Vor etwa zwei Wochen habe ich in einer Galerie eine wunderschöne Ausstellung mit den Bildern von Johanes Zechner gesehen. Bevor ich in den Genuss der Bilder gekommen bin, musste ich allerdings erst einmal klingeln. Ein Summton, die Türe öffnete sich und da stand ich also in den Ausstellungsräumen.
Ich muss gestehen, die Räumlichkeiten und die Ausstellung so ganz für sich alleine zu haben, ist eine durchaus interessante Erfahrung gewesen, die ich rückblickend nicht missen möchte. Ganz im Gegenteil: ich fühlte mich ungestört und konnte die Bilder ganz anders “in Besitz nehmen”.
Die Ausstellung als geschlossener Raum, daran musste ich denken, als ich dann auf “Trends in the Living Networks“, dem Blog von Ross Dawson einen Beitrag gelesen habe, in dem er sich Gedanken über die Zukunft der Museen macht. Für Dawson ist das Museum sicher kein geschlossener Raum. Ihm geht es vielmehr um die Öffnung dieser Einrichtungen, deren Aufgabe es in seinen Augen ist, die Artefakte der Vergangenheit, die für uns einen kulturellen Wert haben, zu sammeln und zugänglich zu machen.
In seinem Beitrag skizziert Dawson die Zukunft der Museen und einige der Herausforderungen, vor denen sie stehen und stehen werden.
Unterhaltung, Bildung und Erfahrung
Die BesucherInnen in die Welt von Kunst- und Kultur “einzuweihen”, ist ein Anspruch, den wohl die meisten Museen haben. Man könnte auch von einer Art Bildungsauftrag sprechen. Vom Unterhaltungsauftrag ist da weit seltener die Rede. Tatsache ist, dass Bildungs- und Unterhaltungsauftrag oft als einander ausschließend gesehen werden. Dawson ist sich darüber im Klaren, dass die Ansätze und Intentionen natürlich höchst unterschiedlich aussehen, aber er ist davon überzeugt, dass es nicht um ein entweder oder, sondern um ein sowohl als auch geht. Für ihn haben Museen darüber hinaus noch einen anderen Auftrag, nämlich den BesucherInnen die Möglichkeit zu bieten, Erfahrungen zu sammeln:
“People will seek engaging and powerful experiences, and if museums can provide them, their can fulfil their roles.”
Erfahrungswissen stellt für Dawson eine wichtige Ergänzung im Hinblick auf das Lernen ingesamt dar. Museen haben also die Möglichkeit, ein wichtiges Element im Bildungsmix für Kinder, Jugendliche und Erwachsene zu sein.
Damit ein Museum Teil der Lernwelten sein kann, muss es aber auch verstehen, dass Lernen heute ganz anders funktioniert als früher. Ein großer Unterschied ist dabei die Geschwindigkeit. Wir müssen schneller lernen, weil das Gelernte ja zum Beispiel auch viel schneller veraltet. Sich in der Schule das Basiswissen zu holen und damit bis ans Lebensende auszukommen, das funktioniert heute nicht mehr. Dieser Herausforderung müssen sich auch Museen stellen, denn, so Dawson, Ausstellungen seien ein eher “langsames Medium”.
Diese “Langsamkeit” ist aber auch hilfreich und sinnvoll, erlaubt sie einem doch, innezuhalten und sich für zumindest kurze Zeit auszuklinken. Die Anbindung an unser reales Leben muss, so Dawson, durch andere Angebote ermöglicht werden:
“A museum is in almost all cases a physical space with physical exhibits. Yet access can also be provided online, including in three dimensional worlds. It is not a question of choosing between them, or even doing both. Rather the issue is how to integrate both physical and virtual so they complement each other.”
Das ist sicher eine der größten Herausforderungen, vor der nicht nur Museen stehen. Wie lassen sich die reale und die virtuelle Welt so miteinander verbinden, dass sie sich gegenseitig ergänzen und so in der Kombination einen Mehrwert für ihr Publikum bieten? Ausstellungsgegenstände eins zu eins im Internet abzubilden oder die Ausstellungsräume in Second Life (Sie erinnern sich noch daran?) nachzubauen, wird da nicht reichen. Wie das wirklich funktioniert, weiß noch keiner, wir befinden uns noch in der Experimentierphase. Eines meiner Lieblingsprojekte in dieser Hinsicht ist das Steve.Museum, das ich ja schon mehrfach erwähnt habe.
Moving from gatekeepers to enabling access and building communities
Mit solchen Tools zu arbeiten, bedeutet aber auch, dass Museen mehr und mehr zu Medieneinrichtungen werden. Sie liefern Content und bereiten ihn für ihre BesucherInnen auf. Welche Inhalte das sind, das liegt in der Hand des Museums, der KuratorInnen, schließlich gilt es aus der unendlichen Masse an Informationen und Inhalten die “richtigen” auszuwählen. Das hat viel mit Vertrauen zu tun, denn sonst akzeptiert das Publikum meine Auswahl unter Umständen nicht.
Aber diese Gatekeeper-Funktion ist heute nicht mehr genug, ist Dawson überzeugt:
“Not so long ago museums were essentially gatekeepers, choosing from all of the wonderful things they have access to, which will be on display. Now that access can be provided digitally, the issue becomes more one of making these valuable resources more accessible and visible, and building communities to share perspectives.”
Womit wir bei einem weiteren wichtigen Punkt sind. Das Museum ist nicht mehr der Trichter durch den die Inhalte durchlaufen, sondern es bereitet die Inhalte so auf, dass die BesucherInnen befähigt werden, sie für sich selbst zu nutzen, womit wir wieder bei den Lernwelten und den Erfahrungen wären.
Dawson spricht aber noch einen weiteren wichtigen Punkt an und er greift damit einen Aspekt auf, den Adam Thurman bereits thematisiert hat:
“We keep talking about finding ways for people to connect with our particular art form. But people don’t want to connect to art . . . they want to connect to other people.” (mehr dazu in meinem Beitrag “People don’t want to connect to art“)
Für Dawson lautet die Devise daher: “From interacting with exhibits to interacting with people”. Und das ist sicherlich eine der größten Herausforderungen, vor denen die Museen stehen. Aber das gilt nicht nur für die Museen sondern ganz generell für Kunst- und Kultureinrichtungen.
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