Wenn ich so die zahlreichen Blogs lese, die sich in meinem Blogreader befinden, taucht in Beiträgen immer wieder mal Kritik auf an denen, die noch nicht erkannt haben, dass im Web 2.0 die Zukunft liegt. So nach dem Motto: “warum verstehen die einfach nicht, dass Bloggen gut für sie ist?”
Was hat ein x-beliebiges Unternehmen mit Weblogs zu tun und warum sollte es auf Xing oder Facebook vertreten sein? Kann es dann mehr verkaufen oder bestimmte Abläufe optimieren? Ist das Web 2.0 etwas, wovon alle profitieren können? Beeinflusst es unser Verhalten, unsere Gewohnheiten und Werte?
Ja, denke ich, aber so einfach ist es halt nicht. Nicht jede/r wird mit dem Bloggen und Xingen beginnen, weil ein begeisterter Blogschreiber dazu rät und das ist wahrscheinlich auch gut so. Thomas Vehmeier stellt sich daher nicht ganz unberechtigt die Frage: “Ist die Blogosphäre eine Parallelgesellschaft?”
Liest man seinen Beitrag, muss die Antwort eigentlich “ja” lauten. So konstatiert er beispielsweise,
“dass auf den meisten Blogs immer (die) gleichen Leute lesen und antworten.”
Und oh Wunder: meist sind das Leute, die selbst ein Blog betreiben. Angetrieben werden sie von der Jagd nach Links, einer möglichst guten Position in diversen Rankings und dem Ziel einer umfassenden Vernetzung. Das alles spielt sich aber leider außerhalb der realen Welt ab.
Vehmeier weiter:
“Die Flucht in einen Technologismus kann eine gefährliche Bewegung werden, die die Nöte und die Notwendigkeiten einer realen Welt nicht mehr sieht.”
So weit würde ich nun nicht gehen, denn für mich ist das Social Web keine Flucht, sondern der Versuch, diverse Tools, die mir nützlich sind, in mein tägliches Leben zu integrieren. Nur was für mich nützlich ist, muss es nicht für andere sein. Und wenn mein Gegenüber kein Technologiefreak ist oder den Menschen gerne Geschichten erzählt, dann wird das halt schwierig mit einem Weblog.
Die Frage sei also noch einmal wiederholt: Ändern wir durch das Web 2.0 oder das Internet insgesamt unser Verhalten? Gabi Reinmann, Professorin für Medienpädagogik an der Universität Augsburg, verweist auf ihrem Blog e-Denkarium auf eine ganz interessante Arbeit von Rolf Schulmeister, Professor an der Universität Hamburg. Darin geht dieser der Frage nach, ob die “Net Generation” wirklich eine andere ist?
Was er dort feststellt, sollte uns zu denken geben, wenn wir das Web 2.0 als die neue Zukunft propagieren. Ich möchte nur einen einzigen Satz aus der lesenswerten Arbeit herausgreifen:
“Die Medien werden ab dann genutzt, wenn sie alltagstauglich sind, sie werden für Ziele genutzt, die man ohnehin anstrebt.” (S.91)
Das gilt es, sich zu merken, wenn wir andere davon zu überzeugen versuchen, dass es ohne Web 2.0 nicht mehr geht.
Was heißt das für den Kunst- und Kulturbereich, der ja nicht unbedingt technikaffin ist? Wer ein Weblog beginnt, wird sich gedulden müssen, bis seine Zielgruppe in den Dialog einsteigt. Und wenn jemand den Dialog beginnt, dann eher per Email oder Telefon. Ist das schlimm? Ich denke nicht, denn ich suche ja den Dialog, nicht mehr und nicht weniger.
Mag sein, dass das in anderen Bereichen anders ist, – obwohl ich das nicht wirklich glaube, aber ich weiß es halt einfach nicht – aber genau aus diesem Grund hilft es mir nicht wirklich weiter, in den verschiedenen Rankings weit oben zu landen oder besonders viele Kommentare zu erhalten. Oder würden Sie mir eine Mail schicken oder einen Auftrag an mich vergeben, weil ich mit meinem Blog im Technorati-Ranking vier Plätze vor einem anderen Kulturmanagement-Blog liege?
Wahrscheinlich nicht. Interessant wird es doch erst, wenn ich Ihnen etwas anbieten kann, was Sie in Ihrer täglichen Arbeit nutzen können und nutzen wollen. Das hat dann aber Umständen mit dem Web 2.0 gar nichts zu tun. Und erst wenn wir diesen Begriff nicht mehr verwenden müssen, sind wir im “Alltag” angekommen.
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