Gestern hat die Europäische Kommission den ersten Call im Rahmen des neuen Förderprogramms “Kreatives Europa” veröffentlicht, dessen Grundstruktur ich bereits in meinem Blogbeitrag “Das neue EU-Kulturförderprogramm ‘Kreatives Europa’ verspricht mehr Geld für Kunst und Kultur” vorgestellt habe. In diesem Blogbeitrag möchte ich kurz die wichtigsten Informationen für die zusammenfassen, die sich an dieser Ausschreibung zu beteiligen beabsichtigen.
Gut geeignet als Ausgangspunkt ist diese Seite, denn hier können Sie gut erkennen, wie das neue Programm “Kreatives Europa” strukturiert ist. Wer sich die Einleitung zum Unterprogramm Kultur durchliest, erkennt recht schnell, dass sich nicht all zu viel bei den übergeordneten Zielen verändert hat. Nach wie vor geht es um Mobilität und transnationalen Austausch, neu hinzugekommen ist der Bereich Audience Development. Das Unterprogramm Kultur ist eingeteilt in vier Aktionsbereiche, nämlich
- European cooperation projects
- European Platforms
- European Networks
- Literary translation projects
Wer auf den Link “European cooperation projects” klickt, findet auf der sich dahinter verbergenden Seite alle Dokumente, die für die erste Ausschreibungsrunde benötigt werden, inklusive der Formulare. Wenn Sie sich in der Vergangenheit schon mal mit EU-Förderungen beschäftigt haben, werden Ihnen einige Punkte vertraut vorkommen, es hat sich aber vieles geändert.
Die wichtigsten Informationen zu den ersten Calls in allen vier Aktionsbereichen finden Sie im Dokument “Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen“. Ergänzt wird es durch den Leitfaden, der bis jetzt nur in englischer Sprache zur Verfügung steht. Da der Bereich der Kooperationsprojekte vermutlich am interessantesten ist, lasse ich die anderen Bereiche in diesem Beitrag unberücksichtigt und auch auf den Leitfaden werde ich erst später eingehen, in der Hoffnung, dass die deutschsprachige Version möglichst bald zur Verfügung steht.
Wer kann am Förderprogramm “Kreatives Europa” teilnehmen?
Die Länder, die am Förderprogramm teilnehmen dürfen, lassen sich in vier Gruppen einteilen:
- EU-Mitgliedstaaten
- Beitrittsländer, Kandidatenländer und potenzielle Kandidatenländer
- EFTA-Staaten
- Länder, die über die Europäische Nachbarschaftspolitik mit der EU verbunden sind
Welche Länder dann wirklich dabei sind, hängt von verschiedenen vertraglichen Abmachungen ab, deshalb lohnt es sich, sowohl einen Blick auf diese Liste zu werfen als auch bei den Cultural Contacts Points in Deutschland oder Österreich nachzufragen. Außerdem ist die Schweiz vorbehaltlich eines noch abzuschließenden bilateralen Abkommens dabei.
An dem Programm beteiligen können sich generell Akteure aus dem Kultur- und Kreativsektor, die ihren Sitz in den oben angeführten Ländern haben. Der Begriff “Akteur” umfasst laut §2 der “Verordnung zur Einrichtung des Programm Kreatives Europa” “eine Fachkraft, eine Organisation, ein Unternehmen oder eine Einrichtung”, die seit mindestens zwei Jahren eine Rechtspersönlichkeit hat und dies belegen kann.
Wichtig ist auch zu wissen, was Brüssel unter der Kultur- und Kreativbranche versteht. Laut der eben erwähnten Verordnung (ebenfalls §2) sind damit alle Sektoren gemeint, “deren Aktivitäten auf kulturellen Werten und/oder künstlerischen und kreativen Ausdrucksformen beruhen, unabhängig davon, ob diese Aktivitäten marktorientiert sind oder nicht, und unabhängig von der Art der Einrichtung, die sie durchführt. Zu diesen Aktivitäten zählen Entwurf, Produktion, Vertrieb/Verbreitung und Erhaltung von Waren und Dienstleistungen, die für kulturelle, künstlerische oder kreative Ausdrucksformen stehen, sowie damit verbundene Funktionen wie Ausbildung, Management oder Regulierung. Zur Kultur- und Kreativbranche zählen vor allem Architektur, Archive und Bibliotheken, Kunsthandwerk, der AV-Bereich (einschließlich Film, Fernsehen, Videospiele und Multimedia), das Kulturerbe, Design, Festivals, Musik, darstellende Kunst, Verlagswesen, Radio und bildende Kunst;”
Was wird gefördert?
Zwar ist in der Beschreibung der Kultur- und Kreativszene auch von marktorientierten Aktivitäten die Rede, im Call ist aber auch der Passus zu finden, dass im Unterprogramm Kultur “insbesondere gemeinnützige Projekte gefördert” werden. Ähnlich diffus bleibt der Text bei der Beschreibung der Vorhaben, die im Rahmen der Europäischen Kooperationsprojekte gefördert werden sollen. Einerseits geht es hier um den Aufbau von Kompetenzen, um transnational arbeiten zu können. Dies soll geschehen durch die Unterstützung von:
- Maßnahmen, die den Akteuren im Kultur- und Kreativbereich Fertigkeiten, Kompetenzen und Know-how vermitteln, um diesen Sektor zu stärken. Besonders gefragt sind hier der Einsatz digitaler Technologien, innovative Ansätze im Bereich Audience Development sowie das Erproben neuer Geschäfts- und Managementmodelle.
