Social Web für kleine Kulturbetriebe: was kostet es, wenn Sie nicht dabei sind?

Über das Potenzial des Social Web habe ich schon häufig geschrieben. Was kann man dort nicht alles machen? Sie können einen eigenen Kanal auf YouTube einrichten, oder einen Fotostream auf Flickr, Sie können sich ein Profil auf Facebook zulegen, ein Blog einrichten und einen Twitteraccount aufmachen. Klar, um alle diese Kanäle bespielen zu können und mit all den UserInnen da draußen zu kommunizieren, braucht man Geld. Geld, um jemanden bezahlen zu können, der der Kultureinrichtung ein Gesicht und eine  Stimme gibt.

“Aber das können sich nur die Großen leisten”, bekomme ich dann häufig zu hören. “Die Kleinen haben dafür keine Zeit, keine Ressourcen.” Ist das Social Web also nur etwas für große Kultureinrichtungen? Um diese Frage geht es auch bei Beth Kanter. In ihrem Beitrag “Can Small Nonprofits Reap Success With Social Media?” zitiert sie aus einer Email, die zeigt, wie auch kleine Organisationen das Social Web nutzen können. In diesem Fall ist es Twitter.

All den (kleinen) Einrichtungen, die glauben, sich Social Media nicht leisten zu können, rät sie, es auf einen Versuch ankommen zu lassen. Es ist sicher richtig, dass Erfolge im Social Web etwas kosten. Aber auf der anderen Seite sollten Sie sich die Frage stellen, was es Sie kostet, wenn Sie das Social Web nicht nutzen?

Während Beth Kanter davon überzeugt ist, dass Social Media auch für kleinere Organisationen sinnvoll ist, sieht das Julio Vasconcellos etwas anders. In seinem Blogpost “Why Small Nonprofits Should Tread Lightly with Social Media” rät er zur Vorsicht, vor allem wenn sie finanzielle Ziele damit verfolgen. Seine Kernaussage:

“Given the scarcity of time, small nonprofits should primarily look at activities that provide them with the greatest leverage — those where a small time investment can generate a disproportionate level of returns.”

Zwei Anmerkungen dazu:

  1. Julio Vasconcello ist zuzustimmen, wenn er schreibt, dass es um die Relation von Nutzen und Aufwand geht. Ein zusätzlicher Aufwand ist häufig notwendig, weil es bis jetzt kaum oder gar keine Aktivitäten gegeben hat.
  2. Wer Social Media hauptsächlich als Möglichkeit betrachtet Geld zu lukrieren, der sollte sich vorweg überlegen, auf welchen Weg das passieren soll? Ein Twitteraccount und ein Spendenbutton sind nicht ausreichend.

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11 Antworten zu „Social Web für kleine Kulturbetriebe: was kostet es, wenn Sie nicht dabei sind?“

  1. Über die Kulturclub.de Applikation auf facebook werden schon für recht viele Veranstalter die Termine ausgegeben. Dort können die fb User dann auch Veranstalter empfehlen etc.
    Link: http://apps.facebook.com/kulturclub/

  2. Du brauchst schon einen positiv ver-rückten mit Freude und Spaß am Netz. Wenn Social Web für denjenigen oder diejenigen eine reine Pflichtaufgabe ist kann sich auch kein Spirit entwickeln. Eins sollte jedoch auch klar sein. Im Netz gibt es bereits hunderte von abgewrackten Projekten. Es bedarf eines langen Atems. einen 10.000 Meter Lauf gewinnt man nicht mit überhasteten und überdrehten 100 Meter Speed. Da bleibt einem die Luft und Lust weg. Auf den Medientagen in München bei der Elefantenrunde mit Markwort und Burda und all den honorigen Herrn konnte der aufmerksame Beobachter eins feststellen: Ein Patentrezept fürs Geldverdienen im Netz hat keiner.

