Als ich vor ein paar Tagen den Beitrag “Wie baue ich eine Community auf?” geschrieben habe, ging es mir nur um den groben Rahmen. Was ist aber, wenn ich nun ein Forum für “meine” Community eingerichtet habe und keiner kommt? Um diese Frage geht es in Karin Janners Beitrag “Zum Austausch im Kulturbereich“. Karin stellt die (berechtigte) Frage, ob KulturmanagerInnen kein Interesse daran haben, sich auszutauschen und verweist auf das Forum von Kulturmanagement Network und die entsprechende Xing-Gruppe, in denen ja nicht unbedingt das Leben tobt, um es mal vorsichtig zu formulieren.
Ihr Beitrag hat eine sehr interessante Diskussion ausgelöst, die sich in den Kommentaren zu ihrem Beitrag verfolgen lässt. Besonders freut es mich, dass sich auch Dirk Heinze als einer der Gründer von Kulturmanagement Network dabei zu Wort gemeldet hat. Um dieses Forum mit seinen fast 22.000 registrierten UserInnen tut es mir besonders leid. 30 Beiträge innerhalb von ca. 15 Monaten sind wirklich ein trauriges Ergebnis. Woran liegt es?
Dirk Heinze nennt zwei Gründe, die für diesen Misserfolg verantwortlich sind. Zum einen glaubt er, dass die Gruppe der KulturmanagerInnen zu heterogen sei, um sich im Forum auszutauschen. Außerdem macht er die fehlende Lust am Online-Diskutieren dafür verantwortlich, dass aus den inhaltlichen Inputs, die von Seiten der Moderatoren gekommen sind, keine Diskussionen entstanden sind.
Ich sehe das etwas anders und möchte hier ein paar Punkte aufgreifen, die in meinen Augen wichtig für den Erfolg eines solchen Forums sind, in dem es um den Aufbau einer Community geht. Denn ich gehe davon aus, dass das eines der Ziele des Forums von Kulturmanagement Network ist.
Beginnen wir mit der Technik. Ein Forum ist heute schnell eingerichtet, was zur Folge hat, dass es natürlich auch jede Menge Foren und Communities gibt. Aber diese Verfügbarkeit ist auch eine Gefahr, denn sie führt dazu, dass man sich unter Umständen gar nicht so viele Gedanken macht, welches Tool am geeignetsten ist, Menschen anzuziehen und dazu zu bringen, Teil der Community zu werden.
Das Kulturmanagement Network stellt auf seiner Website ziemlich viele Inhalte zur Verfügung. Da gibt es oft interessante Themen, die zu diskutieren wären. Nur ist der Weg vom jeweiligen Text ins Forum sehr weit. In meinen Augen zu weit, daher habe ich dann auch hin und wieder die Themen einzelner Beiträge aufgegriffen und hier im Blog darüber geschrieben. Viel lieber hätte ich direkt unter dem Beitrag darüber diskutiert, denn der Weg vom Beitrag hierher ins Blog ist natürlich auch ziemlich weit. Ich behaupte, wenn es bei den Beiträgen eine Kommentarfunktion gäbe, würde dort sehr viel mehr Leben herrschen. Ich würde mir daher die Frage stellen, ob das Forum überhaupt das richtige Instrument ist?
Das richtige Instrument wofür? Richtig, was ist eigentlich das Ziel eines Forums? Es kann darum gehen,
- Informationen auszutauschen,
- Wissen zu generieren,
- ein Netzwerk aufzubauen,
- mir und meinem Unternehmen Reputation zu verschaffen,
- mich und meine Firma zu bewerben oder einfach nur
- ein möglichst gut besuchtes Forum zu schaffen.
Klar ist, dass es in der Regel nicht um ausschließlich eines dieser oder anderer Ziele geht, sondern ich wahrscheinlich mehrere Ziele damit verfolge. Trotzdem muss ich mir aber für jedes Ziel unter Umständen eine eigene Strategie überlegen. Bin ich nur Gastgeber oder Moderator, dann muss ich die Leute wie auf einer Party miteinander bekannt machen und die Voraussetzungen schaffen, dass sie ins Gespräch kommen. Als GastgeberIn von Parties oder sonstigen Veranstaltungen wissen Sie, wie das geht: Sie beginnen ein Gespräch und versuchen, andere einzubinden.
Was passiert dort dann? Manche Gespräche entwickeln sich, manche schlafen recht schnell wieder ein. Wenn am Ende alle sagen sollen, dass es ein tolles Fest war und sich alle gut und angeregt unterhalten haben, dann haben Sie als GastgeberIn dafür hart arbeiten müssen. Zeit und Geduld sind in dieser Hinsicht also zwei nicht zu unterschätzende (Erfolgs)-Faktoren.
Im Laufe Ihrer Gespräche werden Sie feststellen, dass auf Ihrer Party Menschen sind, mit denen es ganz leicht ist ins Gespräch zu kommen, während es mit anderen eher mühsam ist. Wenn jemand Ihre Themen schnell aufgreift, dann ist das nicht selbstverständlich. Solche Leute werden Sie hegen und pflegen und ihnen immer wieder dankbar sein, wenn sie Gespräche in Gang bringen bzw. sie in Gang halten.