- Maßnahmen, die auf der Basis langfristiger Strategien beruhen und es den Akteuren ermöglichen, international zu kooperieren und zu agieren.
- Maßnahmen, die dazu beitragen, den Kultur- und Kreativsektor so zu stärken, dass sich ihm durch internationale Vernetzung neue Märkte eröffnen.
Ich habe hier bewusst darauf verzichtet, einfach aus dem Call zu zitieren, da die Übersetzung relativ ungenau wiedergibt, worum es hier eigentlich geht. Hier geht es nicht darum, Kunst- und Kulturprojekte durchzuführen, sondern um die Verbesserung der Rahmenbedingungen, um – ich sag das jetzt mal so – professioneller und damit internationaler arbeiten zu können. Dabei setzt Brüssel auf digitale Technologien, Audience Development, neue Managementansätze und neue Erlösmodelle. Wenn Sie Ihre Kultureinrichtung in Richtung Social Business entwickeln wollen, dann können Sie das im Rahmen dieses Calls eigentlich machen.
Andererseits geht es zweitens um den Austausch, also die Mobilität derer, die im Kulturbereich arbeiten sowie die Verbreitung von Kunst. Konkret:
- Gefördert werden internationale kulturelle Aktivitäten, zum Beispiel Ausstellungen, Festivals und Projekte, bei denen es zu einem künstlerischen Austausch kommt.
- Gefördert wird die Verbreitung europäischer Literatur, um eine möglichst große Verfügbarkeit sicherstellen zu können.
- Gefördert werden Maßnahmen im Bereich Audience Development, um dem Kunst- und Kreativbereich neue Publikumsschichten zu erschließen. Dabei geht es nicht nur darum, die Beziehungen zu seinen Besuchern zu vertiefen, sondern auch die Nichtbesucher zu erreichen.
Die ersten beiden Punkte entsprechen dem, was wir vom alten Kulturförderprogramm kennen. Das Thema Audience Development ist hier neu dazu gekommen und dient in diesem Fall dazu, konkret Besucherbeziehungen zu vertiefen beziehungsweise neue Besucherschichten zu erreichen. Während es oben eher um die Entwicklung der Modelle geht, muss man hier wohl den Weg von der Theorie in die Praxis beschreiten, um eine Förderung zu erhalten.
Fazit: Viele werden von dieser Entwicklung enttäuscht sein, denn das ist nicht mehr das EU-Kulturförderprogramm, welches wir von früher kennen. Welches Projekte in den Bereichen Theater, bildende Kunst Literatur oder Musik fördert. Natürlich ist das noch immer möglich, aber dabei handelt es sich um einen eher kleinen Teilbereich. Aber das muss nicht unbedingt ein Nachteil sein, denn bis jetzt habe ich zwar auf nationaler Ebene meine Operninszenierung oder meine Ausstellung gefördert bekommen. Aber für die Entwicklung einer zeitgemäßen Infrastruktur war bis jetzt kein Geld da. Nun gibt es Geld für Vorhaben in Bereichen wie Social Media, Marketing, Personalentwicklung oder Management. Problematisch wird nur sein, woher die Mittel für die Kofinanzierung kommen, denn entsprechende Förderprogramme fehlen in den Ländern.
Zum Thema Geld
Unterschieden wird wie auch bei den Vorgängerprogrammen zwischen kleinen und großen Kooperationsprojekten. Während man bei den kleinen Kooperationsprojekten mindestens zu dritt sein muss, wobei die Partner alle aus verschiedenen Ländern kommen müssen, ist die Hürde bei den großen Kooperationsprojekten doppelt so hoch: Verlangt werden mindestens sechs Partner aus unterschiedlichen Ländern.
Finanziell sind die Unterschiede noch größer: Während die kleinen Projekte maximal 60% des Budgets, jedoch maximal 200.000 Euro aus Brüssel erhalten, sind es bei den großen Projekten nur 50%, aber dafür bis zu 2 Mio. Euro. Gleich ist nur die maximale Projektdauer, die nicht mehr als 48 Monate, das sind vier Jahre, betragen darf.
Mehr möchte ich Ihnen in diesem Blogpost gar nicht zumuten. So Sie nicht bereits eine konkrete Idee haben, sollten Sie jetzt auf der Grundlage der Maßnahmen, die im Rahmen von “Kreatives Europa” gefördert werden, erst einmal die passende Idee finden und sich Gedanken darüber machen, wie Ihr Projekt aussehen könnte und welches vor allem Ihre Partner sein werden. An Konzepten und Budgets können Sie in der Ferienzeit arbeiten, die Partnersuche ist in dieser Zeit praktisch unmöglich. Deshalb ist es sicher klug, sich schon jetzt um passende Partner zu kümmern.
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