    Diese Aussage ist natürlich wenig spektaktulär und auch nicht neu. Die Podiumsdiskussion zeigte, dass selbst den großen Flaggschiffen eine gewisse Ratlosigkeit ins Gesicht geschrieben steht.

    Kleinere Kultureinrichtungen können natürlich mit viel Leidenschaft, Kreativität und Lust am Netz eine ganze Reihe bewegen. Ausdauer und Beharrlichkeit sind in jedem Fall mitzubringen. Du bist da ja ein gutes Beispiel.

    1. Das ist richtig. Beharrlichkeit, auch wenn sie auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau stattfindet,ist jedem kurzfristigen (finanziellen etc.) Kraftakt überlegen. Das finde ich ja auch gut daran :-)

  3. Was mir dazu einfällt, ein wenig ungeordnet und stichwortartig:
    Den Sager “Das können sich nur die Großen leisten” kenn ich auch, halte ich aber in allen mir bekannten Fällen für eine fadenscheinige Ausrede, die in Wirklichkeit einen ganz anderen Hintergrund hat. Denn erstmal kenn’ ich in unseren Breitengraden ziemlich wenige Große ;-), auf die sich jene, die diese Ausrede verwenden, beziehen könnten (oder?) und meine Erfahrung zeigt mir, dass die Ausrede herhalten muss für schlichtweg Defizite, die vorhanden sind. Also Defizite im gesamten Web 2.0-Bereich, viele dieser sog. Kleinen und auch Großen (!) können sich definitiv noch immer nicht einmal mit dem Begriff Web 2.0 etwas anfangen (!), geschweige denn, dass sie Twitter, Facebook und Co. etwas Positives abgewinnen können. Und wenn sie es können, tun sie meist mehr als ob, um auf einen Zug noch schnell aufzuspringen, bevor er abgefahren ist, nicht aber, weil sie die Medien wirklich begriffen oder gar ein echtes Konzept hätten. Das läuft so (ich könnt Beispiele zitieren), dass ein Verantwortlicher fragt: “Sag, weißt du, was Twitter eigentlich ist, weil wir haben das jetzt auch vor …” Und dann wird halt eine Agentur beauftragt (wenn es überhaupt so weit kommt) oder irgendein unterbeschäftigter Mitarbeiter … und die bescheidenen Ergebnisse sehen wir ja zur Genüge …
    Und wovon ich fest überzeugt bin: Die Ressourcenfrage ist mehr eine Frage des Wollens, des betrieblichen internen Zusammenhalts, des Konzepts und der Einteilung und natürlich des Know Hows der MitarbeiterInnen, – mehr als eine Frage des Geldes oder der konkreten Zeit!

    “Was kostet es, wenn Sie nicht dabei sind” – wenn nur negative Tatsachen nicht so schwer beweisbar wären ;-) Fakt ist doch, dass die meisten Großen das locker schaffen, was viele Kleine nicht einmal mit viel Mühe und Engagement zusammenbringen (sehen wir die Ergebnisse mal ganz konventionell, also BesucherInnenanzahl, Pressemeldungen usw.). Daher der Vergleich der “Kleinen” mit den Großen ohnehin a priori hinkt und für Zweitere ein ganz anderes Modell und Konzept – ja und wohl auch eine differenzierte Wahl des richtigen Mediums innerhalb des Web 2.0 notwendig macht (Veranstaltungsvielfalt, Abteilungen im Kulturbetrieb, wissenschaftliche Positionen etc.).

    Wünsche erträglichen, wenn nicht guten Wochenbeginn ;-)
    Johannes

  4. @sportinsider: ich finde es bemerkenswert, dass das fehlende Patentrezept immer so lähmend wirkt. Würde es eines geben, hieße das, wir alle nutzen das Social Web auf die gleiche Weise. In meinen Augen würde das dessen schnelles Ende bedeuten, weil es langweilig wäre.

