Das Museum und sein Publikum


© Gerd Altmann/Shapes:AllSilhouettes.com Pixelio

Wie sehen eigentlich Kultureinrichtungen ihr Publikum? Und sehen sie ihr Publikum heute anders als noch vor, sagen wir, 20 Jahren? Diese Frage wird immer wieder diskutiert, besonders natürlich im Zusammenhang mit Social Media. Was bedeutet das, wenn aus dem Monolog ein Dialog wird und das Publikum die Möglichkeit hat, sich zu artikulieren? Man könnte jetzt ein Konzept schreiben und eine Strategie entwickeln, allerdings hat die den Nachteil, dass Konzept und Strategie die Sichtweise der Kultureinrichtung wiedergeben, während wir von der Gegenseite nichts erfahren.

Das MAK, das Museum für angewandte Kunst in Wien, schlägt hier einen interessanten Weg ein: es lädt zu einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung ein, bei der diese Punkte diskutiert werden sollen. Schon im Vorfeld hat das Museum seinen BesucherInnen einige Fragen gestellt, um die es dann gehen soll. Spannend finde ich vor allem diese drei:

  1. Was soll das MAK den BesucherInnen in der Zukunft bieten?
  2. Wie positioniert sich das MAK im Zeitalter grenzenloser Kommunikation und schneller Verfügbarkeit von Informationen über das Internet gegenüber seinen BesucherInnen?
  3. Muss und soll das MAK auf die veränderten Ansprüche und Wünsche der BesucherInnen reagieren (Stichwort Erlebniskultur)?

Zu 1.: Die Erwartungen an Museen steigen und das auf mehreren Ebenen. Attraktive Kunstobjekte und eine interessant gestaltete Umgebung (beginnt bei der Architektur und hört bei den Informationen über die einzelnen Objekte auf) sind dabei nur ein Teil dieser Erwartungen. Museen haben darüber hinaus die Chance, sich als einer der Orte zu positionieren, an denen wir uns auf die Zukunft vorbereiten.

“The relationship between libraries, museums, and their communities is at a critical intersection”,

heißt es in den Schlussfolgerungen eines Berichts über das Projekt “Museums, Libraries, and 21st Century Skills” (siehe dazu auch dieses Blogpost). Denn bedingt durch die sich wandelnden Rahmenbedingungen stehen Bibliotheken und Museen vor der großen Chance,

“to act as leaders for positive change and collaboration”.

Vor diesem Hintergrund ist es die Aufgabe von Museen, Lernumgebungen auf der Grundlage ihrer thematischen Ausrichtungen zu entwickeln und dies vermutlich unter Zuhilfenahme von Elementen aus dem Spielebereich (Stichwort Gamification).

Zu 2.: Kommunikation ist heute schon grenzenlos und Informationen sind mittlerweile fast in Echtzeit verfügbar. Für ein Museum wie das MAK bedeutet das, Informationen rasch zur Verfügung zu stellen, unter Umständen sogar live. Eine der Hürden, die es dabei zu nehmen gilt, hat mit internen Abläufen zu tun, die zu Verzögerungen führen. Will ein Museum heute in Echtzeit kommunizieren, muss es dafür sorgen, dass die dafür nötigen Prozesse ebenfalls in Echtzeit ablaufen, langwierige Befehlsketten passen da nicht dazu.

Eine noch viel größere Herausforderung stellt das Social Web für die Kommunikation dar, denn hier geht es nicht ausschließlich um Information, sondern um Dialogfähigkeit und auch das natürlich in Echtzeit. Wer reagiert aber wie auf Fragen, Kritiken oder auch Lob? Auch hier stößt ein Museum schnell an seine Grenzen, wenn es sich nicht an die veränderten Rahmenbedingungen anpasst. Immer häufiger haben Kultureinrichtungen eigene Social-Media- oder auch Community-ManagerInnen, die sich als das “Gesicht” der jeweiligen Kultureinrichtung zur bevorzugten AnsprechpartnerIn der UserInnen entwickeln. Während vor drei Jahren bei uns im Kulturbereich noch niemand diesen Job kannte, wird er in drei Jahren vermutlich eine Selbstverständlichkeit sein.

Interessant ist die Frage, mit wem die Museen im Internet eigentlich kommunizieren? Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass auch bei uns die Kluft zwischen Reich und Arm immer größer wird und die Zahl der Armen vermutlich auch zukünftig zunehmen wird. Wenn das Museum sich als zentraler Knotenpunkt in Lern- oder Wissenscommunitys etabliert, muss unter anderem die Frage beantwortet werden, wie denn Angebote für diese Zielgruppe aussehen? Was wissen Museen über sie und ihre Bedürfnisse, wie sehen Lern- und Vermittlungskonzepte für für sie aus und wer zahlt sie? Auch davon hängt es wohl ab, wie sich ein Museum im Internet präsentiert. Im Internet trifft man immer häufiger auf Schranken, hinter denen kostenpflichtige Inhlte angeboten werden. Setzt sich diese Entwicklung fort, müssen Museen sich überlegen, für welchen Weg sie sich entscheiden? Einerseits verspricht eine Paywall neue Einnahmen. Andererseits wird es so schwer, seinem Kulturauftrag gerecht zu werden und alle Menschen anzusprechen.

Zu 3.: Diese Frage lässt sich in meinen Augen sehr einfach beantworten: ja, es muss! Das Problem dabei: das Museum kennt meist nicht die Bedürfnisse und Wünsche seines Publikums, womit wir wieder bei Punkt 2 sind, denn erst im Gespräch erfahre ich etwas über die Erwartungen.

Welche Erwartungen sind das? Wird das Museum zu einem Ort, an dem es nur noch um Entertainment geht? Ich glaube, viele Museen machen sich ein falsches Bild von ihren Zielgruppen. Kultureinrichtungen betonen zwar immer, dass sie anders funktionieren als “normale” Unternehmen und deshalb das klassische Marketing nicht funktioniert. Trotzdem landen sie dann aber häufig bei einem konventionellen Marketingtool, dem Gewinnspiel. Vermutlich macht es mehr Sinn, auf Gamification- und Storytellingelemente zu setzen, denn das attraktive Element sind in diesem Fall die Inhalte des Hauses und nicht ein wertvoller Preis, der unter Umständen gar keinen Bezug zum Haus hat.


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