicht. Tut man das nicht, dann muss man aber auch mit Konsequenzen rechnen. Als Entschuldigungsgrund anzuführen, man sei ein nichtkommerzielles Blog, ist etwas naiv. Die Regeln sollte man auch als Nichtkommerzieller kennen. Und für den Fall der Fälle: man kann ja auch fragen.
- Das Abmahnen scheint sich (in Deutschland) zu einer beliebten Einnahmequelle entwickelt zu haben. Diese Art, miteinander zu kommunizieren bzw. miteinander umzugehen, zeigt aber auch, dass wir anscheinend gar kein Interesse mehr daran haben, ein Problem friedlich zu lösen. Oder ist es Unvermögen? Ob dieser Fall oder die Tatzengeschichte, immer ist diese Vorgehensweise mit einem Imageschaden verbunden, sozusagen als Kollateralschaden. Und immer wieder stellen die Beteiligten dann im Nachhinein fest: Hoppla, das kann man ja auch anders lösen. Wäre es nicht sinnvoll, sich solche Dinge durch den Kopf gehen zu lassen, bevor die Keule ausgepackt wird? Oder wiegt man sich in einer solchen Situation so in Sicherheit, dass das Gehirn ausgeschaltet wird?
- Die Auseinandersetzung Journalisten – Blogger wird allmählich langweilig. Müssen solche Geschichten wirklich zu einem Kulturkampf hochstilisiert werden? Die Trennlinie verläuft doch, wenn überhaupt, wo ganz anders, nämlich wenn es um die Frage Amateur oder Profi geht? Gut oder schlecht? Wenn ich heute eine Seite im Internet finde, die mir wertvolle Informationen oder gute Unterhaltung liefert, dann ist es mir eigentlich völlig egal, ob es sich um eine Online-Zeitung oder ein Blog handelt. Vielleicht wäre es zielführender, die Qualität in den Vordergrund zu stellen und nicht die Frage nach dem Format?
- Nur ganz kurz: der Ton macht die Musik…
- Und noch ein letzter Punkt: das Web 2.0 ist nicht demokratischer, gerechter und ich weiß nicht was alles als die “reale” Welt. Es sind immer wir selbst, die sich dafür entscheiden müssen, ob uns Gerechtigkeit, Vertrauen, etc. als Werte wichtig sind, online und offline. In der Offline-Welt sind sie das oftmals nicht, warum sollte es dann online anders sein? Glaubt jemand, dass dort die besseren Menschen unterwegs sind? Ich behaupte nein, deshalb sollte sich, wer im Web 2.0 unterwegs ist, nicht als besserer Mensch fühlen.
Das war’s auch schon…
Schreibe einen Kommentar Antworten abbrechen