© Andreas Stix; Pixelio
In der letzten Zeit ist mir der Begriff “Strategie” sehr häufig begegnet. Da war von Strategiesitzungen die Rede, von strategischem Denken, strategischen Konzepten oder von strategischer Planung. Wenn man dann aber einen Blick dahinter wirft, dann fällt einem auf, dass der Zusatz “strategisch” sehr gerne dazu verwendet wird, um den dahinter stehenden Begriff aufzuwerten.
In der Realität heißt das dann: in der Sitzung wird eine to-do-Liste erstellt, strategisches Denken heißt, man macht sich Gedanken über die Zukunft, und verzichtet man beim strategischen Konzept auf den Zusatz strategisch, bleibt das Papier trotzdem das gleiche.
Das ist doch alles irgendwie ziemlich unbefriedigend, finden Sie nicht? Um hier etwas mehr Klarheit hinein zu bekommen, habe ich das gemacht, was viele andere auch machen: ich habe auf Wikipedia nachgeschaut. Strategie wird dort beschrieben als
ein längerfristig ausgerichtetes planvolles Anstreben einer vorteilhaften Lage oder eines Ziels”.
Im Projektmanagement geht es, wenn wir von Strategie sprechen, um die Frage, ob das Projekt das richtige zur Erreichung unseres Ziels ist (Effektivität)? Im Unterschied zur operativen Ebene, wo wir uns die Frage stellen müssen, ob wir unser Projekt richtig durchführen (Effizienz)?
Die Frage, was wir unter einer Strategie verstehen und wie eine solche aussieht, ist damit aber immer noch nicht wirklich beantwortet. Etymologisch kommt der Begriff aus dem Griechischen und verweist in den militärischen Bereich: stratos=Heer; agein= führen.
Militärisch zeichnet sich der Begriff, egal ob zu Zeiten der Griechen oder später durch ein Mittel-Zweck-Denken aus. Klar ist aber auch, dass die Zukunft sich nicht immer nach unseren Strategien richtet, insofern müssen Strategien flexibel sein, um auf Veränderungen reagieren zu können.
Sehr schön ist das in dem von Klaus Backhaus und Helmut Schneider verfassten Buch Strategisches Marketing formuliert:
“In seinen militärhistorischen Ursprüngen ist der Strategiebegriff somit erstens durch ein deutliches Mittel-Zweck-Denken geprägt, wobei die Strategie als übergeordneter Bezugsrahmen die Sicherstellung des Zielerreichungsbeitrags einzelner Maßnahmen bewirken soll. Als zweites konstitutives Strategiemerkmal bleibt festzuhalten, dass eine Strategie kein starres Konzept darstellt, sondern aufgrund möglicher Veränderungen in den der Strategieformulierung zugrunde liegenden Annahmen immer wieder überprüft und gegebenenfalls modifiziert werden muss.” (S.10)
Auf der betriebswirtschaftlichen Ebene knüpft Alfred D. Chandler daran an, wenn er
“the determination of the basic long-term goals and objectives of an enterprise, and the adoption of courses of action and the resources necessary for carrying out these goals,” (zitiert nach Backhaus/Schneider)
definiert. Während für Chandler die Ziele Bestandteil der Strategieformulierung sind, betrachten Backhaus/Schneider Ziele als Vorgabe einer Strategieformulierung. Daher heißt es bei ihnen:
“Eine Strategie bietet einen mittel- bis langfristigen (flexiblen) Orientierungsrahmen für zukünftiges Handeln. Insofern sind Strategien das Bindeglied zwischen Zielen und operativen Entscheidungen (Maßnahmen). Ziele sind demnach kein Bestandteil einer Strategie, sondern ihr normativer Referenzpunkt. Maßnahmen werden entwickelt, um die strategischen Grundsatz- (Richtungs-) Entscheidungen in konkrete Handlungen zu tranformieren.” (S.16)
Zu berücksichtigen sind noch die oben bereits kurz angesprochenen Umwelteinflüsse. Henry Mintzberg hat diesen Aspekt aufgegriffen und und darauf aufbauend ein etwas anderes Verständnis von Strategie entwickelt. Die für die Strategieentwicklung notwendige Konstanz der Umwektbedingungen sieht er als nicht gegeben an, daher kritisiert er Chandlers Ansatz als zu starr. Das bedeutet nun nicht, dass Strategien überflüssig sind, aber er spricht ihnen den normativen Charakter ab. Das heißt, es gibt auf der einen Seite die vorher festgelegten Strategien, die aber durch eine Vielzahl nicht geplanter Maßnahmen ergänzt werden. Folgerichtig definiert Mintzberg, so Backhaus/Schneider,
“eine Strategie im Sinne eines erkennbaren Handlungsmusters als ‘a pattern in a stream of decisions’”,
um zu dem Ergebnis zu kommen, dass die geplante Strategie von der realisierten abweichen kann. Ihre Schlussfolgerung:
“Strategien liefern kein starres Gerüst, sondern einen Rahmen, der unter bei sich ändernden Bedingungen der Umwelt u.U. angepasst werden muss. das Bewusstsein einer Abweichung zwischen geplanter und realisierter Strategie entbindet aber nicht von der Aufgabe der strategischen Planung, da die Alternative einer ausschließlichen Ad-hoc-Orientierung das Risiko weder effektiver (Ziel wird nicht erreicht) noch effizienter (Ziel wird auf unnötigen Umwegen erreicht) Entscheidungen impliziert.” (S.16)
Bleibt noch die Frage nach dem Unterschied zwischen Strategie und Taktik? Unter Strategie verstehe man alles Langfristige, während alles Kurzfristige als Taktik bezeichnet werde, wird häufig erklärt. Bleibt die Frage, was lang- und was kurzfristig ist und wo die Grenze zu ziehen ist? Diese Erklärung ist also unbefriedigend, hinzu kommt, dass der Begriff der Taktik durch den der Operation abgelöst wurde. Die Frage nach dem Unterschied ist damit aber noch nicht beantwortet.
Gelöst wurde das Problem erst durch Aloys Gälweiler, der den Begriff des Potenzials einführte. Darunter verstand der 1984 gestorbene Verfasser des Buchs Strategische Unternehmensführung die Fähigkeiten eines Unternehmens, “aus denen in der Zukunft Erfolg generiert werden kann”, heißt es bei Wikipedia.
Während es auf der strategischen Ebene (Strategie) um Suche, Aufbau und Erhalt dieser Erfolgspotenziale geht, bemühen wir uns auf der operativen Ebene (Operation) um die Realisierung dieser Potenziale. Konkret kann es sich bei diesen Erfolgspotenzialen um gute MitarbeiterInnen, um eine günstige Kostenstruktur oder auch um gute künstlerische Ideen handeln.
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