Ich habe an dieser Stelle ja schon des öfteren festgestellt, dass der Kunst- und Kulturbereich den ganzen Web2.0-Kram noch nicht wirklich nutzt. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Karin Janner in ihrem Beitrag “Social Network als Freundeskreis eines Kulturangebotes?” auch. Ob Förderverein oder Freundeskreis, sie alle hätten das Web2.0 noch nicht entdeckt, schreibt sie.
Und Jennifer Hoffmann bringt auf ihrem Blog gleich ein sehr schönes Beispiel, wie man so ein Social Network für ein Volunteer Programm nutzen könnte. Aber auch sie stellt fest, dass Communities im Kultursektor noch eine rare Spezies sind. Wenn man sich die diversen Foren und Gruppen anschaut, wenn man nachforscht, wer aus dem Bereich Kulturmanagement das Internet oder vielleicht sogar das Web2.0 für seine Zwecke nutzt, dann wird man feststellen können, dass KulturmanagerInnen in dieser Hinsicht eher zurückhaltend sind.
Was bedeutet das nun? Sind KulturmanagerInnen besonders technologiefeindlich oder konservativ? Gibt es Gründe, warum sie sich dem “Fortschritt” verweigern oder sind sie einfach nur starrköpfig und lassen sich nicht sagen, was gut für sie ist? Ich glaube, keiner dieser Punkte trifft zu. Vielleicht kann man das ganze sogar umdrehen und behaupten, dass es diejenigen, die sich im Bereich der Social Media bewegen, noch nicht geschafft haben, die richtigen Angebote für den Kunst- und Kulturbereich zu entwickeln. Das ist jetzt natürlich etwas übertrieben, denn es ist ja nicht so, dass wir alle einen großen Bogen um das WWW machen.
Gehen wir noch mal einen Schritt zurück. Das Web2.0 ist ja deshalb so toll, heißt es, weil hier die UserInnen die Möglichkeit haben, sich aktiv einzubringen. Im Hinblick auf neue Produkte und Dienstleistungen bedeutet das, dass Unternehmen die Möglichkeit haben, diese im direkten Dialog mit ihren (potenziellen) KundInnen zu entwickeln. Vereinfacht gesagt: du sagst mir, was Du brauchst und ich biete Dir das dann an. Und wenn Du bei der Entwicklung bzw. der Produktion noch mitmachst, dann sprechen wir schon von Crowdsourcing.
Jetzt spiele ich also auf der Klaviatur des Web2.0, mache mich mit Blogs, Wikis, Social Networks und Twitter vertraut und stelle fest, dass sich da ganz nette Sachen mit machen lassen. Super, nur die bösen Anderen wollen nicht erkennen, wie toll das Web2.0 ist. Stimmt, aber ist es nicht meine Aufgabe, den Kunst- und Kulturbereich davon zu überzeugen, welchen Nutzen RSS, ein Blog oder die Teilnahme an einer Community bringen?
Bleiben wir bei den Communities: ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es in den letzten Jahren üblich war, zu jedem Projekt die dazugehörige Internetplattform anzubieten. Ich kann mich erinnern, in einem – zugegeben europäischen – Projekt sogar zwei gehabt zu haben. Wozu ist eine solche Plattform da? Klar, für das Networking oder Communitybuilding. Damit wissen wir, wozu die Plattform oder das Forum da ist. Was wir aber noch nicht beantwortet haben ist die Frage, warum es das Netzwerk oder die Community gibt?
Nun kann ich natürlich als Gründer einer solchen Community hergehen und sagen: ok, in meinem Netzwerk soll es um das Networking und den Austausch von Informationen gehen. Das sagen eigentlich alle, nur was sagen die potenziellen NutzerInnen dieser Community? Was haben die davon? Brauchen die diese neue Plattform, um sich zu vernetzen und gegenseitig mit Informationen zu versorgen?
Wenn es dort nicht etwas gibt, was es woanders nicht gibt, dann ist eine solche Plattform überflüssig. Networking ist etwas, was es schon seit ewigen Zeiten gibt. Genau aus diesem Grund sind ja eigentlich die von Karin angesprochenen Freundeskreise und Fördervereine entstanden. Und die haben bis jetzt Mittel und Wege gefunden, um sich “zu vernetzen” und auszutauschen. Nur haben sie dafür das Internet nicht gebraucht. Wenn ich die Mitglieder eines solchen Vereins davon überzeugen will, dass das Web2.0 gut für sie ist, dann muss ich mir jedes einzelne Mitglied schnappen und ihm zeigen, welche Tätigkeit ihm durch den Einsatz eines bestimmten Tools leichter von der Hand geht. Zum Beispiel Termine koordinieren mit Doodle. Ich habe noch nie jemanden getroffen, der nicht begeistert von diesem kleinen Werkzeug war. Das ist schon Online-Zusammenarbeit.
Und auch die Netzwerke gibt es schon. Ich habe über dieses Blog viele KulturmanagerInnen kennen gelernt und wenn ich eine Frage habe, dann weiß ich, wen ich fragen kann. Um sie zu fragen, kann ich das Internet weiter nutzen, ich kann eine Email schicken, mit ihnen chatten oder sie mit Hilfe von Skype anrufen. Ich kann aber auch, und das ist sehr häufig der Fall, das Internet verlassen und mich mit diesen Menschen, von denen ich etwas wissen möchte, treffen. Im Cafehaus, auf der monatlichen Sitzung, wo auch immer.
Denn wir dürfen nicht vergessen, dass das Networking sich nicht auf das Internet beschränkt. Plattformen und Foren sind nur eine Möglichkeit, sich zu vernetzen. Und niemand ist verpflichtet, dafür nur das Internet zu nutzen. Dass die Bereitschaft, das Internet zu nutzen, sehr groß ist, zeigt mir das Forum von Kulturmanagement Network. Dort sind mittlerweile mehr als 22.000 UserInnen registriert. 22.000 UserInnen, die sich für Kulturmanagement interessieren und bereit waren, sich dort anzumelden. Man muss sich mal vorstellen, was das für ein Potenzial ist.
Von daher gibt es eigentlich keinen Grund, sich darüber zu beklagen, dass Communities im Kunst- und Kulturbereich nicht funktionieren. Ich denke, Offenheit und Interesse sind da, nun geht es darum, die entsprechenden Angebote zu entwickeln. Es liegt also an den Anbietern, nicht an den UserInnen, wenn in diesem Bereich (noch) tote Hose herrscht.
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