In einer Community ist das ähnlich. Hier gibt es die “Influencer” (mehr dazu hier und hier), die ich aufmerksam betreuen muss, damit sie mir nicht verloren gehen. Aber auch die anderen, mit denen es nicht so einfach ist, müssen Ihnen natürlich willkommen sein. Wie überall kommt es auch hier auf die richtige Mischung an.
Zurück zu Ihrer Party: Damit diese ein Erfolg werden kann, müssen Sie Leute einladen und schauen, dass auch wirklich alle kommen. Das gilt für ein Forum auch. Das Prinzip “If we build it, they will come” funktioniert nicht. Eine Community aufzubauen heißt auch, Marketing zu betreiben. Laden Sie die Menschen ein, von denen Sie glauben, dass sie für Ihre Community interessant sind. Und kümmern Sie sich um die Influencer, um die, die Ihre Gesprächsangebote im Forum oder Netzwerk aufgreifen.
Das ist harte Arbeit und dauert, ich wiederhole mich, unter Umständen sehr lange. Zwei Beiträge zu schreiben und dann auf Leute zu warten, die darüber diskutieren, das ist eindeutig zu wenig. Versetzen wir uns doch mal in die Lage derer, die ich gerne in meiner Community hätte. Warum sollen die gerade in Ihrem Forum auf Ihren Input reagieren? Was haben die davon?
Um für mich selbst zu sprechen: ich habe gar nicht so viel Zeit, um auf alles zu reagieren, was da so an interessanten Dingen jeden Tag passiert. Warum sollte ich auch darauf reagieren? Die Person, die das Forum betreibt, verfolgt damit (hoffentlich) ein klares Ziel. Aber ich? Ich kann nicht überall nur aus Jux und Tollerei Debatten führen. Das muss zusammen passen.
Um ein letztes Mal auf die Party zurückzukommen. Wenn Sie als eingeladene Person merken, dass Sie nur eingeladen werden, weil Sie so gut Gespräche führen können, werden Sie verstimmt sein und unter Umständen weiteren Einladungen nicht mehr Folge leisten.
Vielleicht sehen Sie sich aber auch gar nicht als GastgeberIn eines Forums, sondern haben Interesse an einer Community, in der Inhalte entwickelt, Wissen generiert wird. Dann gehen Sie auf der inhaltlichen Ebene in der Community auf. Andererseits sind Sie aber immer noch für die Organisation, das Management verantwortlich. Sie werden vor allem am Anfang die Inhalte liefern müssen, denn erst wenn eine Vertrauensbasis hergestellt worden ist, werden die anderen Beiträge liefern.
Ein anderer Punkt ist in diesem Zusammenhang noch wichtig, vor allem wenn es darum geht, Wissen zu generieren: es muss klar sein, wohin die Reise geht, welche Visionen verfolgt werden. In meinen Augen ist hier Leadership gefragt. Natürlich wird die Community entscheiden, was für sie interessant ist und was nicht. Aber der reine Bottom-Up-Ansatz reicht nicht aus. Es muss der Rahmen geschaffen werden, für die Atmosphäre gesorgt werden, in der die Diskussionen aufkommen können. Wenn wir von einer Community sprechen, reden wir von dynamischen Prozessen.
Dabei geht es daher nicht um die Technik, sondern um die Menschen. Denn die und ihre Interessen und Erfahrungen stehen bei jeder Community im Vordergrund. Oder anders gesagt: sie sollten im Vordergrund stehen.
Je unterschiedlicher diese Erfahrungen sind, desto besser sind die Voraussetzungen für Gespräche. Desto größer sind aber auch die Chancen, dass daraus neue Ideen, neues Wissen entsteht. Insofern ist die Heterogenität, die Dirk Heinze für das Scheitern des Forums verantwortlich gemacht hat, in meinen Augen das größte Kapital, das eine Branche und in diesem Fall ein Forum haben kann. Heterogenität ist, Verzeihung wenn ich mich hier wiederhole, die Voraussetzung für Innovation.
Außerdem glaube ich auch nicht, dass KulturmanagerInnen keine Lust haben, online zu diskutieren. Das zeigt die Zahl der Kommentare zu Karins Beitrag. Das wird aber auch deutlich, wenn wir uns anschauen, wie es mittlerweile gelingt, Themen über mehrere Blogs hinweg zu diskutieren, denn auch Michael hat dieses Thema auf seinem Blog Moving Culture aufgegriffen.
Und wenn Sie jetzt Ihr eigenes Forum aufsetzen oder eine eigene Community gründen wollen, dann helfen Ihnen dabei vielleicht die “elf Tipps für eine erfolgreiche Community”, die ich in einem Beitrag der Internet World gefunden habe. Zu verdanken habe ich diese Entdeckung Jochen Krisch und seinem Blog Exciting Commerce. Er legt seinen LeserInnen übrigens das Interview mit Thomas Kaspar auf der zweiten Seite des PDF ans Herz.
Was mich interessieren würde: warum beteiligen Sie sich an einem Forum, einer Community oder einem Netzwerk?
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