    Ein fehlendes Patentrezept heißt doch, ich kann kreativ sein und neue Dinge ausprobieren. Eigentlich ist das viel interessanter…

    @Klaus Karlbauer: yep :-)

    @Johannes: Deine Feststellung, dass es bei der Ressourcenfrage nicht so sehr um Geld und Zeit geht, finde ich enorm wichtig. Wenn der notwendige Wille da war, haben manche Kulturbetriebe schon Zeit und Geld in viel fragwüdigere Dinge investiert.

    Und was den Gegensatz groß – klein angeht: ich denke, das Web 2.0 bietet gerade den kleinen Betrieben große Chancen, weil es nicht so sehr auf das Geld, sondern vielmehr auf Kreativität und Kommunikationsvermögen ankommt.

  5. Social Media bedeutet auch “ins Gespräch kommen”. Ich gehe davon aus, dass kleine Kulturbetriebe ihre Stammgäste/Besucher ganz gut kennen. Aber mit Social Media kann man sehr einfach neue Menschen ansprechen und für das eigene Projekt begeistern. Und machen wir uns Nichts vor – die meisten Angebote sind ohnehin kostenlos. Die zeitliche Hürde muss schon jeder selbst nehmen.

    Und es kann ja auch Spaß machen neue Kunden über kreative Kommunikationswege zu erreichen – so wie das AuGusTheater das bei uns gemacht hat http://theater-neu-ulm.de/zooncards.html

  6. @Johannes: danke für das Beispiel AuGusTheater. Der Zeitfaktor ist in der Tat nicht zu unterschätzen. Aber wie Du richtig schreibst: es kann ja auch Spaß machen. ;-)

  7. Das seh ich genauso, nur leider stell ich immer wieder fest, dass Spaß in unserer Leistungsgesellschaft nicht erwünscht zu sein scheint bzw. sogar meist negativ bewertet wird. Anstatt dass ein Umdenken stattfindet und nicht jedeR MitarbeiterIn gleich suspekt ist, die/der etwas leidenschaftlich gerne und daher auch gut macht. Da wird dann immer gleich kurzsichtig schwarz-weiß gezeichnet: hier Leistungs- und hier Spaßgesellschaft, leider
    schönen Abend noch Johannes

  8. @Johannes: ja, das erlebt man leider häufig. Aber auf der anderen Seite: es liegt an einem selbst das zu ändern. Wobei sich das wahrscheinlich auch leichter sagt als es dann in der Praxis ist. Aber ich würde behaupten, im Bereich Social Media kenne ich viele Leute, bei denen ich den Eindruck habe, dass es ihnen Spaß macht. Aber vielleicht täusche ich mich auch…

  9. “es liegt an einem selbst das zu ändern”
    Na ja, nicht ganz, sagen wir, du, ganz konkret, bist ein motivierter Mitarbeiter, der eben z.B. firm ist im Bereich Social Media und willst diese Kenntnisse im Betrieb engagiert einbringen … dann bist du leider sehr vielen Chefs gleich mal suspekt … ja ändern kannst du es schon, wenn du dir anderen Arbeitsplatz suchst, aber …
    Ich muss nicht anzumerken, dass ich die Beispiele nicht erfunden habe, kenne zu viele branchennahe Betriebe (also ich sag mal Kulturbetriebe), in denen es genau so läuft.
    Schade, es müsste viel mehr erkannt werden, dass MitarbeiterInnen, die Spaß an der Sache haben, auch viel motivierter und daher produktiver und effizienter sind.

  10. @Johannes: an solche Situationen habe ich gedacht, als ich meinte, dass sich das leicht sagt. :-) Stimmt alles, aber…

    Auf der anderen Seite gibt es so viele Studien, die belegen, dass die Motivation aus vielerlei Gründen auf der Strecke bleibt. Da stellt sich mir die Frage, ob wir uns das erstens als Gesellschaft leisten können und wollen?

    Und zweitens muss ich die Frage für mich persönlich beantworten. Im Endeffekt geht es um das Abwägen verschiedener Werte…

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