© Klaus-Uwe Gerhardt ; Pixelio
Über die Crowdfunding-Gruppe auf Facebook bin ich auf ein Blogpost von Dorothée Hahne gestoßen, in dem sie sich mit dem derzeit herrschenden Crowdfunding-Boom beschäftigt.
“Die Idee des Crowdfunding ist, daß gute Ideen freiwillige Unterstützer finden und sich so marktunabhängig und ohne öffentliche Kulturtöpfe finanzieren lassen,”
schreibt Hahne und sieht vor allem für die “vor sich hin darbende freie Kulturszene aus Genies und Wahnsinnigen” eine Möglichkeit, die eigenen Vorhaben zu finanzieren. Dass das Crowdfunding gerade jetzt bei uns in Mode kommt, erstaunt nicht, schließlich sind die öffentlichen Kassen leer und wirkliche Alternativen fehlen, vor allem für die freie Szene.
Aber nicht nur der Kunst- und Kulturbereich springt auf diesen Zug auf, auch die Anbieter von Crowdfunding-Plattformen haben sich in der letzten Zeit vermehrt. Wer auf solchen Plattformen sein Projekt vorfinanzieren möchte, geht eigentlich kein finanzielles Risiko ein, denn erst wenn es gelingt, die angestrebte Summe zusammen zu bekommen, wird eine Provision fällig. Wie hoch die jeweils ist, hat Dorothée Hahne recherchiert und die Ergebnisse dankenswerterweise in ihrem Blogpost zusammengefasst.
Diese Provisionen stören sie allerdings und so schließt sie ihren Beitrag mit folgendem Statement:
“Die Ware Kultur ist nicht die wahre Kultur und wo mit Kultur Geld gemacht wird, sollte genau hingesehen werden, wer wie mit wessen Geld umgeht. Ein gesundes Kulturfördersystem wird sich auch finanziell ins Gleichgewicht bringen, aber Kultur die primär als Wirtschaftsfaktor und Geschäftsidee behandelt wird, wird unserer Gesellschaft genau das nehmen, was sie am nötigsten braucht: unabhängige freie Kultur und Bildung als Basis einer freien und mündigen Gesellschaft!”
Ich kann das eigentlich alles unterschreiben, nur würde ich die auf den Plattformen im Erfolgsfall fälligen Provisionen nicht unbedingt als Geschäftemacherei bezeichnen negativ sehen. Bis jetzt macht da niemand wirklich mit der Ware Kunst Geld, warum sonst ist Sellaband vor einiger Zeit nur knapp der Pleite entgangen?
Aber abgesehen von der Tatsache, dass man mit so einer Plattform nicht reich wird: ich halte es für durchaus legitim, dass die Plattformen eine Provision erhalten, schließlich geht es einerseits darum, die entsprechende Infrastruktur zu schaffen, damit die Plattform technisch funktioniert und z.B. auch der Geldtransfer problemlos möglich ist. Andererseits müssen sie aber auch dafür sorgen, dass die Plattform entsprechend bekannt wird, da ich sonst mit meinem Projekt alleine auf der Plattform sitze und vergeblich auf Unterstützung warten werde.
Hahne kritisiert in ihrem Blogpost die TAZ, die in einem Artikel über Crowdfunding die einzige Plattform ohne Provisionsgebühren unerwähnt gelassen hat. Aber auch sie muss sich natürlich finanzieren und erbittet deshalb Spenden und profitiert von einer Art Quersubventionierung, in dem die Einnahmen aus Beratungsleistungen in den Erhalt der Plattform fließen. Auch diesen Ansatz kann man theoretisch kritisieren und als reine Marketingmaßnahme abtun.
Ich persönlich habe mit keinem der beiden Ansätze ein Problem, sondern betrachte solche Plattformen als ein interessantes Finanzierungsinstrument für Projekte im Kunst- und Kulturbereich. Allerdings weiß ich nicht, ob ich dort die Spendenschiene fahren würde. Die in dem TAZ-Artikel angesprochene Musikgruppe Marillion hat ja keine Spenden eingesammelt, sondern sich das Album vorab finanzieren lassen, d.h. die KäuferInnen haben die Kosten für LP/CD noch vor der Produktion gezahlt und nicht erst an der Ladentheke.
Und genau so würde ich es auch sehen. Crowdfunding heißt, die InteressentInnen schon sehr frühzeitig zu identifizieren, um Planungssicherheit und die notwendigen finanziellen Mittel zu erhalten. Crowdfunding ist kein einfacher Ersatz für fehlende öffentliche Mittel, sondern ein Erlösmodell, das völlig anders funktioniert und ganz andere Anforderungen an die KünstlerInnen stellt. Vereinfacht gesagt geht es in diesem Fall nicht mehr darum, Förderformulare auszufüllen, sondern sich mit seinen (potenziellen) Zielgruppen zu beschäftigen und sie von der eigenen Arbeit zu überzeugen.
Wer glaubt, dass das viel einfacher ist, der irrt. Die Herausforderungen sind vermutlich viel größer, denn die öffentlichen Stellen befassen sich nur selten mit der Qualität der künstlerischen Arbeit. Fans wollen überzeugt werden, bevor sie Geld locker machen.
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