“Mirror ceiling“; By Richard Masoner (CC BY-SA 2.0)
Kultureinrichtungen, die im Social Web aktiv sind, bemühen sich, so wie alle anderen, um eine möglichst große Aufmerksamkeit. Meist machen wir den Erfolg an der Zahl der BlogleserInnen, der Fans oder der Follower fest, was natürlich auch nicht ganz falsch ist. Die Strategien, die dabei entwickelt werden, sind höchst unterschiedlich. Während die einen sich mit dem Thema Suchmaschinenoptimierung beschäftigen, um in den Suchmaschinen gefunden zu werden, entwickeln andere Contentstrategien oder nutzen Tools, mit denen sie leichter UserInnen identifizieren können, die ihren Kriterien entsprechen.
Aber lassen Sie uns mal die Seite wechseln. Was bringt uns eigentlich dazu, Fan einer Seite oder Follower eines Twitteraccounts zu werden? Natürlich wirken Gewinnspiele verlockend und bringen uns unter Umständen dazu, den Button anzuklicken. Aber was treibt uns an?
Ron Evans hat sich in seinem Blogpost “Thoughts on the psychology of social media” mit diesem Thema beschäftigt und fragt sich, was eigentlich in unserem Gehirn vorgeht, wenn wir interagieren und Fan oder Follower werden? Evans ist dabei auf die folgenden fünf Gründe gestoßen:
- wir wollen eine gute Sache unterstützen,
- uns werden interessante oder nützliche Dinge angeboten,
- wir werden gut unterhalten,
- wir erwarten uns einen finanziellen Vorteil oder
- wir wollen unseren Freunden zeigen, dass wir uns mit jemandem vernetzen.
Evans konstatiert, dass das alles Gründe sind, die auch bei realen Freundschaften relevant sind und wir wohl kaum gute Freunde haben, wo nicht mindestens einer dieser Gründe zutreffend ist. Und so wie wir unsere Freundschaften nicht auf Werbung aufbauen, sollten wir das, so Evans, auch im Social Web nicht tun. Den Kontakt zu anderen Menschen stellen wir nicht mit der Holzhammermethode her, sondern wir kommen mit ihnen langsam ins Gespräch, ob das im Fahrstuhl oder auf einer Party ist. Genau aus diesem Grund ist es auch unsinnig, gibt sich Evans überzeugt, als Kultureinrichtung schon im zweiten Satz Tickets verkaufen zu wollen, ob auf Facebook oder sonst wo.
Beziehungen haben wir nur zu Menschen, nicht zu Unternehmen
Abgesehen davon hält er nicht viel davon, wenn Kultureinrichtungen unpersönlich kommunizieren, denn “People don’t have relationships with organizations on social media, they have relationships with people”. Nun ist es natürlich nicht verboten, die eigenen Tickets anzupreisen, ganz im Gegenteil. Aber auch das kann auf eine sehr persönliche Art und Weise geschehen, schreibt Evans. Aus “Come to our opening night performance of Romeo and Juliet this Saturday. Tickets are on sale now: 800-555-1212” wird bei ihm:
“I can’t believe opening night is three days away. Everyone here is so excited; there is this feeling in the air. We’ve never done Romeo and Juliet before, and I’ve avoided the rehearsal so I can be surprised on opening night! If you still need a ticket, call me at 800-555-1212 and I’ll see what I can do to help you. Can’t wait! -Ron”
Mir gefällt dieser Ansatz. Ich bin heute auf ein Blogpost von Anna Ermann aufmerksam gemacht worden. In “Warum es Facebook an sozialer Intelligenz mangelt” kritisiert sie die Entwicklungen auf Facebook und spricht von einem Rückschritt ins “Zeitalter der Litfaßsäulen”. Ich bin mit der Umstellung auf die neue Chronik auch nicht glücklich und habe mein persönliches Profil bis heute nicht umgestellt. Aber diese Chronik mit ihren Nachteilen erhöht den Druck auf die Unternehmen, sich andere Wege der Kommunikation zu überlegen und zum Beispiel Facebookgruppen zu starten. Dort muss ich die Frage, ob man dort persönlich kommunizieren soll oder nicht, gar nicht mehr beantworten, denn ich kann dort nur mit einem persönlichen Profil dabei sein.
Und hier in diesen Gruppen habe ich auf Facebook die Chance, die UserInnen persönlich anzusprechen und sie für die Arbeit der Kultureinrichtung zu begeistern. So, wie auch wir uns in solchen Gruppen begeistern lassen, um dann im nächsten Schritt einer Kultureinrichtung auch als Fan oder Follower zu folgen. Vorausgesetzt eines der von Ron Evans genannten Kriterien trifft zu. Darum muss sich eine Kultureinrichtung bemühen, denn die Begeisterung entsteht nicht durch den Einsatz von Social Media. Social Media ist nur das Mittel zum Zweck, nicht mehr und nicht weniger.
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