© Ernst Rose; Pixelio
Via Twitter hat João Manuel Nogueira mich auf einen Beitrag im Digital Web Magazine aufmerksam gemacht, in dem Chris Wright die Frage stellt: “Is The Web Really Helping Us Find New Music?” Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass das Web2.0 unendlich viele Möglichkeiten geschaffen hat, Musik weiter zu empfehlen. Last.fm und Pandora sind nur zwei Beispiele, die Wright nennt, wobei Pandora bei uns aus urheberrechtlichen Gründen nicht funktioniert.
Ich möchte an dieser Stelle kurz die Gegenwart verlassen und einen Sprung in die Vergangenheit machen, als es noch kein Internet gab. Wie habe ich damals neue Musik für mich entdeckt? Und zwar nicht das x-te Album einer Gruppe, die ich gut fand, sondern wirklich neue Musik. Am ergiebigsten war es, sich vor das Radio zu hocken und die entsprechenden Sendungen zu hören. Wer im Umfeld von Bayern 3 aufgewachsen ist, kann sich vielleicht noch an Georg Kostya und die Sendung “Aus meiner Rocktasche” erinnern. Außerdem gab es noch eine Zeitschrift, in der über Neuerscheinungen berichtet wurde, den Namen habe ich leider vergessen. Und dann waren da natürlich noch die Freunde, die einen mit Neuigkeiten versorgten. Immer aber waren es Personen, die einen Musikgeschmack hatten, den ich schätzte und deren Empfehlungen ich traute. Auf diese Weise habe ich damals KünstlerInnen entdeckt, auf die ich wohl alleine nie gestoßen wäre. Zu weit waren diese Empfehlungen teilweise von meinem eigenen Geschmack entfernt.
Plattformen wie Last.fm oder Pandora funktionieren anders. Ihre Empfehlungen erfolgen nicht “sprunghaft”, sondern bewegen sich auf einer Linie, die wir vorgeben. Radikale oder sprunghafte Innovation ist dabei nicht möglich. Sie kennen das vielleicht von Amazon. Da sind zwischen dem Buch, das Sie gekauft haben und dem, das Ihnen empfohlen wird, keine großen Unterschiede. Das mag in bestimmten Situationen ganz angenehm sein. Es kann aber auch schnell langweilig werden, wenn man aus einer bestimmten Ecke nicht mehr herauskommt. Vorausgesetzt man möchte herauskommen. :-)
Deshalb sind für Chris Wright die ExpertInnen weiterhin so wichtig. Das sind diejenigen, die einem eine Musik vorschlagen, auf die man selbst nie gekommen wäre. Das war für mich eben so jemand wie Georg Kostya war, der ein Fan von AFN war und dort Musik entdeckte, die ich sonst wahrscheinlich nie kennengelernt hätte.
Das heißt, Plattformen, auf denen mir automatisiert Musik vorgeschlagen wird, können manchmal ganz nett sein. Aber das wirklich Neue bekomme ich dort nicht.
“Recommendation sites and services are missing this expert opinion. They are missing reviews by journalists and writers who live and breathe this kind of thing. People who have a wider interest in the subject, a relative qualification with which to speak”,
schreibt Wright völlig richtig. Was wir brauchen, sind die ExpertInnen, die uns neues Terrain eröffnen, uns überraschen. Denn, so Wright,
“I actually think many social recommendation sites and services have great value. They have an important role to play. But let’s not fool ourselves into thinking they give us the complete picture. The social community, in its many forms, is a great resource. But let’s make sure we balance it with the expert.”
Diese Balance herzustellen ist gar nicht so einfach, denn die Georg Kostyas sind seltener geworden. In der online- und der offline-Welt. Kennen Sie noch so jemanden?
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