Crowdfunding

Crowdfunding in 11 Schritten (Teil I)

Für Crowdfunding interessieren sich derzeit viele, nicht nur im Kunst- und Kulturbereich. Ob Startup oder NGO, ob Produktentwicklung oder Theaterfestival, die Bandbreite der Vorhaben, die mit Hilfe der Crowd finanziert werden sollen, ist gewaltig. Kulturbetriebe und KünstlerInnen beschäftigen sich aus verständlichen Gründen mit dieser neuen Finanzierungsform, sind doch die Kassen der öffentlichen Hand leer und spendable Unternehmen rar.

Was liegt da näher als sein Glück auf einer der Plattformen zu suchen, die in den letzten Jahren online gegangen sind? Crowdfunding, das klingt so einfach. Aber wenn man sich mit dem Thema beschäftigt, merkt man recht schnell, dass es gar nicht so einfach ist, an das Geld der Crowd heranzukommen. Anlässlich eines Workshops im letzten Jahr habe ich versucht, den Weg einer Crowdfundingkampagne zu skizzieren und die wichtigsten Schritte herauszuarbeiten. Elf sind es insgesamt geworden (hier die Folien der damaligen Veranstaltung), die Ihnen bei Ihrem Vorhaben helfen sollen.

Schritt 1: Bauen Sie sich ein möglichst großes Netzwerk auf

Es mag etwas merkwürdig für den ersten Schritt klingen, aber wer eine Crowdfundingkampagne plant, sollte bereits auf verschiedenen Plattformen und Kanälen vertreten sein. Je größer das Netzwerk, desto besser. Aber: Die Größe alleine ist nicht ausschlaggebend, entscheidend ist das Engagement derer, mit denen Sie verbunden sind. 5.000 Fans auf Facebook sind zwar eine tolle Sache, aber sind Sie sich sicher, dass von dieser stattlichen Zahl auch einige den Weg zur Crowdfundingplattform schaffen und Sie dort unterstützen?

Unter Umständen ist es gar nicht ungeschickt, klein anzufangen und sich auf die zu verlassen, deren Engagement man – hoffentlich – einschätzen kann. Ein schönes Beispiel ist das Team des Theater Sommers Klagenfurt, das für seine im letzten Jahr gespielte Komödie “Kannibale & Diebe” die Kostüme mit Hilfe von Crowdfunding finanzieren wollte. Um es vorweg zu nehmen: Die Kampagne war erfolgreich. Interessant ist aber die Analyse dieser Kampagne, nachzulesen im Blogbeitrag “Crowdfunding – Kennzahlen einer erfolgreichen Finanzierung“. Schaut man sich an, wer das Projekt unterstützt hat, sieht man, es war nicht die große und unbekannte Crowd, sondern eher das nähere Umfeld. StammbesucherInnen, das Team selbst, aber vor allem Bekannte und Verwandte machten mehr als 80 Prozent der UnterstützerInnen aus. Ähnlich sieht es beim Geld aus: Knapp 70 Prozent der gesamten Summe kamen von Bekannten und Verwandten.

Macht es also überhaupt Sinn, auf einer Plattform eine Kampagne zu starten, wenn man ja eh alle persönlich kennt? Vor allem langfristig gesehen durchaus, denn das Produktionsteam hat es geschafft, das nähere Umfeld zu mobilisieren. Bei den nächsten Kampagnen werden Bekannte und Verwandte im Idealfall als MultiplikatorInnen wirken – schließlich können sie auf eine erfolgreiche Kampagne verweisen – und dazu beitragen, dass sich ihr prozentualer Anteil nach und nach reduziert und sich die (unbekannte) Crowd stärker engagiert. Im Laufe der Zeit wird es Ihnen gelingen, ein stabiles Netzwerk zu schaffen, auf das Sie in weiterer Folge setzen können. Die Herausforderung besteht darin, die Größe des Netzwerks richtig einzuschätzen und das erste Projekt nicht zu groß anzulegen. Scheitert es, ist der Frust groß und das Vertrauen verspielt.

Je weiter Sie auf diesem Weg bereits sind, desto höher können Sie einsteigen. Klar ist: Fangen Sie erst mit dem Beginn der Kampagen an zu mobilisieren oder wagen Sie sich erst dann ins Social Web, ist die Gefahr des Scheiterns groß. So gesehen beginnt Crowfunding schon lange vor dem Start der Kampagne.

