Als ich zur Schule und später zur Uni ging, kaufte ich mir Schallplatten bzw. überspielte mir mangels eines entsprechend hohen Budgets die Platten anderer auf Kassette. Danach kam die CD und anschließend die ganzen Filesharing-Geschichten. Im nun zu Ende gehenden Jahr habe ich für Musik keinen Cent ausgegeben. Dank der zahlreichen Online-Angebote ist das nicht nötig. Hinzu kommt, dass ich dank Plattformen wie Mixcloud, Soundcloud oder Jamendo ständig Neues entdecken kann.
Diese Entwicklung wird von einigen Branchen zum Anlass genommen, mir als Kunden “vorzuwerfen”, dass ich heute nicht mehr bereit sei, für Inhalte zu bezahlen. Dazu wird noch die Moralkeule geschwungen, denn, so die Argumentation, nun könne man die Produzenten dieser Inhalte nicht mehr entsprechend bezahlen.
Aber haben wir überhaupt jemals für Inhalte bezahlt? Joachim Dreykluft glaubt da nicht daran und erläutert seine Sichtweise im FTD-Artikel “Zukunft der Zeitung: Bezahlen Sie für diesen Inhalt?“. Er ist der Überzeugung, wir als in diesem Fall LeserInnen einer Zeitung bezahlen nicht für die Inhalte, sondern eher für Produktion und Distribution. Bei sinkenden Kosten heißt das, unsere Bereitschaft zu zahlen sinkt entsprechend. An dieser These ist was dran, denn warum sonst ist die Zahlungsbereitschaft beim Online-Empfang von Inhalten auf mobilen Endgeräten höher als auf unserem Desktop am Schreibtisch? Für die Möglichkeit, die Inhalte auf unserem mobilen Endgerät an jede Ort abrufen zu können, scheinen wir bereit zu sein, mehr Geld auszugeben als für die Bereitstellung am PC.
Ehrhardt F. Heinold, über dessen Blog zum Publishing-Business ich auf diesen Artikel gestoßen bin, überträgt die Forderung Dreyklufts, die Printmedien müssten wieder mehr Kontrolle über die Distributionskette bekommen, um Geld verdienen zu können, auf die Verlage. Warum überlassen sie den Markt der mobilen Lesegeräte anderen, fragt er sich.
Ich finde diesen Ansatz, wir bezahlen eher für die Distribution und nicht so sehr für die Inhalte, sehr interessant und stelle mir die Frage, ob das das auch für den Kunst- und Kulturbereich gilt? Nehmen wir als Beispiel die Digital Concert Hall der Berliner Philharmoniker. Zahlen wir da (vor allem) für die Inhalte oder die Möglichkeit, die Konzerte live auf dem eigenen Bildschirm in der entsprechenden Qualität erleben zu können?
Ähnlich verhält es sich mit der Kombination Städtereise und Kultur, d.h. wir zahlen dafür, um z.B. an einem Wochenende nach Wien zu fahren und dort in die Oper zu gehen. Zwar ist der Opernbesuch dann der Anlass für die Reise. Der Hauptanteil der Kosten fällt aber dann für Reise und Hotel an.
Vielleicht sollten sich Kunst- und Kultureinrichtungen verstärkt darum kümmern, wie die eigenen Distributionsketten aussehen? Unter Umständen lassen sich hier neue und interessante Wertschöpfungsketten entwickeln, an deren Ende dann auch für die Kulturbetriebe neue Einnahmequellen stehen. Zumal der Druck durch die leeren Kassen der öffentlichen Hand weiter zunehmen wird.
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