Gestern hatte ich das Vergnügen, an einem Publikumsgespräch mit Klaus Bachler, dem Direktor des Burgtheaters teilnehmen zu dürfen. Eine Antwort hat meine besondere Aufmerksamkeit erregt und mich dazu gebracht, diesen Beitrag zu schreiben.
Eine Dame fragte, inwieweit das Publikum Einfluss auf die Programmgestaltung nehmen würde. Eigentlich gar nicht, lautete Bachlers Antwort. Sein Standpunkt sei, dass das Publikum zu sehen bekomme, was es sehen solle und nicht, was es sehen wolle.
Für mich klang diese Antwort sehr pädagogisch, nach erhobenem Zeigefinger. Ich als Theater sage Dir, liebes (oder sollte ich besser sagen, Du dummes) Publikum, was gut für Dich ist. Sei froh, dass ich mich nicht nach Deinem Geschmack richte, denn der entspricht nicht meinem Niveau.
Ich sehe das etwas anders und würde mir wünschen, dass die Unterscheidung zwischen dem, was ich als ZuschauerIn sehen will und sehen soll, aufgehoben wird. Diese Haltung führt dazu, dass – in diesem Fall – Theater und Publikum nicht auf Augenhöhe kommunizieren. Muss das so sein? Ich denke nicht.
Ich würde mir wünschen, dass das, was ich im Theater sehen soll, auch das ist, was ich sehen will. Das Theater hätte sich in diesem Fall mit mir auseinanderzusetzen, müsste mich fordern. Ich betrachte das Theater als einen Ort, an dem ich Anregungen, Denkanstöße erhalte. Funktionieren wird das aber nur, wenn ich dem Theater vertraue, wenn es mir seine Kompetenz beweist.
Der Direktor, der dann den Spielplan entwirft, ist eine Art Kurator, der mich dazu einlädt, das Theater auf seinem Weg zu begleiten und mich auffordert, an den Diskussionen teilzunehmen. Um das zu schaffen, muss sich das Theater mit mir beschäftigen, übrigens nicht nur als Besucher, sondern auch als Teil der Gesellschaft, um die es im Theater ja auch geht. Gelingt dies, ist das, was Klaus Bachler als “sollen” bezeichnet hat ident mit meinem “wollen”.
Leider wird diese Unterscheidung sehr häufig thematisiert, meist dann, wenn es darum geht, die künstlerische Freiheit zu verteidigen. Nur warum die Konfrontation? Wäre ein Miteinander nicht viel wirkungsvoller, wobei ich darunter nicht Anbiederung oder Kumpanei verstehe, sondern die Kommunikation und die Auseinandersetzung auf Augenhöhe. Denn es ist einfach nicht wahr, dass ich mir in meinem tiefsten Inneren “seichte Unterhaltung” wünsche und das Theater mich mit “anspruchsvollen Stücken” vor mir selbst schützt.
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