Schritt 2: Finden Sie heraus, ob Ihr Projekt für Crowdfunding geeignet ist

Fast jedes Projekt, könnte ich hierauf antworten und den Punkt damit abhaken. Aber schauen wir uns die Sache mal etwas genauer an. Mit Hilfe von Crowdfunding lassen sich ganz verschiedene Vorhaben finanzieren. Da sind einerseits die Kampagnen, mit deren Hilfe das Geld für eine Veranstaltung zusammen kommen soll. Man sollte zwar darauf achten, wie groß der Einzugsbereich dieser Veranstaltung ist, aber der Theater Sommer Klagenfurt hat gezeigt, dass auch regionale Veranstaltungen auf Interesse stoßen. Unterscheiden sollte man, ob es sich um eine B2C- oder eine B2B-Veranstaltung handelt. Während es bei B2C-Veranstaltungen wohl kaum Probleme geben dürfte, ist die Sache im B2B-Bereich etwas komplizierter. Die misslungene Kampagne für die stARTconference hat gezeigt, dass der Rechnungslegungsprozess unter Umständen mit den Abläufen einer Crowdfundingkampagne nicht kompatibel ist. Ich möchte nicht behaupten, dass ein solches Vorhaben für eine Crowdfundingkampagne nicht geeignet ist, aber man sollte sich diesen Punkt genau ansehen.

Neben Veranstaltungen werden oft auch Produkte mit Hilfe von Crowdfundingkampagnen finanziert. So hat zum Beispiel das Podium Festival in Esslingen mit einer Kampagne die DVD für das Projekt “Strawinsky:animated” finanziert. Natürlich lassen sich auf diese Weise auch andere künstlerische Produkte finanzieren, Filme, Bücher, Comics, ich denke, der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt.

Drittens können Kulturbetriebe aber natürlich auch eine Crowdfundingkampagne dazu nutzen, um Kapital für das Unternehmen selbst einzusammeln. Das Bewertungsportal livekritik.de hat auf diese Weise mehr als 80.000 Euro erhalten und bot im Gegenzug eine Unternehmensbeteiligung an.

Im Grunde genommen lässt sich also fast jedes Projekt mit Hilfe von Crowdfunding finanzieren, zumindest teilweise. Aber manche Vorhaben werden sich leichter als andere auf diese Weise finanzieren lassen. Ich würde es zwar nicht gänzlich ausschließen, aber ein Vorhaben, bei dem es lediglich um einen Kompositionsauftrag geht, hat es vermutlich schwerer als die Finanzierung der Konzerttournee einer bekannten Band. Sie sehen, Crowdfunding eignet sich für sehr viele Projekte, es macht aber Sinn, sich das eigene Vorhaben genau anzuschauen und sorgfältig zu planen. Darum geht es dann im nächsten Teil dieser kleinen Serie.

Bild von Tumisu auf Pixabay

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Kommentare

14 Antworten zu „Crowdfunding in 11 Schritten (Teil I)“

  1. Sehr spannend Christian! Ich freue mich auf deine weiteren Schritte. Vor allem Schritt 1 kann und muss man immer wieder betonen!

  2. Danke @Malte, ich freu mich auch darauf, das Thema mal etwas umfassender aufzubereiten.

  3. Hallo Christian, es wird zeit mit den Mythen und den Unfug aufzuräumen. Ich kenne inzwischen zu viele sinnlose Plattformen und gescheiterte Vorhaben. Danke, dass Du die Voraussetzungen noch mal zusammen stellst.
    FRank

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  9. Hat dies auf mediaflat rebloggt und kommentierte:
    Read this: Ein interessanter Artikel über Crowdfunding in drei Teilen!

  10. […] von Portokosten beim Verschicken der Goodies an die UnterstützerInnen). Hier findet ihr Teil I, Teil II und Teil III. Der Beitrag ist ein super Einstieg in das Thema und bekommt diese Woche […]

  11. […] Siehe dazu auch: Crowdfunding in 11 Schritten (Teil I) […]

  12. […] hat auf seinem Blog einen abso­lut lesenswerten Beitrag zu Crowd­fund­ing veröf­fentlicht — Crowd­fund­ing in 11 Schrit­ten, in dem er wesentliche To-Do-Punkte aufzählt, die für die Pla­nung bzw. für einen […]

  13. […] Eine lesenswerte Handreichung zum Thema Crowdfunding aus kultureller und musealer Sicht (sowie mit einigen rechtlichen Hinweisen); es finden sich auch einige Querverweise auf weitere Beiträge (z.B. von Christian Henner-Fehr). […]

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