Ich mag Barcamps, weil sie mir viel mehr bringen als klassische Konferenzen. Die Atmosphäre ist viel entspannter, das Programm ist näher am Puls der Zeit, schließlich wird es nicht Monate vorher, sondern erst vor Ort beschlossen und man trifft dort viele bekannte Gesichter. Würde man es negativ ausdrücken wollen, könnte man sagen, es treffen sich dort immer die gleichen Leute, um über die immer gleichen Themen zu sprechen.
Der Vorwurf, in einer Blase zu leben, mag zutreffen, allerdings kommt er meist von den Leuten, die das Internet ablehnen, weil virtuelle Kontakte ihrer Ansicht nach nie das reale Miteinander ersetzen können. Das stimmt auch, für mich ist die Kommunikation in den sozialen Netzwerken nicht Ersatz, sondern Ausgangspunkt dafür, Menschen zu treffen, die ich entweder schon länger nicht mehr gesehen habe oder bis jetzt nur virtuell kenne und nun zum ersten Mal sehe. Deshalb mag ich die “Blase” stARTcamp auch, egal wo es jeweils stattfindet.
Am Samstag war es wieder in Münster soweit und mein Dank gilt vorab den OrganisatorInnen Sarah Gossmann, Michelle van der Veen und Jan Graefe für die wunderbare Organisation. Sie können es sich sicher auf die eigene Fahne heften, dass es schon Tage vorher keine Tickets mehr gab. Die Bandbreite der Themen war enorm, wir haben uns überlegt, wie man am besten mit dem Bloggen beginnt, wie Twitter funktioniert, wir haben uns aber auch mit dem Thema Museumsselfies, der Customer Journey oder einer vor Ort präsentierten App beschäftigt.
So bunt gemischt das Programm auch war und so zufrieden am Ende alle waren, der Vorwurf der Blase ist ernst zu nehmen. Auch wenn in Münster viele zum ersten Mal bei einem stARTcamp dabei waren, dieses Format spricht vor allem die an, die sich bereits mit der Kommunikation im digitalen Raum beschäftigen oder es zumindest vor haben. Im Anschluss an den Impulsvortrag von Christian Gries meinte eine Künstlerin, die vielen über die sozialen Medien initiierten Aktionen wie myRembrandt, #MuseumsWeek oder auch die Tweetups seien banal und würden eh nur immer die gleichen Menschen erreichen.
Ich habe mal nachgeschaut, was banal eigentlich bedeutet. Umgangssprachlich verwenden wir dieses Adjektiv klar abwertend und beschreiben laut Wikipedia damit etwas, das einen lediglich durchschnittlichen Ideengehalt aufweist. Weit interessanter ist aber der Satz, mit dem der Wikipedia-Eintrag beginnt:
“Banal (…) bezeichnete im Lehnrecht eine Sache, die der Lehnsherr seinen Vasallen überlässt.”
Versteht man banal so, könnte der Vorwurf gerechtfertigt sein. Die KünstlerInnen überlassen anderen ihre Kunst. Zu interpretieren wäre diese Geste als eine, die von oben herab geschieht. Die Frage ist dann aber, wer dafür verantwortlich ist, dass etwas banal ist? Sind es die, die sich solche Aktionen ausdenken und einfach nicht das entsprechende Niveau schaffen? Oder liegt die “Schuld” eher bei den KünstlerInnen, die von oben herab werten, was andere unternehmen, um Kunst zu vermitteln?
Heraus kommt am Ende eine Situation, in der eine Kunst, die ein Stück weit elitär ist, Probleme damit hat, von ihren “Vasallen” beworben zu werden. Und das in einem Raum, der eigentlich keine Hierarchien kennt und den Vasallen eine Macht gibt, die sie früher nicht hatten. Noch interessanter wird das Thema, wenn man bedenkt, dass die BesucherInnen eines stARTcamps gar nicht die wirklichen Vasallen sind, sondern Mittler zwischen den KünstlerInnen und dem Publikum. In welche Rolle schlüpfen wir, wenn wir ein Tweetup organisieren? Wie denken eigentlich KünstlerInnen über die Menschen, die sich vor ihren Kunstobjekten in Stellung bringen, ein Selfie schießen und das dann über die sozialen Netzwerke verbreiten?
Vielleicht können wir beim nächsten stARTcamp, das am 25. April in München stattfinden wird, diese Fragen noch einmal aufwerfen und versuchen, Antworten darauf zu finden? Und vielleicht fühlen sich auch KünstlerInnen motiviert, mal so ein stARTcamp zu besuchen? Ich denke, die Diskussion könnte spannend werden.
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