Im aktuellen Newsletter der Kulturpolitischen Gesellschaft habe ich den Hinweis auf ein Interview mit Bernd Wagner entdeckt, der sich als Leiter des Instituts für Kulturpolitik der Kulturpolitischen Gesellschaft mit dem deutschen Theater und den vielen Mythen, die es umgeben, beschäftigt.
So bringen wir ja das deutsche Theater immer wieder gerne mit der Aufklärung in Verbindung und heben die Bedeutung des deutschen Nationaltheaters für die “Nationenwerdung” hervor. Wagner weist im Gespräch darauf hin, dass das deutsche Nationaltheater durchaus in diesem Zusammenhang gesehen werden kann. Aber es gab auch noch andere “handfeste” Gründe für diese Entwicklung. So waren viele Theater nicht mehr in der Lage, die teuren Gastspiele aus Italien und Frankreich zu finanzieren. Da kam es ganz gelegen, sich mehr auf heimische Kunst zu konzentrieren.
Ein Irrglaube ist es auch, dass damals nur die “deutschen Klassiker” gespielt wurden:
“Wenn man die Spielpläne der Hoftheater und der frühen sogenannten Stadttheater durchgeht, wird man feststellen, dass sie nahezu überall von Unterhaltungsstücken bestimmt waren”,
merkt Wagner dazu an. Besonders gut gefällt mir aber sein Hinweis, dass die Rückbesinnung auf deutsche Geschichte und Tradition im Rahmen der Integrationsdebatte eine Homogenität vorspiegele, die es so gar nicht gebe:
“Alle nationalen Kulturen setzen sich aus sehr unterschiedlichen Kulturen zusammen, die sich austauschen, durchdringen und gemeinsam die Kultur eines Land prägen. Das Bewusstsein dieser ‘interkulturellen Dimension’ im eigentlichen Wortsinn und nicht nur bezogen auf die Menschen „mit Einwanderungsgeschichte“ oder mit „Migrationshintergrund“ setzt sich in der Kulturpolitik allmählich durch. Kurz: ‘nationale’ Kultur kommt nur im Plural vor. “
Sehr treffend fomuliert und als Voraussetzung für Innovation unerlässlich.
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