Seit einiger Zeit beschäftige ich mich recht intensiv mit der Frage, ob sich der Nutzen von Social Media in Zahlen darstellen lässt. Eines der ersten Ergebnisse war mein Beitrag über den “Return on Investment“, auf den Stefan Parnreiter-Mathys mit einer Erwiderung reagierte. Zwar behaupten viele, dass es unsinnig bzw. unmöglich ist, den ROI von Social Media zu bestimmen, aber auf der anderen Seite herrscht derzeit eine regelrechte Aufbruchstimmung, was das Monitoring der Social Media Aktivitäten angeht.
Klout hat erst gestern verkündet, dass es sein Tool einer grundlegenden Erneuerung unterzogen hat und wir nun noch besser messen können, was rund um uns herum im Social Web passiert. Bei einem Hangout zum Thema Monitoring tauchte gestern schon im Vorfeld die Frage auf, was denn die Zahlen und Statistiken alles aussagen und erst heute fragt Guido Nockemann in einer Facebookgruppe: “Gibt es einen Unterschied in der Art und Weise, wie man bei Marken/Unternehmen aus dem kommerziellen Bereich (Coca Cola, McDonald etc.) auf der einen Seite und Kulturbetrieben (Museen, Institute, etc.) auf der anderen seine Social Media-Aktivitäten messen kann?“
Wenn ich dann noch die Einladungen der letzten Tage berücksichtige, neue Monitoring.Tools zu testen, dann bin ich schon fast versucht, von einem Hype zu sprechen. ;-) Interessant dabei: gegen den Return on Investment wehren sich die meisten, aber gemessen wird auf Teufel komm raus. Sonst würde es ja all die Tools gar nicht geben, oder?
Was bedeutet Monitoring eigentlich?
Bevor wir aber gleich wieder bei den Tools landen, sollten wir vielleicht erst mal die Frage klären, was Monitoring überhaupt bedeutet? “Monitoring ist ein Überbegriff für alle Arten der unmittelbaren systematischen Erfassung, Beobachtung oder Überwachung eines Vorgangs oder Prozesses mittels technischer Hilfsmittel oder anderer Beobachtungssysteme“, heißt es auf Wikipedia. Dementsprechend geht es dann beim Social Media Monitoring um die Erfassung, Beobachtung und Überwachung von dem, was im Social Web passiert. Auf der Seite Social Media Monitoring heißt es etwas konkreter: “Social-Media-Monitoring (Dt.: Soziale-Medien-Beobachtung) ist ein Schlagwort, unter dem die Identifikation, Beobachtung und Analyse (Monitoring) von benutzergenerierten Inhalten (Media bzw. User-Generated-Content UGC) in sozialen Netzwerken (Social) zu Marktforschungszwecken verstanden wird.“
Wenn wir jetzt die diversen Tools genauer anschauen, dann können die eigentlich nur eines: messen. Und das ist, so schreibt Olivier Blanchard in seinem Buch Social Media ROI (Affliliate Link) nur ein wichtiger Bestandteil des Monitoring. Bevor ich mit dem Messen beginne, muss ich erst einmal wissen, was ich messen, was ich beobachten möchte, um dann die Messergebnisse zu analysieren und die Analyseergebnisse so aufzubereiten, dass die Ergebnisse klar sind und sich daraus Konsequenzen ziehen lassen.
Ich sehe momentan die Gefahr, dass wir alle fleißig irgendetwas messen, ohne zu wissen, warum wir das tun und was wir mit den Ergebnissen anfangen sollen. Sprich, wir analysieren das, was uns die Tools an Messergebnissen präsentieren, nicht. Und das, weil wir uns nicht wirklich überlegt haben, was wir eigentlich beobachten wollen.
Ohne Verbindung zu den Unternehmenszielen ist Social Media Monitoring wenig zielführend
Ich möchte an dieser Stelle die Frage von Guido Nockemann noch einmal aufgreifen: werden die Social Media Aktivitäten von kommerziellen und nichtkommerziellen Unternehmen unterschiedlich gemessen? Nein, ich denke nicht. Ein Retweet ist ein Retweet, egal ob da ein Tweet von Red Bull oder der Wiener Staatsoper wiederholt wird. Am Ende steht da nur: ein Retweet. Die Frage ist doch jetzt aber, warum ich Retweets messe? Warum ich wissen möchte, ob die Blogkommentare positiv, neutral oder negativ gehalten sind? Die Antwort ist einfach: ich muss wissen, warum ich etwas beobachte, was nichts anderes bedeutet als die Frage beantworten zu können, in welchem Zusammenhang die Social Media Aktivitäten mit meinen Unternehmenszielen stehen? Oder konkreter: welchem Unternehmensziel sie sich zuordnen lassen?
Denn erst dann kann ich die Messergebnisse entsprechend analysieren und so die richtigen Schlüsse im Hinblick auf die Erreichung meiner Unternehmensziele ziehen. Ansonsten ist das reine (Zahlen)-Spielerei, die mir nichts bringt. Um noch einmal auf den Retweet zurückzukommen. Als Staatsoper ist ein Retweet zum Beispiel wichtig, weil darin die morgige Inszenierung angekündigt wird und ich wissen möchte, wie sich die Ankündigung auf Twitter verbreitet. Red Bull hingegen geht es vielleicht darum, das eigene Image im Social Web zu erkunden. In unserem (fiktiven) Fall handelt es sich um einen Tweet, der im Retweet durch ein “super” ergänzt wurde und damit eindeutig positiv zu bewerten ist.
Und nun zu den Tools. Frank Tentler lobt in seinem heutigen Blogbeitrag das neue Klout in den höchsten Tönen. Ich würde das nicht so einfach unterschreiben, denn Klout ist zwar hilfreich, um bei anderen UserInnen eine Schnelleinschätzung vorzunehmen. Aber für das Monitoring ist Klout völlig ungeeignet, weil wir weder die alten, noch die neuen Algorithmen kennen. Überlegen Sie mal, was Ihnen unbekannte Algorithmen bringen, wenn Sie sich an den Grundsatz beobachten, messen, analysieren und berichten halten wollen?
Klout bezeichnet mich netterweise als Experten, über den es weiter heißt: “You don’t just share news, you create the news. As a pundit, your opinions are wide-spread and highly trusted (…)“. Natürlich ist es nett und tut vielleicht auch dem eigenen Ego gut, wenn einen jemand als Experten bezeichnet. Aber ich würde mein Expertentum gerne auf andere Art und Weise absichern, zum Beispiel, indem ich die Anzahl der Einladungen zu Fachkonferenzen zähle. Dafür brauche ich kein Tool und fühle mich trotzdem sehr viel wohler.
Ich möchte nun nicht die diversen Monitoringtools schlecht machen, ich probiere sie in großer Zahl aus. Aber ich glaube, dass wir gerade Gefahr laufen, uns von den zugegeben tollen Möglichkeiten der diversen Tools blenden zu lassen und dabei völlig vergessen, dass das Messen nur ein Aspekt des Monitoring ist. Ich denke, nur wer seine Hausaufgaben gemacht hat und weiß, warum er etwas beobachtet, hat Chancen, das richtige Tool zu finden, um seine Beobachtungen zu systematisieren und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Fot von Gerd Altmann auf Pixelio
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